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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
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werden, genau unter dem Altar.“
    Er bückte sich und hob eine Schachtel Streichhölzer auf, um eine Kerze anzuzünden.
    „Die Kreuzritter bauten ihre Kirchen auf den Kraftorten, die bereits seit Jahrtausenden genutzt wurden. Sie wussten um die Macht dieser Plätze, verleibten sie sich ein und versuchten so, sie auszulöschen.“
    Langsam stieg er in die Tiefe. Laima folgte ihm. Der Gang war eng und niedrig.
    „Früher waren die Menschen von kleinerem Wuchs“, sagte er, während sie gebückt, Stufe um Stufe, hinunterstiegen. „In den letzten siebenhundert Jahren haben die Menschen einen halben Meter an Körpergröße zugelegt. Ist das nicht erstaunlich? So können wir die Entstehung dieser Stätte auf das Mittelalter datieren.“
    Sie kamen jetzt in einen niedrigen Raum, der vollständig aus gestampfter Erde bestand. Kein einziger Ziegelstein stützte die Wände.
    „Was wollten sie mir zeigen?“, fragte Laima.
    „Dort!“ Er hob die flackernde Kerze und zeigte auf ein Loch im Boden. „Sie ist weg“, rief er entsetzt. „Jemand hat sie gestohlen.“
    „Was gestohlen?“
    „Die Mulde. Sehen sie! Eine Steinscheibe, dort drin. Sie können sich ihre Bedeutung gar nicht vorstellen. Hier wurde sie aus der Erde gehebelt.“ Er deutete auf den abgebrochenen Rand des etwa fünfzig Zentimeter breiten Abdrucks.
    „Wer sollte sie denn stehlen?“
    „Dieselben, vor denen diese Scheibe vor siebenhundert Jahren hier versteckt wurde. Diejenigen, die ihre Macht auf etwas errichteten, von dem sie nicht mal ahnten, was es bedeutet. Dieser Fund ist einmalig. Er stellt eine Verbindung zwischen allen Kulturen, allen Religionen her. Er gibt uns die Möglichkeit, das Rätsel unserer ganzen Existenz zu lösen.“
    Er kniete sich neben das Loch.
    „Das Erstaunlichste ist die Mulde. Es bestätigt, was ich schon ahnte. Hätte nicht jemand mit Kraft die Scheibe aus dem Boden gehebelt, was ich mich nicht getraut habe, hätte ich es wohl nie entdeckt. Sehen sie sich den Abdruck an. Wie ein Schild mit einem Schildbuckel in der Mitte. Kommen sie. Kommen sie schnell! Nach oben.“
    Rasch kletterten sie aus der Kammer. Dann liefen sie durch das Gewirr der Exponate. Seine Schwäche war verflogen. Sie hatte Mühe, ihm durch die Gänge, zurück zum Ausgang des Kellers, zu folgen.
     
    „Wo habe ich es nur?“ Er wühlte in seinem Schreibtisch. „Ich kann es nicht finden. Ich lege den Apparat immer hier hinein. Ah, da ist er ja.“
    Sein Gesicht erstarrte.
    „Was ist los?“, fragte Laima.
    „Die Karte ist nicht in der Kamera.“
    „Haben sie die Karte rausgenommen? In ein Lesegerät gesteckt?“
    Er suchte alles ab.
    „Nein, offensichtlich will jemand diesen Fund ganz für sich. Aber das wird nicht funktionieren.“
    „Wie meinen sie das, Professor? Was war so Wichtiges an dieser Scheibe?“
    „Sie kennen unseren Nationalgürtel, der zur Tracht getragen wird.“
    Er ging zu einem Regal und holte eine Nachbildung des dreizehn Meter langen, rotweiß gewebten Gürtels und rollte ihn ab.
    „Lielvardes Gürtel“, sagte er. „Lielvarde ist in der Mythologie unseres Landes die Stadt der Weisen. All ihr Wissen haben sie in diesem Gürtel festgehalten. Unsere Dainas wurden, neben der mündlichen Überlieferung, in einer Art Morsecode in Schnüre geknotet. Dieser Code war eine der ersten Schriften. Aus diesen Knotenschnüren wurde schließlich der Gürtel. Er erzählt die Geschichte der Welt von Anbeginn. Genau wie unsere Dainas. Teile des Gürtels fanden sich auch auf dem Stein wieder. Dazu neue Teile, die uns bis jetzt gefehlt haben.“
    „Sie können die Symbole des Gürtels lesen?“
    „Im Prinzip kann es jeder. Nur haben wir es verlernt. Ich konnte es schon immer. Seit meiner Kindheit. Die Zeichen verwandeln sich in dreidimensionale Symbole. Ein Kreis, wenn er sich um seine Achse dreht, bildet eine Kugel. Ein Quadrat, wenn sie es optisch auf sich zukommen lassen, bildet einen Würfel. Das Feuerkreuz, das die Nazis für sich vereinnahmten, ist ein mächtiges Symbol. Deshalb suchten sie es sich aus. Verbindet man die Ecken mit dem erhöhten Mittelpunkt, entsteht eine Pyramide. Spiegelt man diese Pyramide, also bildet man eine weitere Pyramide in die andere Richtung, entsteht ein Oktaeder, ein achtflächiger Diamant. Die offenen Stellen im Hakenkreuz deuten eine Dynamik an, eine Rotation. Dieses Oktaeder dreht sich also.“
    „Heilige Geometrie!“, sagte Laima.
    „Sie haben davon gehört?“
    „Die fünf platonischen Körper:

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