Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)
alleine, alle oder keine!«
Enya nickte mit traurigen Augen und Lilli seufzte. Manchmal war es gar nicht so leicht, das Oberküken einer Bande zu sein.
Die Tische im Freien waren alle besetzt, also schoben sich die
Wilden Küken
nacheinander durch den bunten Perlenvorhang ins Innere der
Gelateria Cantarella
. Angenehme Kühle umfing sie und der Duft von italienischem Kaffee und Mandelgebäck stieg ihnen in die Nase. Hier drin waren noch etliche Plätze frei und Lilli und ihre Freundinnen setzten sich in ihre Lieblingsecke.
»Ah, de
Wuiden Küken
!«, grüßend winkte ihnen Gelatino zu, der gerade durch das Fenster seitlich der Theke Eis an Passanten verkaufte. »Seid’s a wieda amoi da!« Gelatino sah zwar genauso aus, wie man sich einen Italiener vorstellte, aber er war weder ein Italiener noch hieß er Gelatino. Er stammte aus Rosenheim und sein richtiger Name war Georg Hadersdorfer.
Links der Eistheke, hinter der Gelatino sich jetzt eine Waffeltüte griff, erschien Bobs Oma im Durchgang zur Küche. »Bobbina!« Sie knuddelte ihre Enkelin erst einmal ausgiebig und wandte sich dann Lilli, Very und Enya zu. Nacheinander schenkte sie jedem
Wilden Küken
ein Lächeln und erriet sofort, was sie bestellen wollten. »Eine doppelte Portion Eis mit heißen Himbeeren für Very?«
Very nickte lächelnd.
Die Nonna schaute zu Enya. »Stracciatella, Bella?«
Enya bestätigte das ebenfalls mit einem Lächeln, während ihr Bobs Nonna über die rabenschwarzen Haare strich.
Bei Lilli kam Gelatino der Nonna zuvor. Mit einer Verbeugung reichte er Lilli eine Waffeltüte, auf der sich Pistazieneis türmte. »Pistacchio, so grün wia deine Aug’n, Signorina Lilli!«
Lilli schielte ihn kurz mit ihren grünen Augen an und lachte, aber da drehte sich Gelatino auch schon wieder weg, weil gerade zwei Blondinen auf hochhackigen Schuhen und in knappen Tops hereinkamen. Galant rückte Gelatino ihnen zwei Stühle an einem kleinen Marmortischchen zurecht und tänzelte hinter die Theke. Wie ein Jongleur warf er seinen Eisportionierer in die Luft und fing ihn wieder auf.
Gelatino flirtete mit den beiden jungen Frauen, Bob half ihrer Nonna bei der Zubereitung der Eisbecher und servierte sie dann ihren Freundinnen. Bobs Großmutter verschwand wieder in der Küche und Bobs kleiner Bruder Siegi tauchte mit einer Spielzeugkiste auf.
»Bauen wir was Sönes?«, lispelte der Knirps, kletterte neben Lilli auf die Sitzbank und kippte bunte Plastikbausteine auf den Tisch.
Lilli schleckte von ihrem köstlichen Eis und beugte sich zu ihren Freundinnen. »Schon eine Idee, wie wir die
Olme
morgen in die Falle locken?«
»Wir könnten eine Fährte legen«, schlug Bob vor. »Eine Spur aus Bonbons zum Beispiel, die sie genau in die Falle führt!«
»Oder wir ziehen alle sexy Bikinis an und sonnen uns auf dem Steg.« Very kicherte. »Das lockt sie garantiert an!«
Enya zeigte Very einen Vogel.
»Sexy!«, plapperte Siegi Very nach und klickte Bausteine aufeinander. »Sexy, sexy!«
»Redest du von mir, Brüderchen?« Bobs ältere Schwester Giulia war soeben hereingekommen. Unter dem einen Arm klemmte ein Stapel Bücher aus der Bibliothek, unter dem anderen ihr Notebook. Sie lächelte Siegi kurz an und pustete sich gestresst die Haare aus der Stirn. »Oh, nein …!« Die Bücher rutschen ihr weg und verteilten sich fächerförmig auf dem Boden. Verzweifelt stampfte Giulia mit dem Fuß auf. »Mein ganzes Leben ist eine einzige Baustelle!«
»Wia des?« In dem Moment als Giulia in der Gelateria auftauchte, hatte Gelatino das Interesse an den Blondinen verloren. Mit einem charmanten Lächeln hob er die Bücher auf.
»Jetzt ist auch noch der Lesesaal der Bibliothek wegen Renovierung geschlossen!« Giulia stellte das Notebook auf einem freien Tisch ab. »Und in unserer Wohnung!?« Sie ließ sich auf den Stuhl sinken und wedelte sich mit ihrem Blusenkragen etwas Luft zu. »Seit Justin seinen Job verloren hat, herrscht dort das totale Chaos!«
Bei der Erwähnung von Giulias Freund Justin huschte ein Schatten über Gelatinos Gesicht. Alle wussten, dass Gelatino mehr oder weniger heimlich in Giulia verliebt war. Und alle wussten auch, dass Giulia mit Justin zusammen war und Gelatino keine Chance bei ihr hatte. Alle wussten das, nur in Gelatinos Schädel wollte das partout nicht hinein. Und noch weniger in sein Herz.
»Muasst die alle lesen?« Gelatino stapelte Giulias Bücher auf dem Stuhl neben ihr.
»Gruppendynamik und Konfliktmanagement«,
seufzte
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