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Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Die Wohltäter: Roman (German Edition)

Titel: Die Wohltäter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Nordberg , Nuri Kino
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selten zu Missverständnissen. »Oder Schweden mit Migrationshintergrund«, fügte sie murmelnd hinzu. Sie war unsicher, welche Bezeichnung der Sprachredakteur des Rundfunks derzeit bevorzugte. Ständig lagen neue Regeln zum Sprachgebrauch in der Hauspost.
    »Exakt.« Flintberg nickte und erhob sich.
    Zu spät realisierte Karin, dass der Auftrag nun auf ihrem Schreibtisch gelandet war.
    »Ich bin übrigens gerade auch an dem neuen Asylrechtserlass dran«, sagte sie zu Flintbergs Rücken.
    »Und das hier schaffen Sie auch noch«, antwortete Flintberg milde, während er sich halb zu ihr umdrehte. »Denken Sie an das Osterkörbchen. Wer die meisten Beiträge schafft, bekommt ein Fläschchen Wein.«
    Das Osterkörbchen hatte Karin vollkommen vergessen. Es handelte sich dabei um eine wiederkehrende Plage, genau wie der Weihnachtsteller und das Skiurlaubspäckchen. Von allen wurde erwartet, aus Loyalität Beiträge für ein Reservearchiv beizusteuern, auf das man zurückgriff, wenn die festangestellten Reporter frei hatten. In dieser Zeit wurde die Redaktion nur von einer Handvoll Aushilfen gestellt.
    Die Krux mit den Beiträgen »aus dem Körbchen« war, dass sie als Neuigkeiten präsentiert wurden, obwohl sie bereits lange im Voraus produziert worden waren. Das bedeutete, dass sie in ausreichendem Maße allgemeingültig und zeitlos sein mussten, um akzeptiert zu werden. Aus diesem Grund wurden an langen Wochenenden selten schockierende Enthüllungen präsentiert, es sei denn, es passierte zufällig etwas Dringliches. Sich zu weigern galt jedoch als unkollegial, daher würde sie gezwungen sein, den Auftrag anzunehmen. Flintberg war inzwischen bereits auf dem Flur weiterspaziert. Er ging stets im selben Takt und erhöhte sein Tempo nie, selbst im Fall von Polizistenmorden oder Regierungsumbildungen nicht. Darin lag seine große Stärke als Chef: Wenn alle außer Rand und Band gerieten, war Flintberg der einzige Gleichmütige unter ihnen. Karins Respekt für Flintberg und das Radio überstieg häufig ihren Willen zu Protest.
    Ansonsten gelang es Karin meistens, sich gegen Aufträge zu wehren, die lediglich Sendungen füllen sollten. Ihre einfache Taktik beruhte darauf, ausreichend viele geniale Ideen anzubringen. Denn es galt, nicht auf den Einfällen der Chefs sitzenzubleiben – die diese sich während ihrer langen Autofahrten von den Vororten bis zum Rundfunkhaus ausgedacht hatten –, sondern sie zu übertrumpfen. Immer einen Schritt voraus zu sein, hatte auch den Vorteil, nicht in die mörderisch ermüdende Arbeit am Regierungssitz Rosenbad einbezogen zu werden. Fünf Vollzeitreporter waren erforderlich, um permanent der kleinsten Äußerung des Staatsministers aufzulauern. Da die Opposition selten viel zu sagen hatte, teilte man ihr nur einen einzigen Reporter auf Teilzeit zu.
    Passierte etwas Wichtiges, tauchte Karin jedoch gern und ungeniert auf und meldete sich freiwillig, um mit dem Ü-Wagen davonzusausen. Sie mochte Dinge, die entweder besonders heikel und zeitaufwendig waren – oder so schnell passierten, dass ihr kaum Zeit zum Nachdenken blieb.
    Ihre Kollegin Hanna mit der schönsten Stimme des Senders hatte ihr einen Satz geschenkt, der wohl am besten die Arbeit in ihrer Nachrichtenredaktion beschrieb: »Als würde man mit einem teuren Mercedes mitten durch den Wald rasen – und dürfte nicht mit einem Baum kollidieren.« Es durfte nie etwas schiefgehen. Oder fast nie.
    Karin beschloss, den verhassten Rundruf um einen Tag aufzuschieben. Es war ohnehin an der Zeit, zum Außenministerium zu fahren, wo die Migrationsministerin eine Pressekonferenz abhielt. Sie hatte sich bereits den Ü-Wagen reserviert, gegen das halbe Versprechen eines Beitrags für die 16.45-Sendung. Zwar besaß das Radio einen eigenen Raum auf Rosenbad, von dem aus man direkt senden konnte, aber die Techniker bewegten sich nur ungern ohne den Ü-Wagen von der Stelle, der für nahezu alle Fälle Ersatzteile parat hielt. Karin stand auf und lenkte ihre Schritte zur Bereitschaft, sie brauchte neue Batterien für ihr Aufnahmegerät.
    Die druckluftbetriebene Schiebetür öffnete sich mit einem leisen, zischenden Geräusch und schloss sich ebenso leise wieder hinter ihr, als sie den elektronischen Mittelpunkt des Senders betrat. Wenn große Ereignisse stattfanden, gab es keinen ruhigeren Platz auf der Welt als die Bereitschaft – so wurde die Zentralredaktion genannt.
    An den Wänden hingen Uhren, welche die Zeit in New York, Peking, Moskau,

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