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Die Wolke

Die Wolke

Titel: Die Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Pausewang
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meine Eltern«, sagte Janna-Berta.
    Die vier Jungen verstummten.
    Sie fuhren über die Pfordter Höhe. Janna-Berta dachte an ihre Eltern. An den Vater: dunkelbärtig, hager, braungebrannt, mit kleinen Lachfältchen, die sie so gern hatte, in den Augenwinkeln. An die Mutter: drei Zentimeter größer als er, blond und braunäugig, und so lachlustig. Und immer anders, als man's von ihr erwartete.
    »Vielleicht haben sie noch rechtzeitig abhauen können«, sagte einer im Fond.
    Glühendheiß wurde Janna-Berta bewußt, daß auch Kai in Schweinfurt war, der jüngste der Familie, noch keine drei Jahre alt. Kai, den alle so lieb hatten! Und Jo!
    Etwas Ungeheuerliches schien geschehen zu sein. Und doch sah alles so friedlich aus wie immer: ein ganz gewöhnlicher warmer, windiger Frühlingstag. Die Kirschbäume waren schon fast verblüht. Nun standen rings um die Dörfer die Apfelbäume in Blüte. Die Rapsfelder leuchteten gelb. In zwei Wochen war Pfingsten.
    »Lebt«, dachte Janna-Berta, »bitte lebt!«
    Sie grub die Fingernägel in den Arm: Schmerz gegen Schmerz. Schon als kleines Mädchen hatte sie so den Bohrer des Zahnarztes ausgehalten.
    Dann waren sie in Schlitz. Lars wohnte in einem der ersten Häuser. Seine Mutter stürzte dem Wagen entgegen und machte energische Haltezeichen.
    »Lars kann euch jetzt nicht heimfahren!« rief sie.
    Janna-Berta stieg aus. Sie war wie betäubt. Hinter ihr drängten sich die drei Jungen heraus und hasteten mit einem flüchtigen »Tschüs!« davon. Janna-Berta murmelte einen Dank, aber Lars rannte schon hinter seiner Mutter her.
    Janna-Berta schaute hinauf zum Hang oberhalb der Stadt. Dort oben stand ihr Haus. Uli wartete wahrscheinlich schon auf sie. Zehn Minuten entfernt. Wenn sie lief, acht, vielleicht sieben. Sie rannte los.

2
    Da lag es, spitzgiebelig, mitten im Grünen hinter der Birkengruppe. Die Sonne spiegelte sich im Fenster von Janna-Bertas Zimmer, darüber blühten – in diesem Jahr besonders üppig – die Geranien am Balkon der Großeltern. Oma Bertas Stolz.
    Die Großeltern würden alles aus der Zeitung erfahren.
    Uli erschien auf dem unteren Balkon und winkte. »Sie haben uns heimgeschickt!« rief er. »In der Luft soll Gift sein! Ganz viel Gift! Und Almut hat angerufen, wir sollen in den Keller gehen. Ich hab schon Kartoffeln gerieben!«
    Aus der Balkontür tönte ernste Musik. Uli hatte das Radio angestellt. Janna-Berta lief den Steilhang hinauf, nahm immer mehrere Stufen auf einmal. Uli hielt ihr die Tür auf. Sie warf die Tasche weg und stürzte ins Wohnzimmer. »Die sagen dauernd was von einer Wolke«, berichtete Uli aufgeregt. »Und die Wolke, die ist giftig. Aber ich hab's nicht richtig mitgekriegt.«
    Die Musik war so laut, daß ihn Janna-Berta kaum verstehen konnte. Sie lief in die Küche und drehte das Radio leiser.
    »Ich weiß, was los ist«, sagte sie.
    »So was war schon mal im Fernsehn«, sagte Uli. »Da war was explodiert, und dann ...«
    »Hat nur Almut angerufen?« unterbrach ihn Janna-Berta.
    »Das Telefon hat noch mal geklingelt, aber da war ich im Keller, Kartoffeln holen. Wie ich wieder hochkam, war's schon weg.«
    »Das war sicher Vati«, sagte Janna-Berta. »Oder Mutti. Warum bist du nicht hochgerannt?«
    »Mit den ganzen Kartoffeln?«
    »Du bist ein Schaf!«, schrie Janna-Berta.
    »Wir wollten doch Reibekuchen machen«, sagte Uli vorwurfsvoll.
    Janna-Berta lief ans Telefon und wählte Jos Nummer mit der Schweinfurter Vorwahl. Aber sie hörte nur das Freizeichen und ihren eigenen heftigen Atem. Uli wollte mithören. Sie stießen fast mit den Köpfen zusammen. Janna-Berta legte auf und wählte Almuts Nummer. Almut war ihre Lieblings verwandte: Muttis jüngere Schwester. Lehrerin. Verheiratet mit Reinhard, der auch Lehrer war. Sie unterrichteten in Hammelburg, wohnten aber in Bad Kissingen. Unter ihrer Nummer meldete sich auch niemand. Natürlich, Almut und Reinhard waren ja um diese Zeit in der Schule.
    Janna-Berta kam ein böser Verdacht: Lagen Hammelburg und Bad Kissingen nicht auch irgendwo südlich von Fulda? Jedenfalls wußte sie genau, daß sie immer über Fulda gefahren waren, wenn sie Almut besucht hatten.
    Sie nahm den Atlas aus dem Bücherregal und blätterte hastig, bis sie die richtige Seite gefunden hatte.
    »Ich geh Kartoffeln reiben«, sagte Uli, zog die Nase hoch und verschwand wieder in der Küche.
    Janna-Berta beugte sich über den Atlas: Hammelburg und Bad Kissingen lagen nahe bei Grafenrheinfeld. Sie versuchte ihre Gedanken zu

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