Sharpes Sieg
KAPITEL 1
Es war nicht Sergeant Richard Sharpes Schuld. Er hatte nicht das Kommando. Sharpe war der jüngste von einem Dutzend Männern, einschließlich eines Majors, eines Subadars – eines eingeborenen Kompanieführers – und zwei eingeborenen Unteroffizieren, dennoch fühlte er sich verantwortlich. Er fühlte sich verantwortlich, ärgerlich, erhitzt, bitter und voller Furcht. Blut war auf seinem Gesicht verkrustet, über das unzählige Fliegen krochen. Sogar in seinen offenen Mund krochen Fliegen.
Aber er wagte sich nicht zu rühren.
Die feuchtheiße Luft stank nach Blut und verfaulten Eiern, der typische Geruch von Pulverrauch. Als Letztes konnte er sich daran erinnern, dass er seinen Tornister und die Patronentasche in die glühende Asche eines Feuers geworfen hatte, und jetzt explodierte die Munition aus der Patronentasche. Bei jeder Pulverexplosion schossen Funken und Asche in die heiße Luft. Ein paar der Männer lachten bei dem Anblick. Sie blieben stehen und schauten hin, stocherten mit ihren Musketen in den Leichen und gingen dann weiter.
Sharpe lag still. Eine Fliege kroch über seine Augen, und er zwang sich, absolut reglos zu bleiben. Auf seinem Gesicht war Blut, auch in seinem rechten Ohr hatte sich Blut gesammelt, das jetzt trocknete. Er blinzelte, befürchtete, dass die Killer die winzige Bewegung bemerken würden, doch keiner nahm Notiz davon.
Chasalgaon. Dort war er. Chasalgaon, eine armselige Festung an der Grenze von Haidarabad, und weil der Maharadscha von Haidarabad ein britischer Verbündeter war, lag die Festung mit hundert Sepoys der East India Company und fünfzig Söldnerreitern aus Maisur in Garnison. Als Sharpe dort eingetroffen war, waren die Hälfte der Sepoys und alle Reiter außerhalb auf Patrouille gewesen.
Sharpe war von Seringapatam gekommen, mit einem Sonderkommando von sechs Privates und einem Lederbeutel voller Rupien, und war von Major Crosby, dem Kommandanten von Chasalgaon, begrüßt worden.
Der Major erwies sich als plumper, rotgesichtiger, reizbarer Mann, der die Hitze verabscheute und Chasalgaon hasste. Er hatte sich auf seinen Segeltuchstuhl plumpsen lassen und Sharpes Befehle entfaltet. Er las sie, stieß einen Grunzlaut aus und las alles noch einmal.
»Warum, zur Hölle, hat man Sie geschickt?«, fragte er schließlich.
»Weil man keinen anderen hatte, Sir.«
Crosby blickte mit gerunzelter Stirn auf den Befehl. »Warum kein Offizier?«
»Es standen keine Offiziere zur Verfügung, Sir.«
»Verdammt verantwortungsvoller Job für einen Sergeant, finden Sie nicht auch?«
»Ich werde Sie nicht enttäuschen, Sir«, sagte Sharpe mit ausdrucksloser Miene und starrte ein paar Zoll über den Kopf des Majors hinweg auf das blassgelbe Segeltuch des Zelts.
»Das will ich Ihnen verdammt noch mal geraten haben«, sagte Crosby und legte die Befehle auf einen Stapel Papier auf seinem Feldtisch. »Und Sie sehen verdammt jung aus, um Sergeant zu sein.«
»Ich wurde spät geboren, Sir«, erwiderte Sharpe. Er war sechsundzwanzig oder glaubte, es zu sein, und die meisten Sergeants waren viel älter.
Crosby, der argwöhnte, veralbert zu werden, sah zu Sharpe auf, doch das Gesicht des Sergeants verriet nicht, dass er sich über ihn lustig machte. Ein gut aussehender Mann, dachte Crosby mürrisch. Vermutlich hatten sich die bibbis von Seringapatam für ihn aus ihren Saris geschält, und Crosby, dessen Frau vor zehn Jahren am Fieber gestorben war und der sich jede Donnerstagnacht mit einer Dorfhure für zwei Rupien tröstete, verspürte eine Spur von Neid.
»Und wie, zum Teufel, wollen Sie die Munition zurück nach Seringapatam bekommen?«, wollte er wissen.
»Mit Ochsenkarren, Sir.« Sharpe hatte seine Art, wenig hilfreiche Offiziere anzusprechen, perfektioniert. Er gab ihnen präzise Antworten, verzichtete auf Unnötiges und klang stets zuversichtlich.
»Womit wollen Sie das schaffen? Mit Versprechungen?«
»Mit Geld, Sir.« Sharpe klopfte auf die Provianttasche, in der der Beutel mit Rupien verstaut war.
»Mein Gott, man vertraut Ihnen Geld an?«
Sharpe entschied sich, diese Frage nicht zu beantworten, sondern nur gelassen auf die Zeltwand zu schauen.
Chasalgaon ist kein glücklicher Ort, sagte er sich. Es war eine kleine Festung, erbaut auf einer Klippe an einem Fluss, dessen Ufer von den Wassern des Monsuns hätten überflutet sein sollen, doch er war dieses Jahr ausgeblieben, und das Land war grausam trocken.
Die Festung hatte keinen Graben ringsum, nur einen
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