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Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman

Titel: Die Wolkenbraut: Das Leben der Philippine Welser. Ein historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannine Meighörner
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Küche und fürs Überleben. Denk an deinen Sohn“, brüllte ich in das Getöse, bevor ich die Besinnung verlor.
    Kurzum: Noch bin ich an einem Stück und verdanke dieses Philippine, die vor fast genau sechzehn Jahren die Augen schloss.
    Der von mir gelochte Prügelschäfer grinste dämlich, seit man mich einen Sud aus indischem Hanf für ihn bereiten ließ. Trank ohne Murren das bittere Gesöff. Was lob ich mir meinen Vorrat in den Satteltaschen. Als ich seine Wunde mit vier Stichen schloss, zuckte er kaum unter der Nadel. Mit Eschenrinde verband ich ihn, Philippines Apothekerbaum hat schon manchen Narr gerettet.
    Unter meinen Umschlägen ist auch Jost erwacht. Zobelbarett verpflichtete ihn zum Kochen. Perlen vor die Säue. Kennt das Gesindel doch nur rotzfarbenes Gerstenmus und, an guten Tagen, rotziges Mus mit Brocken.
    Zu ihrer letzten Fresserei sollte ich singen. Singt man der Sau am Trog ein Kirchenlied? Nur eine Florentiner Karnevalsweise hielt ich dem Publikum angemessen.
    Erneut erschraken sie, als ich meine Stimme erhob. Als ich den Dreck, das zerlumpte Elend, die schmatzende, furzende, hustende Jämmerlichkeit dieser Kreaturen zurückließ, um mich im hellsten Sopran in das Licht eines neuen Tages zu erheben:
    „Ave, colore e sapore del vino,
    inebriaci col tuo potere.
    Benedetta sia la creatura prodotta
    dal vino puro, alla tua presenza sia spensierata
    ogni tavola.
    Cazzo, cazzo!
    Piacevoli il colore e il profumo,
    delizioso, il sapore che lega la lingua!
    Felice la pancia che riempi,
    la gola che bagni, la bocca che risciacqui.
    Cazzo, Cazzo!“
    Obzwar die Inzüchtler gar keinen Roten trinken, wie der Text vermuten lässt, nur nach Schafspisse stinkendes Bier. Eine Wohltat, die Strophen mit Beschimpfungen zu würzen und wie ein Chorknabe dreinzublicken.
    Auch Respekt habe ich mir verschafft. Überkommt einen Schafsköttel noch die Lust, nach mir zu treten, bekreuzigt er sich hinterher ein halbes dutzend Mal.
    Treiben es die Grobiane zu toll, ich könnte sie vergiften.
    Sechzig Tage habe ich Zobelbarett abgerungen. Hat er mich bis dahin nicht versilbert, gibt es einen alten, zähen Zwerg in Stücken. Viele meiner Art werden um ein ehrenwertes Begräbnis betrogen.
    Selbst Arbogast will er zu barer Münze machen. Glaubensbrüder auf dem Weg nach Böhmen werden sich finden. Vermutlich Hugenotten. Seit der Bartholomäusnacht fliehen sie in Scharen aus Frankreich.
    Unterdessen kämpft Arbogast für meinen Platz in seinem Himmel. Liest mir und Jost aus einer lutherischen Bibel vor, die er am Leib verborgen hatte. Sein sonniges Pfälzer Gemüt, in einem Rheinflecken namens Germersheim geformt, scheint über Mist und Menschenraub erhaben.
    „Wer die Schnaken überlebt, kann jedem Blutsauger trotzen“, so seine Devise. Der Speyrer Bischof hat ein tapferes Herz aus seinem Rheinrom verjagt.
    Neuerdings tue ich ganz bekehrt. Dafür lässt Arbogast mich meine Erinnerungen zwischen die ihm so kostbaren Bibelzeilen kritzeln. Denn schreiben muss ich!
    Ich schulde es Philippine, der Welt ein wenig von mir und ein doppeltes von ihr zu berichten. Zweimal hielt sie mein Leben in Händen, zweimal gab sie es mir zurück. Nicht umsonst wurde ich ihr Schatten.
    Mir hat sie auch ihre Aufzeichnungen anvertraut. Mir, dem Meister der Indiskretion, der Geheimnisschleuder, wohl wissend, dass ein Thomele nur schweigt, wenn er liebt.
    Keine Hofschranze schöpfte damals Verdacht, als sie, die Großzügige, mir eine neue Joppe gab, in deren Futter sie die losen Blätter eingenäht hatte.
    Wem hätte sie sonst noch vertrauen sollen? Die alte Loxan war verstorben und mein Herr auf Freiersfüßen. Insgeheim. So geheim, dass sich Philippine gerne mit dem Sterben beeilt hatte.
    Seit jüngst auch mein Herr erlosch, hat es sich ausgeschwiegen. Schon überwuchert meine Lebensbeichte Gottes Wort wie wildes Fleisch.
    Am 1. Buch der Könige setzte ich die Feder an. Dort, wo König Salomo droht, ein von zwei Müttern beanspruchtes Knäblein mit seinem Schwert zu zerteilen. Dessen Leib zwischen den Weibern aufteilen will. Und hat der alte König nicht gut geblufft, hat nicht die Mutterliebe gesiegt?
    Die Kleinheit braucht einen Weisen, der ihre wahre Dimension ans Licht bringt. Mein König Salomo war Philippine.
    Nun ist Thomele kein Schreiberling, doch würde es mich wundern, wenn meine Pikanterien die Leser gleichgültig ließen.
    Arbogast schwor auf seine Heilige Schrift, für meine und für Philippines Geschichte in Prag einen Druckstock zu

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