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Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Titel: Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanca Busquets
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beizustehen, ohne Staub aufzuwirbeln, um ihr keine Angst einzuflößen.
    Das ist nun schon ein Jahr her. Es ist mir nicht geglückt. Ich habe Angst, Oma. Dani liebt mich sehr, er ist unheimlich nett und liebevoll, aber ich bin mir bewusst, dass sichdas von einem Tag auf den anderen ändern kann. Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn tun sollte, Oma, ich habe Angst, ihn zu verlieren, er ist mein Fels in der Brandung, so wie ich jetzt der Fels für Mama und Sandra sein muss. Jetzt, wo du nicht mehr da bist, Oma. Mama wirkt wie ein Häufchen Elend, das nichts mehr vom Leben erwartet. Und Sandra steckt in einem Teufelskreis, aus dem sie nicht mehr herauskommt. Und weißt du, warum? Weil Papa und Mama davon überzeugt sind, dass sie von ihrer Magersucht geheilt ist. Aber ich kenne meine kleine Schwester und weiß, dass sie nur Theater spielt.
    Als es hieß, dass Sandra in die Klinik muss, habe ich zu Dani gesagt, er müsse noch ein bisschen warten, bis ich mit ihm zusammenziehen könne. Aber als sie gestern aus der Klinik kam, habe ich eins festgestellt: Wenn ich nicht für sie da bin, hat sie niemanden mehr. Also habe ich meinen Umzug noch mal verschoben.
    Aber eigentlich weiß ich nicht, ob das richtig ist. Ich will Dani nicht verlieren, und gleichzeitig liebe ich Sandra mehr als alles andere auf der Welt, sie ist so zart und so zerbrechlich   … Und heute hat sie extra den Pullover angezogen, den du ihr gestrickt hast, um so ihre Arme zu verstecken, die so dürr sind, dass man sie gar nicht ansehen mag. Es ist ihr egal, dass sie schwitzt, sie kann damit verbergen, wie es in Wahrheit um ihre körperliche und geistige Verfassung steht.
    Ich muss bald eine Entscheidung fällen, Oma. Und ich hoffe sehr, dass du mir hilfst, wo immer du jetzt auch bist. Ich stehe an einem Scheideweg in meinem Leben und muss mich für einen der beiden Wege entscheiden, und dem anderen dann notgedrungen den Rücken kehren. Ich bin mir sicher, du weißt, wovon ich spreche   …
     
    Ich wollte dich nicht noch mal sehen, als sie mir in der Klinik gesagt haben, dass du gestorben bist. Und wenn ich jetzt deinen Sarg da vorne sehe, fällt es mir schwer zu glauben, dass du da drin liegen sollst. Mein Gott, das mit dem Sterben macht mir Angst, von einer Sekunde auf die andere hört man auf, sich zu bewegen, zu sprechen, zu existieren. Bisher habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, aber jetzt, wo du tot bist, denke ich unaufhörlich darüber nach. Und ich, die ich es bisher kaum erwarten konnte, endlich achtzehn zu werden, denke plötzlich, dass ich gar nicht so schnell älter werden will, denn mir ist klar geworden, dass jeder irgendwann einmal sterben muss, und je älter man wird, umso näher rückt der eigene Tod. Nicht, dass ich das bis jetzt nicht gewusst hätte, natürlich wusste ich das, aber das war noch so weit weg. Jetzt kommt es mir plötzlich viel näher vor. Und das macht mir Angst, denn ich will nicht sterben. Der Tod macht mir Angst, Oma, große Angst.
    Dabei habe ich jetzt ganz andere Sorgen. Ich muss regeln, was zu regeln ist, es der Familie erzählen und die Dinge mit den Ärzten klären. Die wollen nämlich, dass ich richtig fett werde, so wie ein Schwein kurz vor dem Schlachthof. Und da ich noch nicht volljährig bin, kann ich leider noch nicht tun, was ich will. In der Klinik konnte ich mich nicht weigern zu essen, sie gaben mir weder Papier noch Bleistift zum Schreiben noch ließen sie mich telefonieren, wenn ich nicht wer weiß was alles aß. Erpresserbande.
    Jaume hat einmal zu mir gesagt, ich hätte geile Kurven. Sitzenlassen hat er mich dann aber wegen einer, die um einiges dünner ist als ich! Er hat mich also glattweg angelogen, ich war viel zu fett für ihn. Und wenn ich mich im Spiegel angesehen habe, konnte ich das auch sehen.
    Und jetzt werde ich sicher bald aussehen wie ein Fass.
    Miquel sagt, ich gefalle ihm, so wie ich bin, er sagt, ich soll aufhören, ihn ständig danach zu fragen, und zur Sache kommen. Mit dem Piercing. Lass dir ein Zungenpiercing stechen, los, komm, er war wie besessen davon und hörte nicht auf zu drängen, sodass ich schon dachte, was ist denn mit dem los? Irgendwie habe ich es hinbekommen, dass meine Mutter mir das Geld dafür gegeben hat. Schweigegeld sozusagen, weil sie ja auch eins hat – und das in ihrem Alter, und zudem sieht’s ja doch keiner, na ja, bis auf Papa, aber ob der auf so was steht?
    Na, jedenfalls dachte ich, dass Miquel damit zufrieden ist. Nach einem langen,

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