Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman
beide, dass die Ärmste nicht viel auf dem Kasten hat. Kochen kann sie ja einigermaßen gut, aber sonst? Wir haben’s ja gesehen: Kaum bietet sich ihr einmal die Chance, in der Firma voranzukommen, vermasselt sie’s, und ihr wird eine andere vor die Nase gesetzt, die gewiefter ist als sie.
Nein, ich spreche von Teresa. Nach diesem einen Mal mit heftigem, wirklich unglaublichem Sex meinte sie lapidar, das wär’s gewesen, sie habe bloß noch mal ausprobieren wollen, wie es mit einem Mann so sei, und jetzt wüsste sie endgültig, dass es sie nicht antörne. Mein Gott, was für eine Schlappe für mich! Aber ich ließ natürlich nicht locker. Starrköpfig, wie sie ist, reagierte sie nicht einmal, als ich mit ihrer Schwester anbändelte. Und eines Tages sagte sie dann, wenn ich es mit Leonor ernst meine, würde sie mir raten, kein Wort über das bisschen Sex mit ihr zu verlieren. Das bisschen Sex! Da fiel mir wirklich die Kinnlade runter: Diese Amazone hatte unsere heiße Nacht doch tatsächlich zu den Akten gelegt. Und ich Trottel habe die ganze Zeitgedacht, sie wäre scharf auf mich … Aber weißt du, was? Ich glaube ja nach wie vor, dass sie nach mir verrückt war. Weil sie ihre kleine Schwester aber liebt und ihrem Glück nicht im Weg stehen wollte, hat sie dann so getan, als wäre sie auf einmal lesbisch und wollte von Männern nichts mehr wissen. Und sie ist immer noch in mich verliebt, ich sehe es nämlich genau, wie sie mich ansieht. Deshalb hat sie in all den Jahren auch keinen Ton mehr mit mir geredet. Aber seit du von dem Hocker in der Küche gestürzt bist, fasst sie mich mit Samthandschuhen an. Wahrscheinlich hat sie sich in den Kopf gesetzt, dass wir doch wieder einmal eine Nummer schieben könnten. Es ist wirklich nicht zu fassen: Jetzt, mit fast sechzig, willst du mit mir wieder ins Bett steigen, Teresa? Sonst noch was? Vielleicht solltest du deine Triebe mal langsam abkühlen lassen, Schätzchen, ich und eine Frau in deinem Alter, also wirklich!
Apropos Triebe: Du hast mich echt ganz schön an der Nase rumgeführt, Mònica. Und dass Sandra jetzt überall herumerzählt, dass du was mit dem Mathelehrer hast, geht mir unheimlich auf den Sack. Was, zum Teufel, hat der Kerl, was ich nicht habe? Und zu allem Überfluss behauptet mein Sohn neuerdings auch noch, eine Schwuchtel zu sein. Bei mir läuft gerade wirklich alles eins a …
Wartest du auf mich, Dolors? Ich folge dir bald, ich brauche wirklich nicht mehr lange, ich gehöre schon mehr dorthin, wo du jetzt bist, als hierher. Wie ist es auf der anderen Seite, liebe Freundin? Könntest du mir das irgendwann im Traum erzählen, damit ich weiß, was mich erwartet? Du hast bestimmt Antoni wiedergetroffen, die Liebe deines Lebens, stimmt’s?
Weißt du, Dolors, du bist die treueste Seele, die ich kenne. Du bist immer dir selbst und deinen Grundsätzen treu geblieben und hast zu den Menschen gestanden, die du geliebt hast. Ich habe den größten Fehler meines Lebens begangen, hast du einmal zu mir gesagt, als du schon eine geraume Weile verheiratet warst, erinnerst du dich? Du hast keinen Fehler gemacht, glaub mir. Bis du Antoni wieder getroffen hast, warst du nämlich wie betäubt, das warst nicht du, du hattest nur Augen für deine Kinder, deinen Mann und deinen Haushalt. Und mir tat es so leid, als ich dich dann auch noch verlassen musste, wegen meines lieben Mannes und unserer Kleinen, die dann bald kam, denn ab da warst du allein, auch wenn du viele Menschen um dich herum hattest, ganz allein.
Nein, du hast keinen Fehler gemacht, Dolors. Du hast getan, was du tun musstest. Denn für alles gibt es einen Grund, und vielleicht hätte eure wunderbare Liebe ein böses Ende genommen, wenn du ihn geheiratet hättest, wer weiß, ob ihr euch nicht schon am zweiten Tag die Teller an den Kopf geworfen hättet.
Antoni und du, ihr hattet beide einen freien Geist, ihr brauchtet euren Freiraum. Nur so hielt eure Liebe ewig. Deshalb war ich damals auch so glücklich, als du mir erzähltest, du hättest ihn wieder getroffen. Ich musste dir schwören, dass ich ihm und Teresa nie sagen würde, dass sie Vater und Tochter sind. Daran habe ich mich auch zeitlebens gehalten, und wie du nehme ich dieses Geheimnis mit ins Grab, es würde Teresa nur auf komische Gedanken bringen, wenn ich ihr das jetzt, wo ihr beide tot seid, noch erzählen würde. Eigentlich ist es doch unwichtig, wessen Kind man ist, die wahren Eltern sind sowieso die, die dichmit Brei
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