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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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bald wieder ab. Dann hörte auch das Kohlenbrennen auf, und der Wald konnte ein wenig aufatmen. Viele von den Leuten, die sich in den Kolmårder Ortschaften niedergelassen hatten, wurden arbeitslos und konnten sich nur schwer durchbringen; der Wald aber wuchs wieder heran und breitete sich von neuem aus, daß die Höfe und Bergwerke schließlich wie Inseln in einem grünen Meere dalagen. Die Kolmårder Bewohner versuchten es nun mit dem Ackerbau, aber ohne besonderen Erfolg; der alte Waldboden wollte lieber Königseichen und Riesentannen hervorbringen, als Rüben und Getreide.
    Zu der Zeit betrachteten die Menschen den Wald mit düstern Blicken; der Wald schien immer kräftiger und üppiger zu werden, während sie selbst ärmer und immer ärmer wurden. Aber schließlich fiel ihnen ein, es könnte doch möglicherweise an dem Walde selbst etwas Gutes sein. Vielleicht könnten sie gerade durch ihn ihr Auskommen finden; eines Versuches müßte es doch jedenfalls wert sein.

    So begannen die Leute denn Balken und Bauholz aus dem Walde zu holen und sie dann an die Tieflandbewohner, die ihren Wald schon ganz gefällt hatten, zu verkaufen. Und die Menschen erkannten bald, daß sie, wenn sie einigermaßen vernünftig zu Werke gingen, ihr Auskommen ebensogut vom Walde als von den Äckern und den Erzgruben haben könnten. Von da an sahen die Menschen den Wald mit ganz andern Augen an. Sie lernten es, schonend mit ihm umzugehen und ihn zu lieben. Jetzt vergaßen sie auch die alte Feindschaft und betrachteten fortan den Wald als ihren besten Freund.

Karr
    Ungefähr zwölf Jahre, ehe Nils Holgersson mit den Wildgänsen umherzog, geschah es, daß einer der Bergwerkbesitzer von Kolmården einen seiner Jagdhunde los sein wollte. Er ließ seinen Waldhüter kommen und sagte ihm, es sei ihm unmöglich, den Hund zu behalten, weil man diesem nicht abgewöhnen könne, alle Schafe und Hühner zu jagen, die er erblicke;deshalb solle der Waldhüter den Hund mit sich nehmen und draußen im Walde erschießen.
    Der Waldhüter band dem Hund einen Strick um den Hals, um ihn an einen bestimmten Platz im Walde zu führen, wo man die alten Hunde vom Herrenhofe erschoß und vergrub. Der Waldhüter war ein guter Mensch, aber er war doch froh, daß der Hund erschossen werden sollte, denn es war ihm wohlbekannt, daß dieser Hund auch noch auf andres Wild Jagd machte, als auf Schafe und Hühner. Sehr häufig trieb er sich im Wald herum und stibitzte bald ein Häschen, bald einen jungen Auerhahn.
    Es war ein kleiner schwarzer Hund mit einer gelben Brust und gelben Vorderpfoten. Er hieß Karr und war so klug, daß er alles verstehen konnte, was die Menschen sagten. Als nun der Waldhüter mit ihm durch den Wald zog, wußte Karr recht wohl, was seiner wartete. Aber das hätte ihm beileibe niemand ansehen können. Er ließ nicht den Kopf hängen und kniff auch nicht den Schwanz ein, sondern sah ganz ebenso unbekümmert aus wie sonst.
    Wir werden gleich sehen, warum der Hund sich so viele Mühe gab, niemand merken zu lassen, daß er Angst hatte. Rings um das alte Bergwerk herum erstreckte sich nämlich ein großer dichter Wald, der allen Bewohnern der Umgegend und den Tieren recht wohl bekannt war, denn der Eigentümer des Waldes hatte diesem seit einer Reihe von Jahren die größte Schonung angedeihen lassen; kaum Brennholz hatte gefällt werden dürfen, ja, man hatte nicht einmal gewagt, ihn zu lichten, sondern hatte ihn einfach wachsen lassen, wie er wollte. Aber ein Wald, der auf solche Weise behütet wird, mußte selbstverständlich ein beliebter Zufluchtsort für die Tiere werden, und so hatten sich diese auch sehr zahlreich da niedergelassen. Unter sich nannten die Tiere den Wald den „Friedenswald“, und sie betrachteten ihn als den allerbesten Zufluchtsort im ganzen Lande.
    Während der Hund nun an dem Strick durch den Wald geführt wurde, fiel ihm ein, wie sehr er von allen kleinen Tieren, die hier wohnten, gefürchtet war.
    „Ei, Karr, denk dir, was das für eine Freude hier ringsum im Walde wäre, wenn sie wüßten, was deiner wartet!“ dachte er. Aber er wedelte mit dem Schwanze und stieß ein fröhliches Bellen aus, damit doch ja niemand denke, er fürchte sich und sei niedergeschlagen.
    „Welches Vergnügen hätte ich denn im Leben, wenn ich nicht ab und zu einmal auf die Jagd gehen könnte!“ sagte er. „Bereue, wer Lust hat, ich tus gewiß nicht!“
    Aber in demselben Augenblick, wo der Hund dies sagte, ging eine sonderbare Veränderung

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