Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe
doch ganz unten im Halse belustigt zu schnattern, beinahe als lache sie.
„Das erste, was ihm passiert, wird sein, daß er in eine Eisritze purzelt,“ dachte sie.
Aber so finster die Nacht auch war, der Junge sah alle Risse und Löcher im Eise und machte große Sätze darüber hinweg. Das kam daher, daß erjetzt die guten Nachtaugen der Wichtelmännchen hatte und in der Dunkelheit sehen konnte. Nichts war farbig, sondern alles grau oder schwarz, aber er sah den See und das Ufer ebenso deutlich wie bei Tage.
Da wo das Eis ans Land stieß, sprang Smirre hinüber, und während er sich den Uferabhang hinaufarbeitete, rief der Junge ihm zu: „Laß die Gans los, du Lümmel!“
Smirre wußte nicht, wer das gerufen hatte; er nahm sich auch nicht die Zeit, sich umzusehen, sondern lief noch schneller davon. Jetzt rannte er in einen großen prächtigen Buchenwald hinein, und der Junge lief hinter ihm her, ohne an irgend eine Gefahr zu denken. Dagegen mußte er immerfort daran denken, mit welcher Mißachtung er am vorhergehenden Abend von den Gänsen behandelt worden war, und deshalb hätte er ihnen jetzt gar zu gerne bewiesen, daß ein Mensch, wenn er auch noch so klein ist, allen andern Geschöpfen überlegen sei.
Einmal ums andre befahl er dem Hunde da vor sich, seine Beute loszulassen. „Was bist du für ein Hund, der sich nicht schämt, eine ganze Gans zu stehlen?“ rief er. „Lege sie sogleich nieder, sonst wirst du sehen, was für Prügel du bekommst! Laß los, sag ich, sonst werde ich deinem Herrn sagen, wie du dich benimmst!“
Als Smirre merkte, daß er für einen Hund gehalten wurde, der sich vor Prügel fürchtete, kam ihm das so komisch vor, daß er die Gans beinahe hätte fallen lassen. Smirre war ein großer Räuber, der sich nicht mit der Jagd auf Ratten und Feldmäuse begnügte, sondern sich auch in die Höfe wagte und Hühner und Gänse stahl. Er wußte, wie sehr er in der ganzen Umgegend gefürchtet war. Und jetzt diese Drohung. So etwas Verrücktes hatte er seit seiner Kindheit nicht mehr gehört!
Aber der Junge lief aus Leibeskräften; es war ihm, als glitten die dicken Buchenstämme an ihm vorüber, und der Abstand zwischen ihm und Smirre verminderte sich immer mehr. Endlich war er Smirre so nahe, daß er ihn am Schwanze fassen konnte. „Jetzt entreiße ich dir die Gans doch!“ rief er und hielt Smirre am Schwanze so fest, als er nur konnte. Aber er war nicht stark genug, Smirre aufzuhalten. Der Fuchs riß ihn so heftig mit sich fort, daß die dürren Buchenblätter umherstoben.
Doch jetzt glaubte Smirre zu entdecken, wie ungefährlich sein Verfolger sei. Er hielt an, legte die Gans auf die Erde, stellte sich mit den Vorderpfoten darauf, damit sie nicht wegfliegen könne, und war auf dem Punkte, ihr den Hals abzubeißen; aber dann konnte er es doch nicht lassen, den kleinen Wicht vorher noch ein wenig zu reizen. „Ja, mach nur, daß du mich bei dem Herrn verklagst, denn jetzt beiße ich die Gans tot,“ sagte er.
Wer sich aber sehr verwunderte, als er die spitzige Nase desjenigen sah, den er verfolgt hatte, und zugleich hörte, welche heisere, boshafte Stimme er hatte, das war der Junge. Er war so wütend über den Räuber, der sich über ihn lustig machte, daß gar keine Spur von Furcht in ihm aufstieg. Er packteden Schwanz nur noch fester, stemmte sich gegen eine Buchenwurzel, und gerade, als der Fuchs die offne Schnauze am Halse der Gans hatte, zog er aus Leibeskräften an. Smirre war so überrascht, daß er sich ein paar Schritte rückwärts ziehen ließ, und dadurch wurde die Wildgans frei. Sie flatterte schwerfällig empor, denn ihre Flügel waren verletzt, und sie konnte sie kaum gebrauchen; überdies sah sie in der Dunkelheit des Waldes gar nichts, sondern war so hilflos wie ein Blinder. Sie konnte deshalb dem Jungen keinerlei Beistand leisten, sondern versuchte nur, durch eine Öffnung in dem grünen Blätterdache hinauszugelangen, um den See wieder zu erreichen.
Da warf Smirre sich auf den Jungen. „Kann ich den einen nicht bekommen, so will ich wenigstens den andern haben,“ fauchte er, und man hörte seiner Stimme an, wie aufgebracht er war.
„O denke doch ja nicht, daß dir das gelingen werde,“ sagte der Junge. Er war ganz aufgeräumt, weil es ihm gelungen war, die Gans zu retten. Auch hielt er sich noch immer an dem Fuchsschwanze fest und schwang sich an ihm, als ihn der Fuchs zu fangen versuchte, auf die andre Seite hinüber.
Das war ein Tanz im Walde, daß die
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