Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe
schönsten von allen Vögeln waren die Brandenten. Sie waren wohl mit den gewöhnlichen Enten verwandt, denn wie diese hatten sie auch einen schweren, gedrungenen Körper, einen breiten Schnabel und Schwimmflossen, doch waren sie viel prächtiger gekleidet. Ihr Federkleid selbst war weiß, aber um den Hals hatten sie ein gelb und schwarzes Band, die Flügeldecke glänzte grün, rot und schwarz, die Flügelspitzen waren schwarz, und der Kopf war schwarzgrün und schillerte wie Seide.
Sobald sich eine von ihnen am Strande zeigte, sagten die andern Vögel: „Seht, seht! Sie versteht es, sich herauszuputzen!“
„Wenn sie nicht so schön wären, brauchten sie ihre Beine nicht in die Erdehineinzugraben, sondern könnten wie andre Vögel offen daliegen,“ spottete eine braune Wildente.
„Und wenn sie sich auch alle Mühe gibt, so kann sie doch nicht schön aussehen mit so einer Nase, wie sie hat,“ sagte eine Graugans.
Und das ist auch wirklich wahr. Die Brandenten haben einen großen Knorpel auf der Schnabelwurzel, der ihrer Schönheit Eintrag tut.
Vor dem Strande flogen Möwen und Seeschwalben über das Wasser hin und fischten. „Was fangt ihr da für Fische?“ fragte eine Wildgans.
„Stichlinge! Die Ölandstichlinge sind die besten Fische von der Welt,“ sagte eine Möwe. „Willst du sie nicht versuchen?“ Mit vollem Mund flog sie zu der Gans hin und wollte ihr von den kleinen Fischen geben.
„O pfui!“ rief diese. „Meint ihr, ich werde so abscheuliches Zeug fressen?“
Am nächsten Morgen war es noch ebenso nebelig. Die Wildgänse gingen auf die Wiese und weideten; der Junge aber wanderte an den Strand hinunter, sich Muscheln zu sammeln. Es gab dort sehr viele, und da er dachte, er komme vielleicht morgen an einen Platz, wo sich für ihn gar nichts zu essen fände, wollte er versuchen, sich ein Säckchen zu machen, in dem er die Muscheln mitnehmen könnte. Auf der Wiese fand er dürres Riedgras, das zäh und stark war, und aus diesem begann er ein Ränzel zu flechten. Er verbrachte mehrere Stunden mit dieser Arbeit; als aber das Ränzel fertig war, fühlte er sich auch recht befriedigt von seinem Werk.
Um die Mittagszeit liefen plötzlich alle Wildgänse eilig auf ihn zu und fragten ihn, ob er den weißen Gänserich nicht gesehen habe? „Vor ganz kurzem war er noch bei uns,“ sagte Akka, „aber jetzt wissen wir nicht mehr, wo er ist.“
Heftig erschrocken fuhr der Junge auf. Er fragte die Gänse, ob ein Fuchs oder Adler gesehen worden, oder ob kürzlich irgend ein Mensch in der Nähe gewesen sei? Doch keine von den Gänsen hatte etwas Verdächtiges gesehen; der Gänserich mußte sich im Nebel verlaufen haben.
Auf welche Weise der Gänserich aber auch weggekommen sein mochte, das änderte an dem Unglück des Jungen nichts, und angstvoll lief er davon, ihn zu suchen. Der Nebel beschützte ihn, so daß er ungesehen überall hingehen konnte, aber zugleich hinderte er ihn selbst auch am Sehen. Der Junge lief südwärts die Küste entlang bis zu dem Leuchtturm und der Nebelkanone auf der äußersten Spitze. Überall war dasselbe Vogelgewimmel, aber kein Gänserich. Der Junge wagte sich sogar bis zum Ottenbyer Hof, ja er untersuchte jede einzelne der alten, hohen Eichen im Hain; aber nirgends fand er eine Spur von dem Gänserich.
Er suchte und suchte, bis es zu dunkeln anfing. Da mußte er nach dem östlichen Strand zurückkehren. Mit schweren Schritten wanderte er dahin und war sehr unglücklich. Ach, es war wohl auch dumm von ihm gewesen, zu hoffen, daß er eine zahme Gans unbeschädigt durch das ganze Land führen könnte! Und doch hatte er so sehr gewünscht, daß es ihm glücke, nicht allein seiner selbst wegen, sondern auch um des Gänserichs willen, den er ebenso lieb hatte wie sich selbst.
Wie er nun so über die Schäferwiese hinwanderte, kam ihm etwas großes Weißes aus dem Nebel entgegen, und wer anders war es, als der Gänserich! Ganz unbeschädigt kam er daher und war äußerst vergnügt, daß er endlich den Weg zu den andern zurückgefunden habe. Der Nebel habe ihn so verwirrt im Kopfe gemacht, sagte er, daß er den ganzen Tag hindurch auf der Wiese umhergeirrt sei. In seiner Freude schlang der Junge die Arme um den Hals des Gänserichs und bat ihn inständig, sich doch in acht zu nehmen und nicht wieder von den andern wegzugehen. Und der Gänserich versprach hoch und teuer, es nie wieder zu tun. Nie, nie wieder!
Am nächsten Morgen jedoch, als der Junge am Ufer Muscheln suchte,
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