Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran
Morgen des dritten Tages traf er endlich auf seine Armee. Aber es war eine Armee, die sich auflöste und vor dem nahenden Feind davonlief. Schweiß- und staubbedeckt, doch stolz und unnachgiebig, wie man ihn kannte, gelang es ihm, sie wieder um sich zu scharen und zum Kampf zu stellen.
Ein hoher Offizier galoppierte vorbei, ohne auf den Zuruf des Maharadschas zu achten. Corcoran packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich heran. „Wohin willst du?“ fragte er. „Wo steht der Feind?“
Und da der andere, ihn noch immer nicht erkennend, zu fliehen versuchte, brüllte er ihn an:
„Wenn du noch einen Schritt machst, jage ich dir eine Kugel in den Kopf!“
Bei diesen Worten hielt der Offizier erschrocken inne. Er hatte den Maharadscha erkannt.
„Herr“, sagte der Offizier, „man hat uns verraten. Warum seid Ihr nicht früher gekommen.“
„Ihr sollt mich kennenlernen. Ein neues Pferd, und dann vorwärts!“
Ohne sich darum zu kümmern, ob ihm jemand folgte, ritt Corcoran an der Spitze der Versprengten in das verlassene Feldlager seiner Truppen.
Der Offizier hatte nicht übertrieben. Das Lager der Marathen war ein einziges Durcheinander. Die Armee, von Verrätern kommandiert, war auseinandergelaufen. Drei Zemindars hatten das Signal zur Flucht gegeben. Zwei andere, unter ihnen der Afghane Usbeck, im Dienste Holkars alt geworden, waren zu den Engländern übergelaufen. Der Rest, durch die Flucht dezimiert und demoralisiert, war nach dem ersten Artilleriebeschuß der Engländer davongelaufen. Im Lager befanden sich nur noch einzelne Männer, die gewillt waren, dem Maharadscha bis zuletzt die Treue zu halten und ihre Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.
Corcorans Anblick belebte ihren Mut wieder. Zusammen mit den Fliehenden, die Corcoran um sich gesammelt hatte, besaß er immerhin so viele Leute, um wieder aktionsfähig zu sein.
Bei seinem Anblick riefen die Soldaten: „Es lebe der Maharadscha!“
Corcoran zog den Säbel aus der Scheide, einen Krummsäbel, der früher dem sagenumwobenen Tamerlan gehört hatte und über Aurangseb an Holkar gekommen war. Dieser Säbel, dessen Griff mit Diamanten von unschätzbarem Wert übersät war, hatte früher einmal das Zeichen zum Tod vieler Männer gegeben. Er war in Samarkand von einem Waffenschmied aus Damaskus, dem berühmten Mohammed el Din geschmiedet worden. Auf der Klinge waren die Verse des Korans eingraviert: „Allah ist groß! Allah ist mächtig! Allah ist siegreich!“
Seine Schärfe war so beschaffen, daß Tamerlan damit beim Übergang über den Indus einen afghanischen Reiter vom Scheitel bis zum Gürtel entzweigehauen hatte, wobei der Afghane noch einen Helm aus Stahl getragen hatte.
Als die versprengten Reste der Armee ihn vor dem Hintergrund der Sonne heranpreschen sahen, zweifelte niemand mehr am Glück ihrer Waffen. Die Reihen schlossen sich, und man folgte dem Maharadscha bedingungslos. War es nicht Wischnu selbst, unbesiegbar, der sie führte?
Die englische Kavallerie, die die Flüchtigen verfolgte, hatte wegen der großen Hitze eine Rast eingelegt. Im festen Glauben, nur waffen- und führerlose Reste einer geschlagenen Armee verfolgen zu müssen, hatten die Engländer keinerlei Vorsichtsmaßnahmen gegen einen möglichen Angriff getroffen. Sie hatten die Pferde abgezäumt und sich in einem schattigen Wäldchen neben dem Weg gelagert. Um darüber hinaus nicht die Beute mit ihren Kameraden teilen zu müssen, hatten die englischen Kavalleristen nicht einmal die Ankunft der Infanterie abgewartet. Sie waren ihr etwa zehn Meilen voraus und glaubten, die Armee der Marathen bis zum letzten Mann allein gefangennehmen zu können. Jetzt ließ man es sich im Schatten des Wäldchens wohl sein und hielt ein zweites Frühstück ab.
„Nun, Hauptmann Wodsworth“, fragte Leutnant James Churchill den so Angesprochenen, „was halten Sie von unserer Expedition? Dieser einfach unwiderstehliche Corcoran, von dem man sich so hervorragende Dinge erzählt, hat unserem Angriff nicht widerstehen können.“
„Ja“, erwiderte der andere, „und während Barclay ihn irreführt, haben wir Glück genug, auf keinen ernsthaften Widerstand zu treffen. Aber genau das, mein lieber Churchill, läßt mich daran zweifeln, daß wir Corcoran geschlagen haben. Ich kenne ihn. Ich war vor drei Jahren in Barclays Armeekorps, und ich schwöre Ihnen, daß er uns eine denkwürdige Viertelstunde bereitet hat. Hier jedoch, dank diesem netten Afghanen…“
„Jawohl“, bemerkte Major
Weitere Kostenlose Bücher