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Die Zan-Spieler

Die Zan-Spieler

Titel: Die Zan-Spieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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auch fremd, als wären weitere Komponenten darin enthalten.
    Sie stand jetzt vor ihm, und er konnte sie wie durch ein Vergrößerungsglas sehen; mit Immanenz und Schrecken. Wie bei allen starken Persönlichkeiten war ihre Erscheinung aufgewühlt, turbulent, weiter bewegt durch eine stürmische, unruhige Folge von Erinnerungen. Sie mochte gut und gerne verrückt sein: Morlenden war sicher, daß ihr Gedächtnis dafür um so klarer war. Empathetisch ertastete er mit seinen Instinkten eine Gestalt-Wahrnehmung von ihr, nach außen projiziert und durch die Realität ihres allgegenwärtigen Jetzt bestätigt. Ja, er konnte sie in der überlebensgroßen Gestalt vor sich sehen, jene Gestalt, die näher kam, näher, nahe genug, um sie mit der vorgestreckten Hand berühren zu können. Aber er wußte nicht, ob er es jetzt wagen sollte. Ja, er konnte es sehen … Sanjirmil war ein Wildfang gewesen, Dantlanosi, drahtig, stark, aggressiv; sie hatte es am liebsten im Stehen gemacht, unter einer kühlen Brücke im Regen, schnell und hart, hatte keine Schonung erbeten und keine gegeben, eine heiße und schweißnasse, durchdringend süße Umarmung und Vereinigung.
    Dies war ihre Natur, aber der Unfall, der sie zu einer Spielerin, aber auch zu einem Ungeheuer, gemacht hatte, hatte diese Natur gänzlich von ihr genommen. Was übriggeblieben war, das war die tiefe Innerlichkeit der Innenverwandten, jetzt allerdings weitgehend überproportional vergrößert. Einst hatte sie die gleiche Chance zu den ungestümen Freiheiten der Heranwachsenden gehabt wie alle anderen auch, die leichte und zwanglose Promiskuität, die entspannten und trägen Affären, die mit der Zeit und den Zwanzigern kamen. Aber sie hatten sie nicht gehabt: Statt dessen hatte Sanjirmil eine furchtbare Belastung erfahren und gesiegt, aber um welchen Preis? Und irgendwo in ihr lag das Wissen, sorgfältig verborgen und daran gehindert, an die Oberfläche heraufzutreiben, daß, wie bei allen Geisteskrankheiten, der Preis für die Rückkehr nicht festgesetzt blieb, sondern langsam und unvermeidlich immer größer wurde. Er wußte, daß sie jetzt nicht mehr aus eigenem Willen normal werden würde. Jetzt? Jetzt blieb nur noch eines – ihr die Matrix zu übergeben und vielleicht ein paar Worte zu versuchen, jetzt, da er es wußte. Ja, vielleicht war es ein Gefühl der Besorgnis, das er empfand. Er würde Sanjirmil in einer Position der Schwäche haben, wenn sie empfing; Vielleicht könnte er dann … Vielleicht könnte er sie von ihrem Kurs abbringen, sie durch einen Verweis auf ihre gemeinsamen Erinnerungen, ihre Vergangenheit, in eine neue Bahn lenken?
    Er sprach zuerst. „Ich habe die Matrix von Mevlannen zu dir gebracht, wie es meinem Auftrag entsprach. Bist du bereit zu empfangen?“ Und noch während er zu ihr sprach, spürte er eine wilde Woge der Vorahnung, gänzlich ungewohnt, und er verstand nicht, weshalb er sich so übermütig, so … wild fühlte. Was, zum Teufel, ging mit ihm vor? Der Raum begann zu schrumpfen, sich zusammenzuziehen, sich auf ihn selbst und Sanjirmil zu konzentrieren. Was geschah? Ganz gleich, was es auch war, er fühlte sich zunehmend machtloser, den Lauf der Dinge zu ändern. Eine wilde Unbeherrschtheit ergriff ihn, flüsterte in sein inneres Ohr: Laß es sein! Laß das, was geschehen wird, geschehen. Es wird dir gefallen; du wirst damit gern in die Zukunft fahren!
    Sanjirmil antwortete einfach, leise, mit einer Stimme, die große Ermüdung verriet: „Darauf habe ich gewartet, denn ich wußte, daß die Zeit gekommen ist, Spiel und Matrix zu integrieren. Sprich weiter, Bote. Deskris … Ich erwarte dich.“
    Ihre Blicke beendeten ihre Suche, fanden Morlendens Augen, bohrten sich in seinen Blick. Morlenden begann, und es war leicht, denn er brauchte sich nur an die Reihenfolge zu erinnern, die ihm Mevlannen eingegeben hatte, sie in sein Gedächtnis zurückzurufen und sodann freizugeben. Leicht. Und die wilde Vorfreude in seinem Herzen flammte wie ein Lauffeuer hoch, frohlockend. Fast erreicht, schien sie zu sagen, fast erreicht, und der Augenblick wird noch im Verlauf dieser Szene gekommen sein! Leise sang er ihr die Folge vor, während er langsam, ungeschickt fühlte, wie sie sich, als Empfängerin, in seinen Einfluß beugte, ein Teil von ihm wurde, eine Erweiterung seiner selbst. Alles natürlich das Ergebnis der Multisprache, aber es floß auch einiges von ihrer Beziehung darin ein. Sie erlaubte Morlenden, einen Teil von sich zu übernehmen,

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