Kuess mich, lieb mich - heirate mich
1. KAPITEL
Schwere Gewitterwolken verdüsterten den Himmel, das ferne Donnergrollen kam langsam immer näher, ein starker Wind blies Wolken aus Staub und welken Blättern über den Parkplatz vor dem Haus.
In der Haustür stand eine Frau mit einem Brautbouquet in der Hand und hielt nervös nach einem ganz bestimmten Wagen Ausschau.
Ein greller Blitz zuckte über den dunklen Himmel.
Die Zeiger der Uhr näherten sich der Zwölf, High Noon - die Stunde der Entscheidung.
Die ganze Szene erinnerte viel zu sehr an die zweitklassigen Hollywoodfilme, in denen Carey Winslow oft genug mitgespielt hatte.
Die ersten schweren Tropfen färbten die Erde dunkel. Eine heftige Windböe peitschte den Regen gegen das Holzgeländer der Veranda. Im Nu wurde aus dem Regen ein Wolkenbruch.
Die Wettervorhersage, die Carey am Morgen im Radio gehört hatte, schien sich hundertprozentig zu erfüllen. Ein schwerer Sturm würde über den ganzen Staat hinwegfegen und mit Sicherheit auch nicht den Flughafen aussparen, der einige Autostunden entfernt war.
Kyle würde es niemals rechtzeitig bis hierher schaffen. Carey krampfte sich der Magen zusammen bei diesem Gedanken. Sein Wagen - ein billiger kleiner Mietwagen ohne Allradantrieb -würde van der Straße abkommen und im Schlamm stecken bleiben. Warum musste Kyle auch mal wieder erst in letzter Minute erscheinen? War das nicht typisch Mann?
Mit einem Seufzer trat Carey von der Tür weg und legte das Brautbouquet auf einem kleinen Tisch im Flur ab.
„Na? Ist dein Verlobter schon da?” Es war Ophelias ruhige Stimme. „Der Richter wird langsam ungeduldig. Er meint, wenn der Kerl nicht bald auftaucht, kann man die Trauung heute wohl vergessen. Bei dem Wetter …”
„Ja, ich weiß. Ich werde auch nicht länger warten.” Carey strich ihr ärmelloses weißes Kleid glatt. Es war eigentlich nicht völlig weiß, sondern hatte ein unregelmäßiges Muster aus kleinen grünen und roten Blüten. Als einzigen Schmuck trug sie eine Kameebrosche, ein geliebtes Erinnerungsstück von ihrer Mutter. Ein kleiner Kranz aus weißen Röschen und Schleierkraut bildete ihren Kopfschmuck.
Ihr Kleid war nicht gerade das, was man als normales Braut kleid bezeichnen würde, es hatte keine Schleppe, und sie trug keinen Schleier. Aber Carey war auch nicht gerade eine normale Braut. Ihre Aufmachung - wie überhaupt alles an dieser Hochzeit - war behelfsmäßig. Alles andere als perfekt, aber ausreichend, um den Schein zu wahren.
Ausreichend, um dem letzten Willen ihres Vaters gerecht zu werden, so dass sie in den Besitz ihres Erbes gelangen konnte.
Doch ohne einen Bräutigam würde sie das nicht erreichen. Carey war verzweifelt. Die Zeit lief langsam ab.
„Frag den Richter, ob er nicht zu Mittag essen möchte. Ich mache mich inzwischen auf die Suche nach meinem künftigen Mann.”
„Bei diesem Wetter?” fragte Ophelia fassungslos. „Du wirst dir dein Kleid ruinieren.
Warum wartest du nicht, bis Willie zurück ist? Er wird ihn für dich suchen.”
Mit welcher Selbstverständlichkeit Ophelia sich auf die Hilfsbereitschaft ihres Mannes verlässt, dachte Carey und beneidete sie insgeheim dafür. Careys Mutter war gestorben, als sie erst sieben gewesen war, und ihr Vater hatte nie wieder ge heiratet. Ophelia und Willie erwiesen sich seit über fünfundzwanzig Jahren als unentbehrliche Helfer auf Whispering Oaks und waren für Carey das einzige Beispiel dafür, was eine lebenslange liebevolle Verbundenheit zwischen Mann und Frau bedeuten konnte. Früher einmal hatte Carey sich ausgemalt, dass ihr Leben genauso werden würde und dass ihr Hochzeitstag der Auftakt dazu sein würde. Doch wie so viele Kindheitsträume sollte sich auch dieser Traum offenbar nicht erfüllen.
Wenn er hier gewesen wäre, das wusste Carey ge nau, dann hätte Willie Jackson Wind und Wetter getrotzt, um ihr zu helfen. Doch Willie musste, da es zur Zeit keinen Vorarbeiter auf der Ranch gab, nach dem Vieh sehen. „Ich kann nicht auf Willie warten. Der Richter hat vollkommen Recht, wenn wir noch länger warten, können wir die Hochzeit vergessen.”
Carey nahm eine gelbe Öljacke vom Haken und holte sich Gummistiefel aus dem Vorraum neben der Küche.
„Na, du siehst ja toll aus.” Ophelia winkte ihr mit einem Geschirrtuch nach, als Carey zurück zur Haustür ging. „Du wirst den armen Kerl mit deinem Anblick in die Flucht schlagen, falls du ihn überhaupt noch findest.”
„Kaum.” Carey wusste, das Einzige, was Kyle Keeler jetzt
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