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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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empor. Prinz Beltran war ebenfalls groß, wenn auch nicht ganz so groß wie Bard. Aber er war immer noch schmal und fohlenhaft, und auf seinen runden Kinderwangen zeigte sich gerade der erste Bartflaum. Sein Haar war kurz geschnitten und dicht gelockt, und es war ebenso blond wie das Bards.
    Geremy Hastur war kleiner als die beiden. Er hatte rotes Haar, ein schmales Gesicht, scharfe graue Augen und die Schnelligkeit eines Falken oder Frettchens. Er trug dunkle, einfache Kleidung, die eher die eines Gelehrten als die eines Kriegers war, und sein Benehmen war ruhig und bescheiden.
    Jetzt sah er zu Bard hoch und sagte lachend: »Du wirst dich schon hinsetzen müssen, Pflegebruder. Weder Beltran noch ich können deinen Kopf erreichen, um dir die rote Schnur um den Zopf zu binden. Und ohne sie kannst du nicht zu einer feierlichen Handlung gehen.«
    »Ausgeschlossen«, stimmte Beltran zu und zog Bard auf einen Stuhl hinunter. »Jetzt binde du die Schnur, Geremy, deine Hände sind geschickter als meine oder Bards. Ich denke an den letzten Herbst, als du die Wunde dieses Leibwächters genäht hast …«
    Bard lachte vor sich hin. Er beugte den Kopf, damit seine jungen Freunde ihn mit der roten Schnur schmücken konnten, die nur einem Krieger, der sich in der Schlacht erprobt und durch Tapferkeit ausgezeichnet hatte, zustand. Er sagte: »Ich hatte dich immer für feige gehalten, Geremy, weil du nicht im Feld kämpfst und deine Hände so weich wie die Carlinas sind. Aber als ich das sah, entschied ich, du habest mehr Mut als ich, denn ich hätte es nicht getan. Ein Jammer, daß es keine rote Schnur für dich gegeben hat!«
    Geremy antwortete mit seiner gedämpften Stimme: »Dann müßten wir auch jeder Frau im Kindbett und jedem Meldegänger, der ungesehen durch die feindlichen Linien schlüpft, eine rote Schnur geben. Der Mut nimmt viele Formen an. Ich glaube, ich komme ohne den Zopf oder die rote Schnur eines Kriegers aus.«
    »Vielleicht werden wir eines Tages«, meinte Beltran, »wenn ich einmal über dies Land regiere – möge die Herrschaft meines Vaters lang währen! –, Mut auch in einer anderen Form belohnen als der, die wir auf dem Schlachtfeld sehen. Was meinst du dazu, Bard? Du wirst dann mein Kämpfer sein, wenn wir alle so lange leben.« Plötzlich sah er stirnrunzelnd zu Geremy hin. »Was ist los mit dir, Mann?«
    Geremy Hastur schüttelte seinen roten Kopf. »Ich weiß nicht – eine plötzliche Kälte; vielleicht hat ein wildes Tier, wie man in den Bergen sagt, auf den Boden gepißt, wo mein Grab sein wird.« Er wickelte den letzten Rest der roten Schnur um Bards Kriegerzopf, reichte ihm Schwert und Dolch und half ihm, sich zu gürten.
    Bard erklärte: »Ich bin Soldat, ich weiß sehr wenig über andere Formen des Mutes.« Mit einem Rucken der Schultern brachte er den bestickten Zeremonienumhang in die richtige Lage. Die leuchtendrote Farbe des Stoffes paßte zu der roten Schnur, die seinen Zopf der ganzen Länge nach umwickelte. »Ich sage euch, es verlangt mehr Mut, sich heute abend diesem ganzen Unsinn zu stellen. Ich ziehe es vor, meinen Feinden mit dem Schwert in der Hand gegenüberzutreten!«
    »Was redest du da von Feinden, Pflegebruder?« Beltran sah seinen Freund forschend an. »Du hast doch bestimmt keine Feinde in meines Vaters Halle! Wie viele junge Männer deines Alters haben wohl schon die Kriegerschnur erhalten und sind zum Bannerträger des Königs ernannt worden, noch bevor sie sechzehn Jahre alt wurden? Und als du Dom Ruyven von Serrais und seinen Friedensmann tötetest und bei Snow Glen zweimal das Leben des Königs rettetest …«
    Bard schüttelte den Kopf. »Lady Ariel liebt mich nicht. Sie würde diese Heirat mit Carlina unterbinden, wenn sie könnte. Und sie ist zornig, daß ich es war und nicht du, Beltran, der Ruhm auf dem Schlachtfeld errang.«
    Das wollte Beltran nicht wahrhaben. »Vielleicht liegt das in der Art einer Mutter. Es ist ihr nicht genug, daß ich Prinz und Erbe des Throns meines Vaters hin. Ich soll auch noch Kriegerruhm erringen. Oder vielleicht …« – er versuchte, einen Scherz daraus zu machen, aber Bard spürte, daß auch Bitterkeit dabei war – »… vielleicht fürchtet sie, dein Mut und dein Ruhm werden meinen Vater veranlassen, von dir besser zu denken als von seinem Sohn.«
    Bard entgegnete: »Ja, Beltran, du hast den gleichen Unterricht gehabt wie ich, auch du hättest dir die Ehrenzeichen eines Kriegers gewinnen können. Das sind eben die Wechselfälle

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