Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Katzenpfoten

Die Zeit der Katzenpfoten

Titel: Die Zeit der Katzenpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
Vom Netzwerk:
erkannte, wohin das weiße Fahrzeug ihn gebracht hatte, erfaßte ihn ein Entsetzen, dem er keinen Ausdruck zu geben vermochte. Er war gerade im Begriff, langsam zu erwachen, war aber noch entsetzlich schwach, so, als hätte die Spraydosis aus dem Joker des Mädchens neunzig Prozent seiner willkürlichen Muskelkontrolle lahmgelegt (was tatsächlich der Fall war). Als er die nichtssagende weiße Decke über sich sah und das Dröhnen und Klappern der tausend angsterregenden Instrumente hörte, die die Menschen ins Leben zurückbrachten, wurde er von der fürchterlichen Gewißheit gepackt, daß man ihn wieder einfrieren wolle. Unartikuliert stöhnend lag er da, während Dinge mit ihm geschahen.
    Aber man fror ihn nicht ein.
    Man flickte ihn nur zusammen. Das Blut wurde abgewaschen. Die Prellungen wurden mit etwas Metallischem abgerieben und dann mit einer durchsichtigen, steifen, geleeartigen Masse aus einer langen silbrigen Tube bestrichen, die wie ein großer Lippenstift aussah. Sein linker Oberschenkel wurde einen Augenblick lang zwischen zwei leuchtende Schirme gepreßt, von denen er sich sagte, daß sie eine Art Röntgenapparat darstellen mußten, und seine Herzgegend wurde dünn mit etwas dunkel und feucht Glitzerndem bepinselt.
    Diese letzte Behandlung, gleichgültig, worin sie bestand, bewirkte, daß er sich weit besser fühlte. Er merkte, daß er imstande war zu sprechen.
    »Danke«, sagte er.
    Der jung aussehende, rotgesichtige Mann, der gerade an ihm arbeitete, nickte gleichgültig und berührte Forresters Nabel mit dem Ende einer silbrigen Sonde. Er warf einen Blick auf die Skala und sagte: »Das hätten wir. Ich würde sagen, wir sind fertig mit dir. Steh doch mal auf; wollen sehen, ob du bis zu Haras Büro laufen kannst.«
    Forrester hob die Beine über den niedrigen Rand der Koje, in der er lag, und stellte fest, daß er ebensogut laufen konnte wie je zuvor. Nicht einmal seine Prellungen taten noch weh, oder jedenfalls kaum, obwohl er zu spüren meinte, wie die Schmerzen zurückkamen.
    Der Rotgesichtige sagte: »Na also – so gut wie neu. Sieh zu, daß du dich jetzt mal eine Weile hier raushältst, ja? Und vergiß nicht, bei Hara vorbeizugehen. Du scheinst in irgendeiner Klemme zu stecken.« Als Forrester ihn ausfragen wollte, wandte er sich ab. »Keine Ahnung. Am besten, du gehst zu Hara.«
    Ein schmaler grüner Lichtpfeil tanzte auf dem Fußboden vor ihm her und wies ihm den Weg zu Haras Büro, aber Forrester war überzeugt, daß er auch ohne diesen Lichtpfeil hingefunden hätte. Sobald er einmal die Unfallstation verlassen hatte, befand er sich in einem Teil des Sanatoriums, in dem er sich auskannte. Hier war er aus seinem fünf hundertjährigen Kälteschlaf erwacht. Dort drüben hatte er eine Woche lang jeden Tag in einem hellen, warmen Öl gebadet, das vibrierte und prickelte und ihn schläfrig, aber dennoch von Tag zu Tag kräftiger machte. Ein Stockwerk tiefer hatte er seine Gymnastik gemacht, und in dem Gebäu de jenseits des Poinsettia-Beetes – leuchtend goldener Poinsettias – hatte er geschlafen.
    Er fragte sich, was wohl aus den anderen in seiner Abschlußklasse geworden sein mochte. Die aufgetauten Lazarusse wurden gruppenweise verarztet – fünfzig auf einmal in einer Gruppe –, und obwohl er mit keinem von ihnen viel gesprochen hatte, hatte doch die gemeinsame Erfahrung bewirkt, daß man sich rasch kennenlernte.
    Aber nach ihrer Entlassung waren sie alle in verschiedenen Richtungen auseinandergegangen; offenbar wurde das aus sozialpolitischen Gründen gesteuert.
    Plötzlich mußte er laut lachen. Eine blaugekleidete Frau, die ihm im Korridor entgegen kam und zu einem Instrument an ihrem Handgelenk sprach, blickte neugierig und leicht mißbilligend zu ihm auf. »Verzeihung«, sagte er zu ihr und lachte noch immer vor sich hin, als der grüne Pfeil jetzt um eine Ecke bog und er ihm folgte. Er bezweifelte nicht, daß er sonderbar aussah. Er kam sich selbst sonderbar vor. Der Gedanke, daß er seinen Mitpatienten aus dem Sanatorium die gleiche vage, distanzierte Zuneigung entgegenbrachte wie früher seinen ehemaligen Klassenkameraden, amüsierte ihn. Dabei war es erst achtundvierzig Stunden her, daß sie sich getrennt hatten.
    Ziemlich hektische und einigermaßen erschreckende achtundvierzig Stunden, dachte er. Es hatte sich gezeigt, daß auch Reichtum nicht imstande war, ihn gegen diese Welt abzuschirmen.
    Das flackernde grüne Licht führte ihn bis zu Haras Büro und verschwand

Weitere Kostenlose Bücher