Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman
Monarchin zu retten und eine weltweite Katastrophe abzuwenden.«
»Wir alle haben von solchen Möglichkeiten gesprochen«, sagte Harry. »Aber es war Abdul, der gehandelt hat.«
»Er war ein besserer Mann als wir beide«, sagte Geoffrey leise. Allmählich beruhigte er sich. »Er hat
zahllose Leben gerettet, angefangen mit dem von Isabel. Vielleicht hat er die Zukunft gerettet.«
Etwas am Himmel fiel Harry ins Auge. Es ähnelte einem Vogel, war jedoch massiv und ungelenker. Und es trudelte, trudelte aus großer Höhe zum Boden herab, als hätte es sich einen Flügel gebrochen.
»Ist das ein Mensch? Vielleicht James von Buxton? Ist es dem Menschen bestimmt zu fliegen, Geoffrey?«
»Wenn ja, dann nicht hier und nicht jetzt.«
Das fragile Gebilde – nichts als Streben und Federn – stürzte außer Sichtweite herab. Es schien keine Rolle zu spielen. Harry drückte Agnes an sich, redete leise auf sie ein und wünschte sich inständig, dass sie aus ihrem Drogen-Stupor erwachte.
EPILOG
1492 N. CHR.
I
An diesem Augustvormittag herrschte große Aufregung im Hafen von Palos und dessen Umgebung. Es wimmelte nur so von neugierigen Christen, von denen viele noch ihre Kreuzfahrer-Schulterzeichen trugen, und von Juden, die so schnell wie möglich aus einem Land fliehen wollten, in dem ihnen nur Ablehnung entgegenschlug.
Harry und Geoffrey gingen ein ganzes Stück zu Fuß, drängten sich durch die Menge und versuchten, einen Blick auf die Entdeckungsreisenden zu erhaschen. Am Ende erklommen sie einen steilen Hang in unmittelbarer Nähe der Stadt, von dem aus sie den Hafen und die drei Schiffe darin sehen konnten.
Es war eine bescheidene Flotte. Zwei der Schiffe waren Karavellen, die Pinta und die Santa Clara , wobei letztere eher unter dem Namen Niña bekannt war, nach ihrem Besitzer, einem Mann namens Juan Niño. Das dritte Schiff war eine größere Karacke namens Santa Maria , die jedoch häufig La Gallega genannt wurde, weil sie in Galizien gebaut worden war. Die Santa Maria hatte rechteckige Segel an einem Fockmast und einem Großmast und ein dreieckiges Lateinsegel an einem Besanmast im hinteren Teil. Die Takelage
der Pinta glich jener der Santa Maria , aber die Niña besaß nur Lateinsegel. Insbesondere die beiden Karavellen waren anmutige, schlanke kleine Schiffe.
In diesen letzten Minuten vor dem Aufbruch sah Harry die Gestalten der Besatzungsmitglieder, die ihre Schiffe beluden und auf den Decks und den stabilen Kastellen an Bug und Heck herumliefen. Die Männer wirkten irgendwie zu groß für ihre Schiffe, die nur rund fünfzig oder sechzig Fuß lang waren – viel zu klein, wie es schien, um es mit einem Weltmeer aufzunehmen. Harry fielen Abduls Worte ein, dass die Ruder mancher chinesischer Schiffe ungefähr die Ausmaße eines Schiffes von der Größe der Niña hatten.
Und dennoch waren es nicht die Chinesen, die heute in See stachen, sondern Cristóbal Colón.
»Bescheiden mögen sie sein, ja«, räumte Geoffrey ein, als Harry diese Gedanken in Worte fasste. »Aber seht sie Euch an, Harry, wie sie da im Wasser liegen, trotzig und entschlossen. Heinrich der Seefahrer wäre stolz, wenn er diesen Tag miterleben könnte – selbst wenn es spanische Schiffe sind, die aus einem spanischen Hafen auslaufen.«
»Das ist ein großes Jahr für Cristóbal«, sagte Harry.
»Ein großes Jahr für Spanien!«
Die Tür zu Colóns Meeresabenteuer hatte sich schließlich im November letzten Jahres geöffnet, als Boabdil, der letzte Emir von al-Andalus, einen Kapitulationsvertrag unterzeichnet hatte. Am 6. Januar 1492 waren die Monarchen persönlich in Córdoba eingezogen.
Sie waren respektvoll im maurischen Stil gekleidet, Isabel eine strahlende Erscheinung mit Turban und besticktem Kaftan, aber die süßen Stimmen des königlichen Chores sangen Hymnen an Jesus Christus, die durch die leeren, steinernen Straßen hallten. Es war ein gewaltiger Sieg für die Christenheit, der Abschluss einer achthundert Jahre währenden, aufopferungsvollen Reconquista, und die Nachricht davon verbreitete sich in ganz Europa.
Und im April wurde Colón erneut an den Hof der Monarchen gerufen. Das Herrscherpaar empfing ihn in der Alhambra, im »Mexuar-Saal«, wie die Mauren diesen Raum im ältesten Teil des Palastes genannt hatten, in dem das Tageslicht von den Buntglasfenstern eines Laternendachs gefiltert wurde. In diesem architektonischen Triumph eines bezwungenen Volkes, inmitten von Räumen mit maurischen Inschriften – Wa la
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