Die Zeitdetektive 04 Das Teufelskraut
wir in scheinbar aussichtslosen Situationen den Kopf aus der Schlinge ziehen können.“
„Mag ja sein“, sagte Kim mutlos. „Aber so aussichtslos wie jetzt war es noch nie. Wir sitzen in einem Grab fest. Hier gibt es noch nicht einmal ein Fenster, das wir aufbrechen könnten. Hier gibt es definitiv gar nichts außer zwei ausgesprochen gut verschlossene Türen.“
Leon schwieg. Er wusste, dass Kim vermutlich Recht hatte. Aber vielleicht gab es in der Krypta noch irgendwo eine Geheimtür oder so etwas. Das Lorscher Kloster schien schließlich voller Überraschungen zu stecken, wie der Geheimgang zum Scriptorium bewiesen hatte.
Also begann Leon, den Raum systematisch abzusuchen. Er klopfte an die Wände, ob sich dahinter womöglich ein Hohlraum verbarg, der auf einen Geheimgang schließen ließ. Er schaute sich sogar die Grabplatten an und versuchte, sie hochzuheben. „Was machst du denn da?“, fragte Julian mit großen Augen.
„Will mal nachsehen, ob sich darunter etwas verbirgt“, ächzte Leon. Gerade hatte er zwei Finger in die Fuge zwischen Steinboden und Grabplatte geschoben. „Was sich darunter verbirgt? Das kann ich dir sagen: Die Knochen und der Schädel eines Mönchs!“, rief Julian. „Lass gefälligst die Toten in Ruhe, Leon!“ Leon richtete sich auf. „Schon gut, Julian! Meinst du, mir macht das Spaß? Aber im Gegensatz zu dir unternehme ich wenigstens etwas! Du scheinst dich ja mit unserer bescheidenen Situation abgefunden zu haben.“
„Nein, aber ich wühle nicht in Gräbern herum. Außerdem denke ich nach.“
Leon hob die Hände und grinste spöttisch. „Oh, das ist natürlich etwas anderes. Da will ich dich nicht länger stören. Sag mir nur bitte Bescheid, falls dir etwas Geniales eingefallen ist.“
Julian reagierte nicht. Er beobachtete stattdessen, wie sein Freund sich mit der Grabplatte abmühte. Erleichtert erkannte Julian, dass Leon niemals Erfolg haben würde. Die Platte war viel zu schwer.
Jetzt lief Kija zu Leon und begutachtete sein Tun. Sie legte den Kopf schief, und es sah so aus, als würde nun die Katze scharf nachdenken. Kija miaute. Das klang wie ein Lachen. Dann glitt sie auf samtenen Pfoten zu einer Stelle gleich neben dem Wandvorhang. In ihren eleganten Bewegungen lag die übliche Geschmeidigkeit, aber nun war da noch Zielstrebigkeit zu erkennen. Die Katze schien genau zu wissen, was sie wollte. Sie setzte sich hin, drehte den Kopf mit den leicht schräg stehenden Augen zu Kim und miaute erneut, diesmal jedoch fordernd und energisch.
Das Mädchen ging zu ihr und kauerte sich neben sie.
„Was hast du?“, fragte Kim leise.
Als Antwort fuhr Kija die messerscharfen Krallen ih-
rer rechten Pfote aus und kratzte damit über einen Stein in der Wand. Kim runzelte die Stirn und sah sich den Stein genauer an. Er war etwa so groß wie ein Schuhkarton und wirkte auf den ersten Blick wie die anderen neben ihm.
„Habt ihr etwas entdeckt?“, fragte Julian und kam hinzu. Auch Leon war neugierig geworden. Er hörte auf, sich mit der Grabplatte abzumühen und stellte sich hinter seine Freunde.
„Keine Ahnung“, sagte Kim unschlüssig. „Kija hat mich auf diesen Stein aufmerksam gemacht.“
Sie tastete den Stein ab und drückte dagegen. Plötzlich gab er an der linken Seite nach und ließ sich nach innen schieben. Der Stein drehte sich um eine unsichtbare Achse und ein Loch, kaum größer als eine Faust, tat sich auf. Überrascht sahen sich die Freunde an. Kim griff mutig in das Loch und tastete dort herum. Plötzlich berührte etwas ihre Haut. Dieses Etwas lebte. Es hatte offenbar eine Vielzahl von Beinen und begann nun seinerseits, den Eindringling zu untersuchen. Anders ausgedrückt: Das Etwas krabbelte enorm flink an Kims Unterarm hinauf.
Mit einem Schrei fuhr Kim zurück. Auf ihrem Arm hockte eine riesige, pelzige Spinne. Angeekelt schüttelte sich das Mädchen. Die Spinne fiel zu Boden. Blitzschnell floh das Tier in eine dunkle Ecke und war verschwunden.
„Soll ich vielleicht mal hineingreifen?“, bot Leon an.
„Nö, lass mal“, erwiderte Kim und unternahm einen weiteren Versuch. Diesmal ertasteten ihre Finger in dem Loch eine Art Griff.
„Da, da ist etwas!“, rief sie aufregt. „Scheint aus Metall zu sein. Mal sehen …“ Kim drehte an dem Griff, aber nichts geschah. Dann zog sie daran … und nun passierte etwas Unglaubliches: Ein Teil der Wand geriet in Bewegung! Kim rutschte auf den Knien nach hinten und zog dabei eine Tür auf.
„Ich fasse es nicht!“, stieß
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