Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)
Jahrzehnten, jeden Tag, jede Stunde. Er wartete auf etwas, von dem er überzeugt war, dass es unvermeidlich war: Die Rückkehr der Burgons .
Er würde nicht weggehen von hier, ebenso wenig, wie sie diesen Ort verlassen würde. Nicht, bevor sie getan hatte, was getan werden musste ...
Sie waren einander ähnlich. Das Gefühl der Verbundenheit, das sie in seiner Nähe empfand, hatte sie nicht getrogen.
»Danke, dass Sie es mir gesagt haben, Colonel Farr«, sagte sie leise. »Ich fürchte, Sie haben recht.«
»Sie wissen doch, dass ich nicht gern verliere.« Der Dampf stand noch immer so dicht in der Kabine, dass sie Farrs Gesicht kaum erkennen konnte, aber sie wusste, dass er lächelte.
»Schon gar nicht gegen eine Frau, nicht wahr?«
»Das kommt ganz auf das Spiel an.«
Sie spielten sich die Sätze zu wie Pingpong-Bälle, obwohl der Ausgang längst feststand.
»Ist es denn eins?«
»Nein ...«
Es war noch immer der gleiche Ort, aber der weiße Dampf verbarg sie nun nicht mehr voreinander, sondern hüllte sie ein wie ein schützender Kokon – eine winzige Insel der Wärme und Vertrautheit auf einer verlorenen Menschensiedlung am Ende der Welt.
»Wieso glaubst du, dass sie überhaupt wiederkommen?«, fragte sie später in ihrem Apartment. Miriam hatte sich umgezogen und Tee gekocht, dessen Duft den kleinen Raum mit einem fremdartigen Aroma füllte.
Ihre Wandlungsfähigkeit setzte Farr in Erstaunen. Allein in den letzten Stunden hatte sie von der di sziplinierten Technik-Offizierin über die ehrgeizige Sportlerin und die verletzliche Geliebte bis hin zur offenherzigen Gastgeberin fast jede erdenkliche Rolle ausgefüllt, ohne dass Farr auch nur einen Augenblick lang geglaubt hatte, sie spiele ihm etwas vor.
Konnte es sein, dass sie das Ganze geplant hatte?
Raymond Farr verwarf den Gedanken augenblicklich. Eine so komplexe Kette von Ereignissen und Emotionen war nicht im voraus zu planen. Dennoch hatte Miriams Interesse an den Burgons etwas an sich, das ihn irritierte. Es war beinahe ... fanatisch .
»Weil wir sie bei Joyous Gard nicht vernichtet, so ndern nur zurückgeschlagen haben«, dozierte er schließlich, ohne die Frau direkt anzusehen. »Das war im Übrigen mehr, als zu erwarten gewesen war. Über die Gründe ist viel geschrieben worden, aber die entscheidenden Punkte sind mittlerweile unstrittig.«
»Die Lichtbomben, nicht wahr?«
»Das war Balinas‘ Idee und vermutlich ein Überraschungsmoment. Offenbar arbeiteten die visuellen Systeme der Burgons ausschließlich auf biologischer Basis. Irisblenden sind nun einmal langsamer als Polarisationsfilter. Man darf nicht vergessen, dass die Goleaner zwar begnadete Biowissenschaftler waren, aber keine Techniker. Nur werden sie den gleichen Fehler bestimmt nicht zweimal begehen.«
Die Frau nickte und nippte an ihrer Teeschale. I hre Sitzhaltung mochte fernöstlichen Geisha-Traditionen entsprechen, für ein unbefangenes Gespräch war sie weniger geeignet. Jedenfalls kostete es Farr mehr Anstrengung, nicht dorthin zu schauen, als Miriams Fragen zu beantworten.
»Und der zweite Grund?«
»... war waffentechnischer Natur. Die Flammenwerfer der Burgons sind im freien Raum nutzlos – kein Sauerstoff, keine Flamme. Das war vermutlich auch der Grund, weshalb sie bis dahin jeder Konfrontation mit dem Militär aus dem Wege gegangen sind. Ihre Gefechtsfeldlaser hatten dagegen offenbar nur eine begrenzte Reichweite und zudem den entscheidenden Nachteil, dass sie die eigene Position verrieten – wie nach der Zerstörung des Falken . So blieb ihnen am Ende nur die Flucht.«
»Aber du glaubst trotzdem, dass sie es wieder ve rsuchen werden?«
Für einen Moment trafen sich ihre Blicke, und Farr registrierte überrascht, wie hart ihre Züge plöt zlich wirkten. Aber vielleicht war es auch nur das Spiel von Licht und Schatten – Miriam hatte im ganzen Raum Kerzen verteilt – , das diesen Eindruck hervorrief.
Welchen Grund sollte eine Frau ihres Alters auch haben, diese alten Geschichten persönlich zu ne hmen?
Er wärmte sich an ihrem Lächeln und trank von se inem Tee, dessen Geschmack ihm fremdartig und vertraut zugleich erschien wie ein vergessen geglaubter Duft aus der Kindheit.
»Die gleiche Frage habe ich damals Balinas g estellt«, erwiderte er bedächtig. »Es war am Tag vor seinem Verschwinden.«
»Und?« In ihrer Stimme lag keinerlei Ungeduld, und ihre Haltung blieb vollkommen entspannt. Vie lleicht maß sie der Antwort tatsächlich keine
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