Diebe
Zeichen der Anerkennung. »Gut«, sagt sie, »das hilft, die Rechnungen zu bezahlen – dauernd sind wir am Zahlen, wie’s aussieht.« Sie steckt das Geldbündel in die Tasche. »Was gibt’s zu dem Etui hier zu erzählen, Demi?«
»War nicht ganz einfach. Du weißt, was ich mein, Fay. Baz und ich mussten ordentlich sprinten, wegen den Greifern.« Baz schweigt und lässt Demi erzählen, obwohl er eigentlich bloß ein paar Meter gerannt ist, bevor er es sich hinten auf der Straßenbahn gemütlich machen konnte. »Und, wie findst du’s, Fay? Wir haben’s uns geschnappt und dir mitgebracht.« Er wirft theatralisch die Arme hoch, so wie er es sich von Älteren abgeguckt haben mag, aber weil er noch klein ist, sieht das ziemlich komisch aus.
»Wo hast du’s her, Demi?«
»Aus’m Capricia. ’n schicker Juwelierladen im Nobelviertel.«
»Ich kenn das Capricia.« Fay hält das Etui wie abwägend in beiden Händen. Sie benimmt sich genau wie Demi und Baz vorher, zögert das Öffnen hinaus, um das Vergnügen zu erhöhen. Plötzlich aber verschärft sich ihr Ton: »Wieso machst du das, in ’nem Laden klauen? Wie oft hab ich dir das schon gesagt! Die haben Kameras. Du bist bescheuert, in so’n Laden zu gehn. Jede Polizeiwache in der Stadt hat jetzt dein Gesicht auf’m Monitor ...«
»Hey, Fay, weiß ich doch. Musst mir nicht mit dem alten Kram kommen. Hab mir das Ding gekrallt, als die Frau aus dem Laden raus ist. Jetzt mach doch die Schachtel mal auf – oder willst du hier rumstehn und uns anmotzen für das, was wir dir mitgebracht haben?«
»Okay. Schaun wir mal. Vielleicht ist bloß Modeschmuck drin. Vielleicht auch was Hübsches, das ich verkaufen kann – dann kriegt ihr alle ’n Teller mit Mama Balis fetten Würstchen.«
Aber als sie dann den Deckel abhebt, bleibt ihr fast die Luft weg. So hat Baz sie noch nie reagieren sehen – nicht einmal auf die dicksten Geldbündel. Fay hält den Ring ins Licht und in dem Edelstein beginnen tausend blaue Pünktchen zu glitzern. »Wahnsinn«, sagt sie. »Schaut mal. Das ist echt was Besonderes«, haucht sie. Sie fasst Demi an der Schulter und zieht ihn ein Stück zu sich heran, damit auch er es sehen kann. »Wie ’n Fingerhut voll blauem Eis.« Wenn Baz Eis gesehen hat, dann bisher bloß in Gefrierschränken oder in Getränken, und es war niemals blau.
Demi schaut nicht den Stein, sondern Fay an – als würde er darauf warten, dass sie sich herunterbeugt, ihn umarmt und ihm einen Kuss gibt. Aber Fay hat nur Augen für den Ring.
»Wem hast du das Teil abgenommen?«
»Irgend so ’ner Frau halt.«
»Wahrscheinlich ’ner reichen Frau«, sagt Fay. »Egal, wem der Ring jetzt fehlt, er wird nicht glücklich drüber sein. Gut möglich, dass die Geschichte ’n bisschen Staub aufwirbelt. Sei auf jeden Fall vorsichtig«, sagt sie zu Demi, »und lass bloß nix darüber raus – kein Sterbenswörtchen.« Sie wendet sich den übrigen Mitgliedern der Bande zu. »Kommt her, Jungs, und schaut euch an, zu was ihr’s bringen könnt, wenn ihr so geschickt seid wie Demi.«
Sie scharen sich um den Ring. Raoul versucht ihn in die Hand zu nehmen, aber da gibt Fay ihm einen kleinen, nicht böse gemeinten Klaps. Die kleineren Jungen schauen den Ring an, finden aber nichts daran, was sie begeistern könnte. Miguel macht große Augen und leckt sich mit der Zungenspitze die Lippen.
»Bringt mir was mit, was bloß halb so wertvoll ist wie der Ring hier, dann könnt ihr euch euern Unterhalt endlich selber verdienen. Aber ihr dürft keinem was von dem Ring erzähln, wirklich keinem. Ihr wisst, was mit Jungs passiert, die den Mund nicht halten können.« Mehr braucht sie nicht zu sagen. Die Jungen schauen sie mit ernsten Gesichtern an. Sie wissen Bescheid. Fay lächelt. »Hier.« Sie zieht einen schmierigen Fünfdollarschein aus dem kleinen Lederbeutel, den sie an einem Riemen um den Hals trägt. »Holt euch bei Mama Bali was zu trinken. Wenn ihr wieder da seid, gibt’s was zu essen – aber keinen Ton über den Ring, zu niemandem! Habt ihr verstanden? Raoul, du auch!« Sie lacht. Die Jungen lachen nicht, aber als Raoul den Geldschein an sich genommen hat, drängen sie alle zur Bude hinaus. So ein Extravergnügen gibt’s nicht jeden Tag.
»Gute Jungs«, sagt Fay, als sie draußen sind, »nicht so wie dieser Paquetito. Der war drauf und dran, uns Ärger zu machen.« Sie merkt, dass Demi was sagen will, und hebt den Finger. »Sei lieber still. Vorbei ist vorbei.« Dann hält sie den
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