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Dies Herz, das dir gehoert

Dies Herz, das dir gehoert

Titel: Dies Herz, das dir gehoert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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kleinen Geräuschen. Es ist wie ein Wespenschwarm, der gleich losbrechen wird. Es klingt wie ein Dampfkessel, an dessen Ventile der Heizer Gewichte gehängt hat.
    »Zehn Neger für Hochofenarbeit verlangt!«, ruft der eine Pförtner mit brüllender Stimme.
    Aus dem einen Schwarm klingt es wie ein triumphierendes Jubelgeschrei, aus dem andern wie ein geller, plötzlich erpresster Seufzer der Enttäuschung.
    Ein Neger läuft auf die Pforte zu. Ein weißer Mann springt ihn von der Seite an, der Gummiknüppel des Pförtners langt aus. Der Weiße fällt zusammen, aber auch der Neger stürzt, über ihn fallen die nächsten ...
    In der Sekunde darauf ist alles ein wüstes, tobendes Gebalge, eine Schlägerei. Ganz hinten, wo es völlig aussichtslos ist, dass sie zum Tore gelangen, prügeln sie sich. Es prügeln sich Weiße mit Schwarzen, Schwarze mit Weißen, Schwarze mit Schwarzen, Weiße mit Weißen ... Die Gereiztheit des stundenlangen aussichtslosen Wartens entlädt sich. Heulen und Stöhnen, Wutschreie und Seufzer ...
    Nur die Pförtner, die kampfgewohnten alten Preisboxer, behalten den Kopf oben, das Auge klar. Unermüdlich teilen sie die Schläge ihrer Gummiknüppel aus, auf Köpfe, in aufseufzende Gesichter hinein. Sie verteidigen das Tor, bis es ihnen gelungen ist, den zehnten von den schnellsten, listigsten, kampfkräftigsten Negern durchzulassen. Dann fällt es klirrend zu, und schon schrillen draußen die Wagen der Werkpolizei, die mit Gummiknüppeln die Streitenden trennen, den Platz säubern. Es werden heute keine weiteren Engagements vorgenommen.
    Von der Erregung des Kampfes aufgerüttelt, hat Johannes Wiebe seinen Aufseher fest am Arm gepackt.
    »Das ist grauenhaft«, murmelt er. »Das ist schrecklich!«
    »Es ist das Gesetz des Stärkeren«, sagt der Aufseher und löst seinen Arm aus dem umklammernden Griff. »Wir hier in den Staaten glauben daran, dass der Stärkere ein größeres Recht zu leben hat.«
    »Es ist viehisch!«, flüstert Johannes Wiebe wieder.
    Ein großer langbeiniger Neger, der letzte der Glücklichen, läuft, mit allen Zähnen lachend, an ihnen vorüber.
    »O Misto!«, ruft er begeistert. »Was ein Spaß! Ich ihm mit Fuß in Bauch getreten, ich glauben, ihm platzen die Gedärme ...!«
    Und läuft immer noch lachend weiter zum Anstellungsbüro.
    »So«, sagt der Aufseher. »Und nun wollen wir wieder zu Ihren acht Muttern zurückkehren. Ich denke, Sie werden sie jetzt etwas begehrenswerter finden!«
    Und er schickt sich an zu gehen.
    »Nein!«, sagt Johannes Wiebe, aus tiefen Gedanken erwachend. »Nein!«
    »Was heißt das, alter Junge? Kommen Sie, wir haben über eine Stunde vertrödelt, machen Sie jetzt ein bisschen flink. Ich glaube, die Lehre sitzt – sie hat bisher allen Faulen noch auf die Beine geholfen.«
    »Mir nicht!«, sagt Johannes Wiebe entschlossen. »Ich mache nicht mehr mit.«
    »Sie geben die Arbeit auf, eine Fünf-Dollar-Arbeit, jetzt, wo der Winter vor der Tür steht? Nachdem Sie das gesehen haben?«
    »Ja, ich geb sie auf, weil ich das gesehen habe. Ich kann in  diesem Lande nie leben und arbeiten. Ich fahre nach Haus!«
    »In euer Deutschland, wo jetzt jeder von Diktatoren geknechtetist?! Mensch, aus Gottes eignem Land, dem freiesten Land der Welt?«
    »Ja, mein Deutschland, nach Haus!«
    Der Aufseher kopfschüttelnd: »Nie wieder zeige ich einem Deutschen so was! Ihr reagiert immer anders als die vernünftigen Amerikaner ... Ich verstehe euch nicht.«
    »Gott sei Dank!«
Der Heimkehrer
    Es hatte ganz richtig geschienen, in Zorn und Empörung, im Überdruss und im Ekel, die Arbeit hinzuwerfen. Aber als dann Johannes Wiebe abends auf seinem trostlosen Zimmer saß, seine Bohnen löffelte, schien es nicht mehr ganz so richtig. Es war ja doch Feigheit, so heimzukehren. Er war nichts geworden, und er hatte nichts erreicht. Er hatte nicht einmal fertiggebracht, was Tausende, Zehntausende mühelos fertigbrachten, was jeder hirnlose Neger konnte: acht Schraubenmuttern rechtzeitig aufzusetzen, einen Monat lang, zehn Monate lang, hundert Monate lang ...
    Wenn er es der Mutter zu erklären versuchen würde, würde sie bestenfalls sagen: »Du hast ganz recht, das ist keine Arbeit für einen Wiebe!« Der Bruder aber würde nur stillschweigend, aber überlegen grinsen und bei sich denken: ›Natürlich, das Bürschlein! Kann nichts, versteht nichts, hält nirgends aus – aber den Kopf hat er voll großer Rosinen! Nun, nach diesem werden wir ihn schon kurzhalten!‹
    Er hat

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