Dies Herz, das dir gehoert
(8. April) Im September unterrichtet ihn der Direktor davon, dass sich die verschiedenen Drehbuchfassungen immer weiter von der Vorlage entfernt hätten: »... es wird nicht ganz leicht sein, den Zauber, welchen sie ausstrahlte, wieder einzufangen.« Vorläufig hätte es aber damit noch Zeit, denn die Besetzung mit Frau Leander sei unwahrscheinlich geworden. Man hätte inzwischen andere Aufgaben für sie gefunden.
Nach mehr als zwei Jahren, am 10. Dezember 1942, meldet sich Pflughaupt plötzlich wieder bei Fallada. Man seinun nicht mehr »von Kopf bis Fuß auf Frau Zarah Leander« eingestellt und wolle jetzt das Treatment noch einmal prüfen. Da im Archiv nur noch die von Pflughaupt weniger geschätzte zweite Fassung aufzufinden sei, bittet er Fallada, ihm die erste Fassung noch einmal zu schicken. Das besorgt Fallada umgehend. Schon am 14. Dezember schickt er ein Heft ab, das er, »Schweiß und Blut schwitzend, aus den verschiedensten Exemplaren und Fassungen« zusammengestellt hat. Ein halbes Jahr später, am 30. Juni 1943, schickt Pflughaupt, der bei einem Bombenangriff seine Wohnung verloren hat, die erste und zweite Fassung »als Vorsichtsmaßnahme« an Fallada zurück. Aus der Verfilmung würde vorerst nichts werden. »Der richtige Augenblick hierfür scheint erst einmal verpaßt zu sein. So verbleibt also nur die Hoffnung, daß wir den Stoff später einmal wieder ausgraben können.« Im Februar 1944, nachdem die Ateliers bei einem Luftangriff völlig zerstört worden sind, erhält Fallada noch einmal Nachricht: Er wird gebeten, mitzuteilen, ob er noch ein Exemplar der ersten Fassung besitze. Fallada, derzeit Patient in den Kuranstalten Westend, bestätigt, dass er noch ein Exemplar in Carwitz habe und, wenn gewünscht, die Übersendung veranlassen würde. Aber es folgt nichts mehr, und das ist dann auch das Ende des nie gedrehten Films.
Geblieben sind einige Text-Exemplare – vom Studio hektographierte Fassungen und undatierte Typoskripte, die mit sinnentstellenden Schreibfehlern behaftete Abschriften von Abschriften zu sein scheinen –, wobei unklar ist, welche Arbeitsfassungen jeweils zugrunde liegen und ob sie von Fallada autorisiert sind.
Erhalten geblieben ist das handschriftliche Manuskript mit der Notiz: Begonnen am 2. X. 39 – Beendet am 20. X. 39.Ein Dokument aus der Fallada-Biographie und ein Zeugnis dafür, wie das Erzähltalent Fallada trotz des auferlegten Korsetts Geschichten von Menschen zu erzählen versteht.
Almut Giesecke
Z U DIESER A USGABE
Textgrundlage dieser Ausgabe ist die erste Veröffentlichung des Manuskriptes von Hans Fallada, Dies Herz, das dir gehört (Zuflucht) , die 1994 im Aufbau-Verlag erschien . Diese beruht auf der ersten handschriftlichen Fassung, die sich in der Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin, befindet. Der vorliegende Text wurde in Interpunktion und Ortographie den Regeln der Rechtschreibreform von 2006 angepasst. Häufungen von Satzzeichen (Gedankenstriche, Auslassungspunkte, Frage- und Ausrufezeichen) sind weitgehend auf ein zum Kontext passendes Zeichen reduziert. Die von Fallada nicht immer konsequent eingehaltene Kennzeichnung von gedachter Rede durch einfache Anführungszeichen wurde in allen entsprechenden Fällen angewandt. Versehentlich ausgelassene Wörter oder Dialogteile sind nach einem Typoskript ergänzt, das der Handschrift am nächsten kommt und möglicherweise zu den von Fallada selbst abgetippten Exemplaren gehört. (Es befindet sich im Besitz von Herrn Hans Haupt, Berlin.) Ebenfalls nach diesem Typoskript sind Absätze eingerichtet, überlange, mit Komma verbundene Satzfolgen durch Punkte getrennt und in einzelnen Fällen Wortstellungen geändert. Aus dem Typoskript wurde auch der Name Meisenstraße (in der Handschrift Dieunddiestraße) für die Straße, in der sich die Fabrik der Wiebes befindet, entnommen. Vom Autor verwechselte Namen wurden korrigiert.Die im Nachwort zitierten Briefe von Fallada, H. M. Ledig, C. Froelich und F. Pflughaupt befinden sich ebenfalls in der Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin. Bei der Wiedergabe der Zitate wurden offensichtliche Schreibfehler korrigiert.
A. G.
Informationen zum Buch
Es sollte eigentlich ein Film werden, mit Zarah Leander und Mathias Wieman in den Hauptrollen. In 16 Arbeitstagen, im Schreibfieber wie immer, bringt Fallada das Manuskript zu Papier. Am 5. November 1939 sendet er es dem Tonfilmstudio Carl Froelich & Co., doch sein Auftraggeber ist unzufrieden. Es
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