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getroffen, der auf so eine gute, altmodische Art verbindlich ist.
Anfang Mai gehen wir in einem französischen Restaurant essen, wieder spinnt sich die Unterhaltung ins Unendliche, wir vergessen die Zeit, bis der Besitzer uns daran erinnert, indem er die Stühle hochstellt. Obwohl es gar nicht seine Richtung ist, begleitet mich Julian nach Hause. Die Selbstverständlichkeit und Absichtslosigkeit seines Nettseins zwingt mich an diesem Abend in die Knie. Zum Abschied küssen wir uns.
Meine Mitgliedschaften bei Parship und ElitePartner laufen aus. Sollen sie. Es ist Ende Mai, mein Experiment ist zu Ende. Keine Ahnung, wie es mit Julian und mir weitergeht. Wir sind kein Paar, aber wir sind auch nicht nichts. Diesen Partner vorerst zu den Favoriten hinzufügen. Ein ganzer Sommer liegt vor uns. Wär doch gelacht.
Ausblick
Seit der Romantik war die Liebe »ein die Urteilskraft überwältigendes und das Liebesobjekt bis zur Blindheit idealisierendes Gefühl« (Illouz). Heute ist das Spiel der Gefühle gegen die Urteilskraft mindestens wieder unentschieden. Die Vernunft hat ein ziemliches Comeback hingelegt.
Verschiedene Entwicklungen haben diesen Wandel ausgelöst: Das digitale Zeitalter hat zu einer zwischenmenschlichen Globalisierung geführt. Partnersuchende können heute aus einem Pool von Millionen von Singles schöpfen. Gleichzeitig hat die Hyper-Individualisierung dazu geführt, dass wir uns in diesem unendlichen Angebot mehr denn je nach dem Premium-Produkt sehnen: Wenn wir die Ich- AG schon zur Fusion freigeben, dann bitte schön mit jemandem, der alle Anforderungskriterien erfüllt. Der therapeutische Diskurs wiederum hat zu einem gesteigerten Bewusstsein für Beziehungsarbeit geführt. Und nicht zuletzt ist die Forschung der Liebe mit Studien, Statistiken und Matching-Verfahren zu Leibe gerückt. Das Wissen darüber, was eine gute Paarbeziehung ausmacht, was glückliche Ehen eint und andere scheitern lässt, ist noch nie in der Geschichte der Menschheit so groß gewesen wie heute.
Wenn man über solche Themen schreibt, läuft man immer Gefahr, skeptisch oder pessimistisch zu klingen, gerade wenn es um die Folgen technologischer Veränderungen geht. Ich habe versucht, das zu vermeiden. Wie sollte ich mir ein Urteil erlauben, wo ich selbst inzwischen so viele glückliche Paare kenne, die sich genau so kennengelernt haben? Auch wenn für mich persönlich die Partnersuche mittels ElitePartner und Parship nicht funktioniert hat – für Millionen von Deutschen tut sie das. Ich habe im Zuge meiner Recherche bezaubernde Liebesgeschichten gehört.
Doch das Machbarkeitsversprechen der Single-Industrie verlangt den Suchenden auch einiges ab – eine Erkenntnis, die ich aus den Gesprächen mit den von mir interviewten Singles gewonnen habe, aber auch in meinem eigenen Experiment. Es ist ein Leichtes, im Netz verloren zu gehen, sich zu verzetteln mit den übersteigerten Erwartungen, die diese Anbieter bei einem auslösen.
Ich glaube, viele unterschätzen, dass nicht nur sie etwas mit den Netzwerken machen, die sie für die Partnersuche nutzen, sondern dass diese auch etwas mit ihnen machen. Die Enttäuschungen im shoppingähnlichen Setting der Singlebörsen, die automatisierten Absagen, die Unsicherheit ob des eigenen Marktwerts, das auf-sich-zurückgeworfen-Sein – das alles erfordert eine robuste Psyche. Und manche tragen ein Herz mit Hornhaut davon.
Auch der Verdacht, online entstandene Beziehungen würden sich grundsätzlich von konventionell entstandenen unterscheiden, sie würden oberflächlicher sein, ist leicht zu widerlegen. Die New Yorker Sozialpsychologen Katelyn McKenna und John Bargh zum Beispiel haben herausgefunden, dass die zunächst herrschende Anonymität bei der Anbahnung im Netz das Entstehen stabiler Bekanntschaften sogar befördert, weil man ungehemmter und schneller über tiefer gehende Themen spricht.
Internetlieben sind auch nicht kurzlebiger: Dasselbe Forscherpaar konnte zeigen, dass 71 Prozent der von ihnen untersuchten Online-Dating-Paare nach zwei Jahren noch zusammen waren. Jeder zehnte Studienteilnehmer hat innerhalb von zwei Jahren sogar geheiratet. Und der Stanford-Soziologe Michael J. Rosenfeld, von dem ich im ersten Kapitel erzählt habe, hat in einer seiner Studien herausgefunden, dass sich Online-Dating-Paare auch nicht hinsichtlich der Zufriedenheit in ihrer Beziehung von den Offline-Paaren unterschieden. Das haben sämtliche der von mir interviewten Paare bestätigt: Es spielt
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