Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
machen. Da die Riesenmaschine bisher noch immer recht behalten hat, kann man sich schon einmal darauf einrichten, dass demnächst folgende Dienstleistungen und Geräte auf den Markt kommen werden:
1. Die Produktivitäts-Vorhersage
Sie sagt einem schon morgens, ob es überhaupt Sinn hat, heute auch nur ans Arbeiten zu denken oder ob man sowieso den ganzen Tag nur prokrastinieren wird. Aus dem Produktivitätsverhalten der letzten Tage und physiologischen Messwerten extrapoliert sie probabilistische Aussagen über die Produktivität der nächsten 24 Stunden: «Schwach ausgeprägter, flüchtiger Arbeitswille gegen zehn Uhr, kurze Arbeitsanfälle über den Nachmittag verstreut, abends ruhig. Arbeitswahrscheinlichkeit 5 – 15 Prozent». Der Vorteil für den Benutzer: So wie man bei vorhergesagtem Regen gar nicht erst vor die Tür geht, kann man jetzt einfach im Bett bleiben, wenn geringe Produktivität prophezeit wird. Am Abend ist man ausgeruht und vermeidet zudem das blöde Gefühl, den ganzen Tag trotz großer Anstrengungen nichts geschafft zu haben.
(Aleks Scholz)
2. Der Stressgenerierungsservice
Diese Dienstleistung kann gebucht werden als anonymes Geschenk für Freunde und Bekannte, von denen man weiß, dass sie nur unter Druck gut arbeiten können. Bestellt mandas preisgünstige Basisangebot, so bekommt der Empfänger am Tag der allerletzten Deadline einmal pro Stunde telefonisch den Hauptgewinn bei einem Gewinnspiel mitgeteilt bzw. die Möglichkeit, sich an einer Meinungsumfrage zum Thema Lebensversicherungen zu beteiligen. Das Aufbaupaket umfasst mehrere Haustürbesuche von Menschen, die einem nachdrücklich einen Wechsel des Stromversorgers/des Telefonanbieters/der Religionsgemeinschaft ans Herz legen. Das «Rundum sorgenvoll»-Premiumprogramm führt darüber hinaus in zunehmender Frequenz Computerabstürze herbei.
(Klaus Cäsar Zehrer)
3. Der Parallelvisomat
Der Parallelvisomat ist ein kleines Gadget mit einem hochauflösenden 1 6-Millionen -Farben-Display, das einem eine Realität in einem nicht allzu weit entfernten Paralleluniversum zeigt (die Welt, in der Hitler den Krieg gewonnen hat, lässt sich erst auf dem Nachfolgemodell betrachten). Wenn man also eigentlich noch an einem Projekt arbeiten müsste, aber gleichzeitig Champions League läuft, kann man nun beruhigt in eine Kneipe gehen und das Spiel gucken. Der Parallelvisomat zeigt einem, was passiert wäre, wenn man den Schreibtisch nicht verlassen hätte: Natürlich hätte man in der Zeit nur verzweifelt herumprokrastiniert und kann entsprechend die Alternativtätigkeit reuelos genießen – besonders vor einer «Noch ein Bier?»-Entscheidung lohnt sich ein Blick!
(Michael Brake)
4. Das Erdrotationsentschleunigungsprojekt
Wie allgemein bekannt ist, verringert sich die Erdrotationsgeschwindigkeit aufgrund der Gezeitenreibung kontinuierlich, die Taglänge steigt pro Jahr um ca. 17 Mikrosekunden. Dasist natürlich viel zu wenig! In naher Zukunft wird es daher ein groß angelegtes und von sämtlichen Staaten unterstütztes Projekt geben, das die Erdrotation auf etwa 30 bis 40 Prozent des heutigen Standes reduziert. Der Tag vor der Abgabe, bekanntermaßen der einzige Zeitraum, in dem konzentriertes Arbeiten an einem Projekt überhaupt möglich ist, wird sich auf diese Weise auf 60 – 72 Stunden verlängern.
(Michael Brake)
5. Die Schwarzarbeitsreform
Dieser Entwicklung liegt die wirtschaftswissenschaftliche Einsicht zugrunde, dass Schwarzarbeit nicht etwa aus Kostengründen floriert, sondern weil sie so unkompliziert ist. Nach einer fünfjährigen Übergangslösung «Schwarzarbeitspauschale zum Ankreuzen in der Steuererklärung» greift daher eine Reform, die reguläre Arbeit von allem Verwaltungsaufwand freistellt, während gleichzeitig Schwarzarbeit nur noch nach Anmeldung, Schlangestehen auf Ämtern und Ausfüllen umfangreicher Formulare möglich ist. Scharfe Kontrollen sichern die Einhaltung.
(Kathrin Passig)
6. Das iProcrastinate
Das kurz iProc genannte Gerät kann alles, hat aber meistens keine Lust dazu. Die MP3 s, die man am Montag hören wollte, wird es kaum vor Donnerstag abspielen, zur Überbrückung zeigt es fadenscheinige Ausreden an («Musik wurde bereits an die Lautsprecher gesendet, müsste dort jeden Moment ankommen»). Seine Auslöseverzögerung beim Fotografieren kann mehrere Wochen betragen. Dabei arbeitet es unermüdlich an unbestimmten Prozessen, die ihm selbst
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