Diplomat Im Abseits
leid, daß wir Sie so spektakulär abholen mußten«, eröffnete der Kommissar das Gespräch. »Aber die Dinge drängen zur Entscheidung. Wir haben jetzt eine begründete Vermutung, daß der telefonische Kontakt zwischen Ihrer Frau Bari und Subin Tairong in einem engen Zusammenhang mit dem Tod der beiden steht. Die Indizien – und nur darauf können wir uns stützen – deuten darauf hin, daß Subin Tairong an einen üblen Mädchenhändler geraten ist und Ihre Frau um Hilfe gebeten hat. Die beiden haben sich offensichtlich gekannt. Vielleicht gibt es sogar eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen ihnen, aber das ist jetzt unerheblich. – Bleiben Sie bei der Aussage, daß Sie Subin Tairong nie begegnet sind?«
»Ja, so ist es. Ich kenne allerdings kaum jemanden aus Baris früherer Umgebung. – Was werfen Sie mir also vor?«
»Wir haben Sie bisher als Zeuge vernommen, wenn auch im Hintergrund ein Tatverdacht aufgekommen ist. Eine offene und ehrliche Beantwortung weiterer Fragen liegt auch in Ihrem Interesse. – Amara Javakul hat eingeräumt, daß sie Frauen aus Südostasien betreut hat. Aus unserer Sicht ist es aber mehr als eine Betreuung gewesen; sie dürfte den Nachschub organisiert haben. – Wußten Sie davon?«
Botho von Campen sah den Kommissar offen an. »Gewußt habe ich es nicht, aber ich hätte es mir denken können. Frau Javakul hat mich manchmal auf junge Damen aufmerksam gemacht, die sich in ihrer Begleitung befanden. Beim letzten Flug nach Swirnabad hat sie mir von einer Thailänderin erzählt, die in Deutschland einen reichen Mann heiraten wollte. Über ihre Bemerkung Jungfrau nach Katalog habe ich hinweggehört. – Liebe macht doch wohl blind.«
»Nun ja, strafrechtlich ist das alles für uns nicht relevant«, stellte Freiberg fest. »Aber es gehört zum Bild des Verbrechens, das sich abzuzeichnen beginnt. Ferner gehört dazu, daß Frau Javakul unter Ausnutzung ihrer Stellung als Purserette Kunstschätze nach Deutschland gebracht hat – und zwar ohne Zoll zu entrichten. An den erforderlichen Ausfuhrpapieren ihres Heimatlandes dürfte es wohl auch gefehlt haben. – Was ist Ihnen darüber bekannt?«
»Ich möchte nicht gegen…« setzte von Campen an.
Freiberg unterbrach ihn. »Vorsicht – Sie haben kein Zeugnisverweigerungsrecht, es sei denn, daß Sie sich selbst einer Straftat bezichtigen. Als Angeschuldigter dürfen Sie sogar lügen.«
Erstmals ging etwas wie ein Lächeln über von Campens Gesicht. »Aber nein, für mich gibt es keinen anderen Grund zu schweigen als den der Courtoisie. Darum werden Sie mir gestatten, daß ich mich vorsichtig ausdrücke. – Amara, pardon, Frau Javakul hat – nach ihren Worten – Aufträge für ihren Vater, einen angesehenen Kunsthändler in Swirnabad, erledigt. Ich habe ihn in seinem Haus am Meer besucht und war beeindruckt; es ist voll erlesener Kunstschätze, unbezahlbare Stücke. Aber an den Aktivitäten der Tochter, mögen sie legal oder illegal sein, war ich niemals beteiligt. Aber eins stimmt – niemand hätte den Transport der zumeist kleinen Kunstwerke nach Europa besser erledigen können als eine Stewardeß, die zwischen den Kontinenten hin und her fliegt.«
»Also haben Sie von diesen Aktivitäten gewußt!« insistierte Freiberg.
»Ja, aber was soll daran verwerflich sein?«
»Bisher nichts – für uns jedenfalls nicht; doch bei einer Heirat hätte das bald ganz anders aussehen können.«
Botho von Campen sah schräg von der Seite hoch. »Worauf wollen Sie mit Ihren Fragen hinaus, Herr Kommissar?«
»Wir wollen uns ein Bild von den Zusammenhängen machen, in dem Sie eine unglückliche, um nicht zu sagen tragische Rolle spielen. Und dieses Bild sieht so aus: Paolo Muskitus, Inhaber mehrerer Asiatica-Geschäfte, zum Beispiel in Hamburg und Bonn, ist zugleich Chef der Heiratsagentur ›Felicidad‹, die den Sexmarkt bedient. Er kennt Amara Javakul – sagen wir – recht gut und arbeitet seit längerer Zeit mit ihr zusammen. Sie hat ihm junge Frauen aus Südostasien als Katalogware zugeführt und außerdem fleißig geholfen, seinen Kunsthandel mit Kostbarkeiten aus diesem Raum zu versorgen. Ihre Eheschließung mit einem Diplomaten hätten beide Arten von Geschäften erleichtert und auf einem höheren Niveau abgesichert – das darf man doch annehmen?«
Botho von Campen nickte.
»Subin Tairong«, fuhr Freiberg fort, »war eine der Frauen, die auf dem Hamburger Sexmarkt verkauft worden sind. Sie hat, wie wir vermuten, Ihre Frau Bari
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