Diplomat Im Abseits
angerufen und sie um Hilfe gebeten. Ihre Frau hat offensichtlich diese Geschäftspraxis durchschaut und Muskitus mit Anzeige gedroht. Dafür mußten beide sterben.«
»Mein Gott!«
»Wir können Ihnen jetzt versichern, Herr von Campen, daß wir alle Verdachtsmomente, die sich gegen Sie aufgebaut hatten, entkräften konnten.«
»Im Auswärtigen Amt bin ich auch so erledigt.«
»Die Zeit wird darüber hinweggehen«, versuchte Freiberg zu trösten.
»Vielleicht. Aber semper aliquid haeret; immer bleibt etwas hängen. Ich habe heute meine Entlassung aus dem Auswärtigen Dienst beantragt – ohne Angabe von Gründen. Der Brief ist schon unterwegs.«
»War das nicht überstürzt gehandelt? Wovon wollen Sie dann leben?«
Botho von Campen ließ erkennen, daß er sich befreit fühlte. »Ich habe Freunde in Kenia, die mir schon vor einiger Zeit eine Dozentur an der Universität von Nairobi in Aussicht gestellt haben. Mein Ziel als Anthropologe war es ohnehin, die Entwicklungsgeschichte der Bantuvölker zu erforschen. Gleich nach der Erledigung der Formalitäten hier werde ich Deutschland verlassen und in Afrika einen neuen Anfang suchen.«
Freiberg stand auf. »Ich danke Ihnen für Ihre offenen Worte. Die Zeugenvernehmung ist damit beendet. Bitte schauen Sie morgen noch einmal herein, um Ihre Aussagen zu unterschreiben.«
Auch Botho von Campen hatte sich erhoben. Er gab dem Kommissar die Hand und nickte Lupus und Fräulein Kuhnert zu. Dann drehte er sich abrupt auf dem Absatz um und verließ mit einem »Adios« den Raum.
Fräulein Kuhnert legte den Stenostift aus der Hand. »Der Herr Diplomat dürfte aber erleichtert sein! Wie schnell kann doch ein Mensch in Verdacht geraten.«
»Er hat überall Pech – in der Liebe und im Spiel«, sagte Freiberg. »Lupus, was ist mit dir los – du hast dich so vornehm zurückgehalten?«
»Ich habe ziemlich falsch gelegen mit meinen Spekulationen über von Campen. Meine Zurückhaltung war so eine Art Wiedergutmachung. Aber ich möchte wetten, daß die nächste Ehefrau tief braun und von der Art Herrenschokolade sein wird, die wahre Männer – jedenfalls in der Fernsehwerbung – so schätzen.«
»Kein Widerspruch, Euer Ehren!« erklärte Freiberg. »Und jetzt werden wir uns der südostasiatischen Kunst zuwenden.«
23
Kriminalhauptmeister Müller hatte noch einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Zwei Uniformierte sicherten den Gang und zwei weitere das Treppenhaus. Erst dann ging er zu Paolo Muskitus in das Wartezimmer, der ihm erwartungsvoll, aber schon ein wenig unruhig entgegensah.
»Würden Sie bitte aufstehen und sich umdrehen!« forderte Lupus mit einer Stimme, die nichts Gutes verhieß.
»Aber…«
»Los – umdrehen!«
Diese Sprache wurde verstanden. Lupus tastete den Mann ab, fand aber keine Waffen. »Und jetzt dort hinüber! Kriminalhauptkommissar Freiberg wird Sie vernehmen. Die Reisetasche bleibt hier.«
Mehr geschoben als vom eigenen Willen geleitet, betrat Paolo Muskitus das Zimmer 306.
Freiberg hatte nur einen kurzen Gruß angedeutet. Lupus setzte sich so, daß er jederzeit die Tür blockieren konnte. Schon die ersten Fragen zur Person ließen die Spannung im Raum erkennen.
»Herr Muskitus«, sagte Freiberg nach den Präliminarien, »wie wir von unseren Hamburger Kollegen erfahren haben, sind Sie nicht nur der Inhaber des dortigen Asiatica-Antiquariats, sondern auch der Heiratsagentur Felicidad, die Frauen aus Südostasien vermittelt. – Ist das zutreffend?«
Der Gefragte nickte.
»Sie haben die gerade achtzehnjährige Subin Tairong an einen Kaufmann Naval vermittelt. – Stimmt das?«
Abermals nur ein kurzes Nicken.
»Haben Sie eine Erklärung dafür, warum diese Frau im Bordell Babylon in St. Georg gelandet ist?«
Paolo Muskitus lächelte überlegen. »Ich nehme an, daß die von ihr erklärte Eheabsicht nur ein Vorwand war, um nach Deutschland einreisen zu können. Den meisten dieser Mädchen geht es doch nur darum, die schnelle Mark im horizontalen Gewerbe zu machen. Das wäre nicht der erste Fall dieser Art.«
»Für Geschäftsleute Ihrer Art mit Sicherheit nicht«, fuhr Lupus ihn an. »Aber für das Mädchen schon.«
»Nicht mein Problem«, konterte Muskitus cool. »Ich habe eindeutige Verträge abgeschlossen und korrekt eingehalten. Das kann alles jederzeit bei mir eingesehen werden.«
»Haben Sie sich den Paß Ihrer Liebesdienerin angesehen?«
»Selbstverständlich, gründlich sogar. Der war in Ordnung – das Visum
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