Doctor Sleep (German Edition)
Zigarette in den Mund und musste sie dann mit dem Streichholz verfolgen, weil seine Hand zitterte und seine Lippen ebenfalls. Danny sah erstaunt, dass in Dicks Augen Tränen standen.
Da er nun wusste, wo die Geschichte hinführte, fragte er: » Wann ist er wiedergekommen?«
Dick nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und lächelte, als er den Rauch ausstieß. »Um das zu kapieren, musstest du mir nicht mal in den Kopf schauen, was?«
»Nein.«
»Sechs Monate später. Irgendwann bin ich von der Schule heimgekommen, und er lag nackt auf meinem Bett. Sein halb verfaulter Schwanz war in die Höhe gereckt. ›Los, komm, setzt dich da drauf, Dickie-Bird‹, hat er gesagt. ›Wenn du mir tausend Hiebe verpasst, kriegst du von mir zweitausend .‹ Ich hab geschrien, aber es war niemand da, der mich gehört hat. Meine Eltern waren beide bei der Arbeit, meine Ma in einem Restaurant und mein Dad in einer Druckerei. Ich bin rausgerannt und hab die Tür zugeknallt. Da hab ich gehört, wie der Schwarze Opa aufsteht … rums … und durchs Zimmer geht … rums-rums-rums … und was ich als Nächstes gehört hab, waren …«
»Fingernägel«, sagte Danny mit kaum vorhandener Stimme. »Die an der Tür gekratzt haben.«
»Genau. Ich bin nicht wieder reingegangen, bis abends, als meine Eltern beide zu Hause waren. Da war er fort, aber es gab … Überreste.«
»Klar. Wie in unserem Bad. Weil er am Verfaulen war.«
»Genau. Ich hab das Bett alleine frisch bezogen. Das konnte ich, weil meine Mutter es mir schon zwei Jahre vorher gezeigt hat. Sie hat gesagt, ich wär zu alt, um noch eine Haushälterin zu brauchen; Haushälterinnen wären bloß was für kleine weiße Jungs und Mädchen wie die, um die sie sich gekümmert hatte, bevor sie den Job in Berkin’s Steak House bekommen hat. Etwa eine Woche später sehe ich den alten Schwarzen Opa im Park auf einer Schaukel sitzen. Er hatte seinen Anzug an, aber der war von oben bis unten mit grauem Zeug bedeckt – wahrscheinlich Schimmel, der in seinem Sarg darauf gewachsen ist.«
»Ja«, sagte Danny. Es war ein schwaches Flüstern. Mehr brachte er nicht heraus.
»Sein Hosenladen stand offen, und sein Ding hat rausgeragt. Tut mir leid, dass ich dir das alles erzähle, Danny, du bist eigentlich zu jung, so was zu hören, aber du musst es erfahren.«
»Bist du dann zu deiner Weißen Oma gegangen?«
»Das musste sein. Ich wusste nämlich, was du auch weißt: Er wäre einfach immer wiedergekommen. Nicht wie … Danny, hast du schon mal Tote gesehen? Normale Tote, meine ich.« Er lachte, weil sich das komisch anhörte, für ihn und für Danny ebenfalls. »Geister.«
»Ein paarmal. Einmal standen drei davon an einem Bahnübergang. Zwei Jungen und ein Mädchen. Teenager. Ich glaube … vielleicht sind sie da gestorben.«
Dick nickte. »Meistens bleiben sie in der Nähe von dem Ort, wo sie übergewechselt sind, bis sie sich endlich daran gewöhnt haben, tot zu sein, und weiterziehen. Einige von den Leuten, die du im Overlook gesehen hast, waren auch so.«
»Ich weiß.« Die Erleichterung, über solche Dinge sprechen zu können – mit jemand, der Bescheid wusste –, war unbeschreiblich. »Und dann war einmal eine Frau in einem Restaurant. Also in so einem, wo Tische draußen stehen.«
Wieder nickte Dick.
»Durch die konnte ich nicht hindurchsehen, aber außer mir hat niemand sie gesehen, und als eine Kellnerin den Stuhl, auf dem sie saß, an den Tisch geschoben hat, ist die Geisterfrau verschwunden. Siehst du denn manchmal welche?«
»Schon seit Jahren nicht mehr, aber dein Shining ist stärker, als meins es je war. Außerdem nimmt es ein bisschen ab, wenn man älter wird …«
»Toll«, sagte Danny mit Inbrunst.
»… aber ich glaube, du wirst noch massenhaft davon haben, wenn du erwachsen bist, weil du am Anfang so viel hattest. Normale Geister sind nicht wie die Frau, die du in Zimmer 217 und jetzt in eurem Bad gesehen hast. Das stimmt doch, oder?«
»Ja«, sagte Danny. »Mrs. Massey ist echt . Sie lässt Stücke von sich selbst zurück. Die hast du ja selber gesehen. Mama auch. Und sie leuchtet nicht.«
»Gehen wir zurück«, sagte Dick. »Du sollst jetzt sehen, was ich dir mitgebracht habe.«
8
Auf dem Rückweg zum Parkplatz gingen sie noch langsamer, weil Dick außer Atem war. »Zigaretten«, sagte er. »Fang bloß nicht damit an, Danny.«
»Mama raucht. Sie glaubt, ich weiß es nicht, aber ich hab’s gemerkt. Dick, was hat deine Weiße Oma getan? Irgendwas muss sie
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