058 - Der Kampf um den Ring
Sein Name war Tom Majestyk, und er tötete für Geld. Er lebte in den USA, hatte aber viele Jahre in Amsterdam verbracht und kannte sich in dieser Stadt wie in seiner Westentasche aus.
Es war kaum zu glauben, aber Majestyk hatte sogar ein paar Freunde hier. Er würde sie sehen, sobald der Auftrag erledigt war. Zuerst kam immer der Job für ihn.
Diese Einstellung hatte ihm in ganz kurzer Zeit den Ruf der Zuverlässigkeit eingebracht. Auf Tom Majestyk kann man sich verlassen, hieß es. Er ist nicht billig, aber wenn du ihm einen Auftrag gibst, ist er auch schon so gut wie erledigt.
Er war mittelgroß und hatte schwarzes, öliges Haar. Und war verdammt zäh. Man hatte ihn schon viermal umzubringen versucht, doch es war seinen Gegnern nie ganz gelungen.
Immer wieder war er dem Totengräber von der Schippe gesprungen und hatte tödlich zurückgeschlagen.
Sein Körper war mit Narben übersät und gab Zeugnis von einer wilden Vergangenheit. Heute war Majestyk vierzig, und er trug sich mit dem Gedanken, sich zur Ruhe zu setzen und das viele Geld, das er im Laufe der Jahre verdient hatte, zu genießen.
Er war sich noch nicht ganz schlüssig, aber es konnte sein, daß dies sein letzter Kontrakt war.
Da er sein Blutgeld gut angelegt hatte, würde es in Zukunft nicht weniger werden, sondern sich sogar vermehren.
Wozu sollte er also weiterhin Kopf und Kragen riskieren? Er hatte es oft genug getan. Früher war er mit Ehrgeiz und Eifer bei der Sache gewesen, denn er wollte der Beste sein.
Heute gab es diesen dynamischen Antrieb nicht mehr. Er erledigte seine Arbeit manchmal sogar lustlos, hatte sich mit der Zeit abgenützt. Es machte ihm nicht mehr denselben Spaß wie früher, auf Menschenjagd zugehen.
Wenn man diesen Punkt erreicht hat, soll man aufhören. Das sagte sich Tom Majestyk bereits seit einigen Monaten.
Vielleicht hätte er schon diesen Kontrakt nicht mehr übernehmen sollen, aber die Summe, die ihm Gino Zadora dafür geboten hatte, war einfach zu verlockend gewesen. Da konnte er nicht widerstehen.
Außerdem war es nicht vernünftig, einem Mann wie Zadora einen Gefallen zu verweigern.
Der Berufskiller trat an das offene Hotelfenster und zog die Luft tief ein. Er wollte Amsterdam in sich spüren.
Für ihn hatte diese Stadt viele Gerüche. Er roch Wasser, Dieselöl, Käse, Fische… Er roch aber auch Rauschgift, Mord und Drogentote.
Die Grachtenstadt faszinierte ihn mit ihren alten Giebelhäusern, den unzähligen Radfahrern, den vielen Brücken.
Vielleicht würde er sich hier zur Ruhe setzen. In Amsterdam war das Leben nicht so hektisch wie in Chicago, und hier war es für ihn auch nicht so gefährlich wie drüben, denn in Amerika hatte er eine breite Blutspur hinterlassen.
In Europa hatte er erst zweimal gearbeitet. Einmal in Rom und einmal in Paris. Und jetzt bereitete er sich auf den dritten Job vor.
Das Telefon läutete. Tom Majestyk erschrak nicht. Er hatte immer noch gute Nerven. Langsam wandte er sich um und begab sich zum Apparat.
Er hatte ein Gespräch nach Chicago angemeldet. Mit einer fließenden Handbewegung fischte er den Hörer aus der Gabel.
»Ja?«
»Ihr Gespräch nach Chicago, Mr. Majestyk«, sagte die Telefonistin.
»Okay.«
»Tom! Hallo, Tom!« rief jenseits des großen Teichs Gino Zadora. »Bist du gut in Amsterdam angekommen?«
»Der Flug war die reinste Erholung, das Hotel ist gemütlich. Ich war lange weg, aber ich fühle mich hier schon wieder wie zu Hause.«
»Hast du schon was unternommen?«
Majestyk grinste. »Ich bin zwar von der schnellen Truppe, aber so schnell bin ich nun auch wieder nicht.«
»Dieser Bastard muß sterben!«
»Das wird er, verlaß dich drauf, Gino. Dein Bruder ist bei mir in besten Händen.«
»Ruf mich an, sobald du ihn erledigt hast - und laß dir nicht zuviel Zeit damit, es eilt. Luigi darf keine Gelegenheit haben, mir zu schaden. Ich hasse ihn! Dio mio, wie sehr ich ihn hasse! Am liebsten würde ich ihn selbst umbringen.«
»Du kannst das getrost mir überlassen. Ich werde ihm Grüße von dir bestellen, wenn ich ihn vor meiner Kanone habe.«
»Ich warte also auf deinen Anruf. Du kannst mich zu jeder Tages- und Nachtzeit stören. Für gute Nachrichten habe ich immer ein offenes Ohr.«
***
Cruv hob seinen Stock. Der Gnom war viel zu elegant gekleidet für diese miese, dreckige Umgebung, und er kam sich in diesem naßkalten Keller sehr deplaciert vor.
Aus einer dunklen Mauernische trat ihm ein stämmiger Kerl mit gemein funkelnden Augen
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