Doctor Who: Rad aus Eis (German Edition)
Tätowierungen.
Die Puppe stand einen Moment still. Dann hob sie die rechte Hand und strich über die Handfläche der linken. Sie tat, als wolle sie etwas darauf einritzen. Und sie zeigte auf ihre Brust.
Der Doktor wirkte verwirrt. »Ich weiß …«
»Erster«
, sagte Zoe. »Verstehst du, Doktor? Er ahmt die Markierungen an der Wand nach.
Erster
. Ich glaube, er heißt
Erster
.«
»Ah! Sehr gut, Zoe. Dann haben wir wohl unseren Anführer gefunden.« Er sah sie skeptisch an. »Aber … Ist er ein
Er?
«
Die blaue Puppe war so geschlechtslos wie die anderen. Dennoch stutzte Zoe. »Er hat etwas an sich …«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was …«
»Vielleicht liegt es daran, wie die anderen auf sie …
ihn
… reagieren. Er wirkt wie ein älterer Bruder. Gut, er
wurde
vermutlich ja auch als erster hergestellt, das ist also nur natürlich. Ich frage mich, was er erlebt hat …«
Er ging vor dem kindsgroßen Wesen auf die Knie und lächelte. »Hallo. Ich bin der Doktor.«
I NTERMEZZO
B LAUE P UPPE
I
Lebendig!
Das war der Anfang seiner Geschichte. Plötzlich lebendig zu sein.
In diesem ersten Moment seiner Existenz war sein Verstand nur ein unbeschriebenes Stück blaues Plastik, leer und unschuldig. Doch Eindrücke strömten bereits auf ihn ein, beschrieben das Plastik und erschufen Erfahrungen.
Ein Licht über ihm. Ohne zu verstehen, was er tat,
griff
er nach dem Licht. Seine Arme tauchten vor ihm auf. Lange, blaue Röhren, die in einfachen Händen endeten. Seine Hände ballten sich zu Fäusten.
Er fühlte sein Gesicht, seine Brust. Er setzte sich auf. Er sah seine Beine.
Er stand auf, fand das Gleichgewicht seines dünnen Körpers. Er fühlte noch einmal sein Gesicht, seine Augen, seinen Mund.
Er
: alles in diesem blauen Behältnis, der Funke des Verstandes in seinem Kopf.
Nicht er:
alles, was sich draußen befand. Und so begann er eine Karte des Universums zu erstellen.
Er sah sich um. Er stand in einer Art Nische, die auf seiner linken Seite durch raue Wände aus einem bläulich-weißen Zeug begrenzt wurde. Zu seiner rechten: ein Vorhang aus schimmerndem Licht, Muster aus Licht, gekrümmte Linien aus Farben. Beides erschien ihm weder seltsam noch ungewöhnlich. Warum sollte da
keine
raue Wand sein? Warum
kein
Zaun aus Licht?
Sein Verstand sprudelte über. Warum war er hier? Warum dachte er, anstatt nicht zu denken? Und wieso war sein Kopf voll von diesen Fragen? Seine Gedanken wanden sich in verwirrender Selbsterkenntnis, und die Leere seines Bewusstseins füllte sich mit stetig komplexer werdenden Zeichen.
Ein Schluchzen.
Er fuhr herum.
Neben ihm auf dem Boden lag ein blauer Körper. Er sah aus wie seiner, war es aber nicht. Er war sich sicher, dass dieser Körper vor kurzem noch nicht da gewesen war. Ein Anderer!
Der Andere setzte sich auf. Der Andere starrte ihn an. Der Andere sagte: »Wo bin ich?«
Er sprach! Der Andere hatte vor ihm gesprochen. Er fühlte einen Moment lang unerklärlichen Neid.
Der Andere wiederholte: »Wo bin ich?«
Er antwortete: »Ich weiß es nicht.«
Der Andere zögerte. »Und wer bist du?«
Er dachte darüber nach. »Erster.«
»Erster, hilf mir.«
Er war Erster!
Er dachte darüber nach. Er streckte eine Hand aus und half dem Anderen aufzustehen.
Wieder ein Schluchzen. Wieder die keuchende Erkenntnis der eigenen Existenz.
»Hilf mir.«
Dieses Mal war er vorbereitet. Er streckte die Hand aus und half dem Neuen auf die Beine. »Ich bin Erster«, sagte er. »Ich werde dir helfen.«
Und noch einer. Und noch einer. »Ich bin Erster … Ich bin Erster … Ich werde dir helfen.«
Schon bald gab es eine Menge von ihnen.
Die Wand aus Licht pulsierte. Eine andere Stimme. WILLKOMMEN.
Sie drehten sich gleichzeitig um und blieben reglos stehen, die identischen, leeren Gesichter auf das Licht gerichtet.
Erster sagte: »Wer bist du?«
ICH BIN Archev, UND DIES IST EURE MISSION.
»Unsere Mission«, flüsterten sie.
AUSDAUER. ANDENKEN. AUFBAU.
»Ausdauer. Andenken. Aufbau.«
MEINE MISSION IST EURE MISSION.
»Ja«, sagte Erster. »Ja. Ausdauer! Andenken! Aufbau!«
II
Nun befand sich Erster in den oberen Ebenen des Mondes. Er versuchte, den Fremden aus dem Weg zu gehen. Versuchte, ihre Technologie zu stehlen.
Versuchte, zu verstehen, was Archev von ihm wollte.
Dann sah er den Fremden – einen kleinen Fremden, nur ein wenig größer als er selbst. Einen Fremden ohne Waffen, ohne die Pistolen, die knisterten und schmerzten und brannten. Einer wie er, aber aus rosa
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