Doener, Machos und Migranten
Beschäftigten. Überhaupt ist die heute in der Öffentlichkeit stattfindende Diskussion über die Betreuungssituation von Kindern im Kleinkind- und Vorschulalter weitgehend von einer Qualitätsin eine Quantitätsdiskussion umgeschlagen: Ausweitung der Öffnungszeiten, Flexibilität und Betreuungskooperationen mit anderen Einrichtungen sind offenbar die ausschließliche Zielsetzung. Ob man durch diese Maßnahmen tatsächlich der Förderung von sozial benachteiligten Kindern gerecht wird, scheint mir zumindest zweifelhaft. Für die Beschäftigten bedeutet es auf jeden Fall eine unzumutbare Mehrbelastung. Frühdienst, Spätdienst, vom Windelnwechseln bis zur Essenszubereitung, flexible Bring- und Abholzeiten bedeuten eine Abkehr von den ursprünglichen Förderintentionen. Die Vorschuleinrichtungen entwickeln sich trotz anderslautender politischer Darstellung immer mehr von einer Bildungseinrichtung zu einer Verwahranstalt.
Die Kritik der Verbände der «Freien Wohlfahrtspflege» und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an dem neuen Kinderbildungsgesetz (KIBIZ) in Nordrhein-Westfalen scheint mir daher mehr als berechtigt. Hier wirdinsbesondere die zusätzliche Belastung des pädagogischen Personals kritisiert, welches «künftig vermehrt mit Zwangsteilzeit, Lohndruck und untertariflicher Bezahlung sowie … prekären und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen zu tun haben» wird. So werden zukünftig die Träger der Betreuungseinrichtungen aufgrund der mangelnden Planungssicherheit zunehmend zeitlich befristete Arbeitsverträge abschließen. Gleichzeitig wird berechtigterweise kritisiert, dass die Vor- und Nachbereitungszeit eingeschränkt wird. All diese Entwicklungen weisen darauf hin, dass es trotz der weitgehenden Erkenntnisse teilweise an Willen mangelt, um tatsächlich etwas zu verändern.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass verschiedene Faktoren zu der prekären Lage beitragen, in der sich viele Familien mit ihren Kindern befinden.
Da ist zum einen die Arbeitswelt, die sich weiterentwickeln und, wenn alle Prognosen stimmen, zukünftig nur noch hoch qualifizierten Arbeitskräften Chancen bieten wird. Zum anderen sind es die beschriebenen desolaten sozialen Verhältnisse, die viele Kinder schon frühzeitig scheitern lassen. Mitunter bedingen sich diese Verhältnisse wiederum gegenseitig. Da ein Großteil der Eltern bereits seit Jahren aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden ist, sind Arbeitserfahrungen teilweise fast gar nicht mehr vorhanden. So wie sich in vielen akademischen Berufen sogenannte Berufstraditionen entwickelt haben – war der Vater Arzt, wird auch der Sohn Arzt –, scheint sich hier eine Tradition des Scheiterns zu vererben. Dort, wo keine Träume mehr vorhanden sind, wo man sich mit den geringen Sozialtransfers eingerichtet hat, kann keine Motivation wachsen, dem Kreislauf zu entrinnen.
Allerdings handelt es sich hierbei nicht nur um ein Migrantenproblem. Auch viele deutsche Familien leben schon seit Generationen von Sozialleistungen und die Perspektive ihrer Kinder ist ebenso aussichtslos. Die Frage ist nur, warum sind prozentual mehr Migrantenkinder auf den Förderschulen als deutsche Kinder? Dies ist sicher nicht einfach zu beantworten. Ohne den Anspruch, wissenschaftlich nachweisbare Fakten zu bieten, scheint mir diese Tatsache doch durchaus ein Beleg für die fehlende Integration breiter Bevölkerungsgruppen zu sein. Hierbei soll aber nicht einfach nur die aufnehmende Gesellschaft kritisiert werden. Sicher könnte in vielen Bereichen mehr getan werden. Aber trotz der benannten Probleme ist festzuhalten, dass es sich bei den Schülern mit Migrationshintergrund ausschließlich um Kinder aus dem Unterschichtenmilieu handelt. Das Kind eines türkischen Rechtsanwalts oder eines libanesischen Arztes ist an der Förderschule nicht anzutreffen. Das heißt, auch vielen Migrantenfamilien fehlt leider immer noch der Wille, diesem Kreislauf zu entrinnen.
Die Frage, ob bei einer optimalen Förderung und ausreichenden Unterstützung alle Probleme behoben werden können, muss daher an dieser Stelle unbeantwortet bleiben. Ob dieser fatale Kreislauf wirklich aufgebrochen werden kann, auch bei einigen der oben dargestellten problematischen Familien, die sich allen Anforderungen und Angeboten massiv verweigern, bleibt fraglich.
Die Arbeitswelt wird sich weiter verändern. Es bleibt allein die Hoffung, dass mit der Zeit durch den Rückgang der Bevölkerungszahlen der
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