Doener, Machos und Migranten
berechtigt, in die Klasse 10 einer Hauptschule zu wechseln. Der überwiegende Teil der Schüler schließt mit dem Förderschulabschluss die Schule ab. Bundesweit haben im Jahr 2006 von 50.862 Abgängern der Förderschule mit sonderpädagogischer Förderung 39.263 (72,2%) keinen Hauptschulabschluss erreicht (Statistische Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz; Dokumentation Nr. 185 – April 2008).
Unter dem Eindruck dieser Entwicklung hat vor einiger Zeit die Fröbelschule in Bochum-Wattenscheid öffentlich propagiert, die Schüler von Förderschulen auf die eigene Arbeitslosigkeit vorzubereiten. Unter dem Titel «Lernen in der ‹Hartz IV-Schule›» wurde im vergangenen Jahr 2008 in den Medien darüber berichtet, dass die Schüler bereits im Unterricht darauf vorbereitet werden, wie sie mit dem Regelsatz von 345 € auskommen können. Zwei Drittel der Eltern leben selbst von Arbeitslosengeld, im letzten Jahr hat kein einziger Schüler aus dem Abschlussjahrgang der Förderschule eine Lehrstelle bekommen. Daraus hat der Rektor die Konsequenz gezogen: «Meine Aufgabe ist es, die Schüler auf das Leben nach der Schule vorzubereiten. Und ich sehe, die einzige authentische und glaubwürdige Perspektive, die für die Schüler im Augenblick bereitsteht, ist die Arbeitslosigkeit, ist Hartz IV.» Ein pädagogisches Konzept, das provoziert. Im Mittelpunkt des Unterrichts stehen Fragen wie:
«Wie suche ich als Hartz IV-Empfänger eine Wohnung? Wie komme ich an den Ein-Euro-Job? Was fange ich mit der ganzen Freizeit an?» So der Schulleiter der Fröbelschule.
Dieser Bericht hat in der Öffentlichkeit für viel Aufregung gesorgt. Es gab in den Medien zahlreiche Meinungen, die dieseVorgehensweise stark kritisiert haben. Aber längst steht die Schule mit ihrer Auffassung nicht mehr allein da. Auch in der sonderpädagogischen Diskussion werden zunehmend Stimmen laut, die dafür eintreten, die Schüler zumindest darauf vorzubereiten, dass sie «ihr Leben nicht mehr im Muster der dreigliedrigen Lebenstreppe ausprozessieren können: in der ersten Lebensphase Schule plus ‹Berufsvorbereitung›, danach ein Arbeitsleben bis zur Rente in erlernten Berufen oder doch wenigstens in Berufsfeldern oder Branchen, in denen sie ihre ‹Erstausbildung› absolvierten; und dann (im Alter von 65 bzw. 67 Jahren) schließlich die Rente» (Gotthilf Gerhard Hiller, «Ein Beruf gehört(e) zum Leben – oder: Versuch einer Anleitung zum Ankommen in der Realität», in: Zeitschrift für Heilpädagogik , 6/2006, S. 202–207). Hiller vertritt die Ansicht, dass die Schüler der Förderschule auf eine veränderte Struktur des Erwerbslebens bewusst vorbereitet werden sollten: dass sich ihr späteres Leben zwischen wechselnden Phasen von kurzfristiger Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und verschiedensten Bildungsmaßnahmen abspielen wird. Ähnlich argumentierte bereits drei Jahre zuvor Karl Friedrich Vetter, indem er u.a. forderte, die Schüler auch auf eine Rolle jenseits der Erwerbsarbeit vorzubereiten (vgl. Karl Friedrich Vetter, «Arbeitslehre als zentraler Lebensbereich im Förderschwerpunkt Lernen – aber wofür?», in: Zeitschrift für Heilpädagogik , 9/2003, S. 377–379).
Aber nicht nur die Veränderungen in der Arbeitswelt, die fortschreitende Globalisierung und der damit einhergehende Rückgang der zur Verfügung stehenden Arbeits- und Ausbildungsplätze sorgen für die zunehmende Ausgrenzung und mangelnden Perspektiven unserer Schüler.
Wie oben angeführt, sind Betriebe oftmals selbst unterBereitstellung von finanziellen Fördermitteln nicht bereit, schwierige Jugendliche einzustellen. Das hat seine Gründe. Auch wir beobachten jährlich aufs Neue, dass viele unserer Schüler nicht mehr das notwendige Durchhaltevermögen haben, um ihr Betriebspraktikum erfolgreich zu absolvieren. Die Abbrecherquote tendiert nach oben. Spiegel Online berichtete am 4. August 2008 unter der Überschrift «Der letzte Bildungsweg» von der Arbeit der Rackow Schule, einem Bildungsträger in Hamburg, der Jugendliche für das Berufsleben im kaufmännischen Bereich fit machen soll. Hierbei handelt es sich vom Ausbildungsniveau her um durchaus ausbildungsfähige Bewerber. Dennoch vermag etwa ein Drittel der Teilnehmer keinen Nutzen aus dem Angebot zu ziehen. Mangelnde Ausdauer, Unpünktlichkeit und fehlende Eigeninitiative sind, um nur einige Hemmnisse zu nennen, Faktoren, an denen die Jugendlichen scheitern.
Angenommen, die Arbeitswelt wäre noch in
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