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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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diese Hand zugehört.«
    »Das wollen wir gleich sehen«, sagte Maritorne, worauf sie in den Strick eine Schleife band, sie um die Knöchel der Hand warf und im Herabgehen von der Luke den Strick sehr fest an den Riegel der Tür heftete. Don Quixote, der die Rauheit des Strickes an seiner Hand fühlte, sagte: »Es scheint, meine Gnädige, daß Ihr die Hand mehr striegelt als streichelt, behandelt sie nicht so übel, denn sie kann nichts für das, was mein Wille gegen Euch verbricht, auch ist es nicht gut, daß Ihr an einem so kleinen Teile Euren ganzen Zorn auslaßt; bedenkt, daß wer edel liebt, sich nicht unedel rächt.«
    Diese Rede des Don Quixote wurde aber von keinem mehr gehört, denn sowie ihn Maritorne festgebunden hatte, wollte sich diese und die andere halbtotlachen und ließen ihn auf solche Weise zurück, daß er sich unmöglich losmachen konnte. Er stand, wie gesagt, mit den Füßen auf Rosinante, den Arm nach der Luke hinaufgereckt und die Hand an dem Riegel der Tür festgebunden, in der größten Furcht und Sorge, daß sich Rosinante nach der einen oder der anderen Seite ein wenig rühren möchte, wo er dann ja am Arme aufgehängt wäre; er wagte es also nicht, irgendeine Bewegung zu machen, denn von der Geduld und Friedferigkeit des Rosinante konnte er erwarten, daß er ein Jahrhundert stillstände, ohne sich zu rühren. Wie nun Don Quixote sah, daß er festgebunden war und sich die Damen entfernt hatten, verfiel er auf den Gedanken, daß alles dieses sich wieder, wie das vorige Mal, durch Bezauberung zutrage, als ihn in diesem nämlichen Kastell jener verzauberte Mohr von Eseltreiber zerprügelte. Er verwünschte bei sich seinen geringen Verstand, daß, wo es ihm jedesmal in diesem Kastell so übel geraten sei, er es dennoch zum zweiten Male unternommen habe, hineinzugehen, da es doch eine Regel bei den irrenden Rittern sei, daß, wenn sie einmal ein Abenteuer versucht und es nicht bestanden haben, dieses ein Zeichen ist, daß es nicht für sie, sondern für andere aufgehoben wird, deshalb sie es gar nicht nötig haben, es zum zweiten Male zu versuchen. Er zog indes immer an seinem Arme, um zu sehen, ob er ihn losmachen könnte, aber er war so gut befestigt, daß alle seine Versuche vergeblich waren. Er arbeitete aber mit der größten Behutsamkeit, um den Rosinante in keine Bewegung zu bringen, und so viele Mühe er sich auch gab, sich wieder in den Sattel zu setzen, war er doch gezwungen, auf den Füßen stehenzubleiben oder sich die Hand abzureißen. Jetzt war es Zeit, sich das Schwert des Amadis zu wünschen, gegen welches keine Zauberei Gewalt hatte; jetzt war es Zeit, sein Schicksal zu verfluchen, jetzt war es Zeit, zu wehklagen über den Verlust, welchen die Welt erleiden müsse, während er dort festgezaubert sei, denn er zweifelte nicht, daß dies der Fall war; jetzt war es Zeit, sich von neuem seiner geliebten Dulcinea von Toboso zu erinnern; jetzt war es Zeit, seinen getreuen Stallmeister Sancho Pansa zu rufen, der im tiefsten Schlafe auf dem Sattel seines Esels ausgestreckt lag, und in dieser Stunde sich um die Mutter nicht kümmerte, die ihn zur Welt gebracht. Jetzt rief er den weisen Lirgande oder Älquife an, daß sie ihm helfen möchten, jetzt flehte er seine gute Freundin Urganda um Beistand; und kurz, der Morgen kam jetzt herauf, indem er so in Verzweiflung und Verwirrung war, daß er wie ein Stier brüllte, weil er nicht glaubte, daß sein Unfall mit dem Tage enden werde, sondern er hielt ihn unvergänglich, weil er nämlich bezaubert sei; worin er noch dadurch bestärkt wurde, daß Rosinante sich wenig oder gar nicht bewegte, so daß er glaubte, er würde so, ohne zu essen, ohne zu trinken und zu schlafen, mit seinem Pferde stehenbleiben müssen, bis dieser böse Einfluß der Gestirne wieder vorüber sei oder bis ein anderer noch größerer Zauberer ihn entzauberte; in welchem Glauben er sich aber dennoch sehr geirrt hatte, denn kaum war es Tag geworden, als vier Menschen zu Pferde auf die Schenke zuritten, die sehr gut gekleidet waren und Musketen mit sich führten. Sie pochten an die Tür der Schenke, die noch verschlossen war, mit großer Gewalt; als Don Quixote dies gewahr wurde, der es noch nicht aufgegeben hatte, Schildwache zu sein, rief er mit lauter und trotziger Stimme: »Ritter, oder Stallmeister, oder wer ihr sonst sein mögt, enthaltet euch, so an die Tür dieses Kastells zu schlagen, denn es ist hinlänglich klar, daß zu dieser Stunde die Bewohner drinnen schlafen

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