Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
mahlen.«
Worauf Don Quixote sehr gelassen und mit vieler Leutseligkeit antwortete: »Schöne Jungfrau, Eure Bitte kann jetzt unmöglich statthaben, denn es ist mir nicht vergönnt, mich eines neuen Abenteuers zu unterfangen, bis ich ein anderes beschlossen, an welches mich kein Wort gefesselt hält; was aber geschehen kann, um mich Euch gefällig zu erzeigen, sollt Ihr sogleich erfahren; lauft schnell und sagt Eurem Vater, daß er sich in dieser Schlacht nach seinem besten Vermögen halten solle, damit er ja nicht überwunden werde, indes ich mir von der mikomikonischen Prinzessin die Erlaubnis erbitte, ihm in seinem Drangsale beistehen zu dürfen; denn wenn sie mir solches vergönnt, so haltet Euch versichert, daß ich ihn aus solcher erretten werde.«
»Nun, meiner Seele!« rief Maritorne aus, die daneben stand, »ehe Ihr diese Erlaubnis habt, ist mein Herr schon in der anderen Welt.«
»Vergönnt mir, Señora, daß ich um diese Erlaubnis ansuche«, antwortete Don Quixote, »denn alsbald wird es wenig ausmachen, ob er schon in der anderen Welt sei, denn ich werde ihn zum Trotz dieser ganzen Welt zurückbringen oder ihn zum wenigsten an denen, die ihn dorthin geschickt, auf eine solche Weise rächen, daß ihm mehr als hinlängliche Genugtuung geschehen soll.« Und ohne weiteres warf er sich vor Dorothea auf die Knie nieder und bat in ritterlichen und wirren Phrasen, daß ihre Hoheit die Güte hätte, ihm zu erlauben, daß er sich zum Kastellan dieses Kastells begeben und ihm Hilfe geben dürfe, denn er sei in einem schweren Handgemenge befangen. Die Prinzessin bewilligte ihm dies gern, und sogleich faßte er seinen Schild, ergriff den Degen und begab sich nach dem Tor der Schenke, wo die beiden Gäste noch immer fortfuhren, dem Wirte übel mitzuspielen. Wie er aber nahe gekommen, stand er plötzlich still, ob ihm gleich Maritorne und die Wirtin beständig zuredeten, daß er nicht zurückhalten, sondern ihrem Herrn und Mann beistehen möchte.
»Ich halte darum zurück«, sagte Don Quixote, »weil es mir nicht vergönnt ist, das Schwert gegen Stalleute zu ziehen, ruft aber meinen Stallmeister Sancho hierher, denn ihm ist dergleichen Hilfe und Rache wohlanständig und seines Berufes.«
Dies trug sich im Tor der Schenke zu, wo es noch immer Faustschläge und Ohrfeigen in großem Überflusse gab, die alle dem Wirt zum Nachteil und der Maritorne, der Wirtin und ihrer Tochter zum größten Ärger gereichten, weil sie rasend werden wollten, daß sich Don Quixote so feig bezeige, indem es ihrem Mann, Herrn und Vater so übel erginge.
Wir wollen ihn aber dort lassen, weil er wohl Hilfe finden wird, geschieht es aber nicht, so mag er in Zukunft kein Werk unternehmen, bei dem seine Kräfte nicht zureichen; wir wollen uns fünfzig Schritt weiter fort begeben um zu sehen, was Don Luis dem Auditor antwortete, den wir dort gelassen haben, und der ihn gefragt hatte, warum er zu Fuß und in so gemeiner Kleidung dorthin gekommen sei. Der Jüngling ergriff auf diese Anrede mit Heftigkeit seine Hände, als wenn ihm ein großer Schmerz auf dem Herzen läge und sagte unter Vergießung vieler Tränen: »Mein Herr, ich kann Euch nichts weiter sagen, als daß seit dem Augenblick, daß mir der Himmel es vergönnte, und unsere Nachbarschaft die Gelegenheit gab, daß ich die Señora Dona Klara, Eure Tochter und meine Gebieterin, erblickte, ich sie zur nämlichen Stunde zu meiner Beherrscherin erwählte; und wenn es Euch nun, meinem wahrhaftigen Herrn und Vater, nicht entgegen ist, so will ich sie heute noch zu meiner Gemahlin machen. Ihretwegen verließ ich das Haus meines Vaters, ihretwegen legte ich diese Kleidung an, ihr zu folgen, wohin sie nur ginge, wie der Pfeil dem Ziele zufliegt, wie sich der Schiffer zu dem Leitstern wendet. Sie kennt meine Liebe nicht, wenn sie sie nicht aus meinen Tränen erraten hat, die sie mich einigemal hat vergießen sehen. Ihr, Senor, kennt den Reichtum und den Adel meines Vaters, und daß ich sein einziger Erbe bin; scheint Euch das hinreichend, daß Ihr mich ganz glücklich machen wollt, so nehmt mich sogleich zum Sohne an, denn wenn mein Vater andere Absichten haben und dieses mein Glück nicht hinlänglich schätzen sollte, es hat die Zeit mehr Gewalt, die Dinge im Leben zu verändern, als der Wille des Menschen.«
Mit diesen Worten endigte der verliebte Jüngling, und der Auditor war in Verwirrung und erstaunt, teils über die verständige Art, mit welcher Don Luis seine Absichten erklärt hatte,
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