Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
teils weil er sich dadurch in einer Lage befand, in der er nicht wußte, wie er einen schnellen Entschluß fassen sollte. Er antwortete also nichts weiter, als daß er sich beruhigen möchte und seine Diener dahin bringen, daß sie ihn diesen Tag noch nicht zurückführten, denn so würde man Zeit gewinnen um zu überlegen, wie sich alles zum Besten einrichten ließe. Don Luis küßte ihm mit Gewalt die Hände und badete sie mit seinen Tränen, wodurch wohl ein steinernes Herz, wie vielmehr das des Auditors, erweicht worden wäre, der als ein verständiger Mann schon eingesehen hatte, wie vorteilhaft für seine Tochter diese Heirat sein würde, wenn es nämlich möglich wäre, sie mit der Bewilligung des Vaters des Don Luis zustande zu bringen, der, wie er wußte, für seinen Sohn eine vornehme Braut suchte.
Indessen hatten die Gäste mit dem Wirte schon Frieden gemacht, und zwar mehr durch des Don Quixote gütliche Überredung als auf seine Drohungen. Sie hatten alles bezahlt, und die Diener des Don Luis warteten jetzt nur auf das Ende der Unterredung mit dem Auditor und auf den Entschluß ihres Herrn, als es der Satan, der nie schläft, so einrichtete, daß in diesem Augenblicke der Barbier in die Schenke einkehrte, dem Don Quixote den Helm Mambrins und Sancho den Sattel seines Esels genommen und mit dem seinigen ausgetauscht hatte. Dieser Barbier zog seinen Esel in den Stall und sah dort den Sancho Pansa, der etwas an seinem Reitkissen ausbesserte, und so wie er ihn sah und erkannte, begann er ihn gleich mit folgenden Worten anzugreifen: »Ha! ha! Don Spitzbube! finde ich dich hier wieder? Her mit meinem Bartbecken und dem Reitkissen und mit dem übrigen Sattelzeug, das du mir gestohlen hast!«
Sancho, der sich so unversehens angreifen sah und zugleich diese Schimpfworte vernahm, faßte mit der einen Hand sein Reitkissen und gab mit der anderen dem Barbier eine solche Maulschelle, daß er ihm den Mund mit Blut überschwemmte. Dennoch wollte der Barbier die Beute des Reitkissens nicht fahren lassen, sondern fing so an zu schreien, daß alle auf dies Geschrei und auf diesen Zwist herbeikamen, er rief: »Herbei im Namen des Königs und der Gerechtigkeit! weil ich wiederhaben will, was mir gehört, will mich der Mörder, der Straßenräuber umbringen!«
»Du lügst«, antwortete Sancho, »ich bin kein Straßenräuber, sondern mein Herr Don Quixote hat diese Stücke in einem rechtmäßigen Kriege gewonnen.«
Don Quixote war schon zugegen und sah mit großem Vergnügen zu, wie gut sein Stallmeister sich im Verteidigen und Angreifen verhielt; seit dieser Zeit hielt er ihn immer für einen Mann von Bedeutung und nahm sich in seinem Herzen vor, ihn bei erster Gelegenheit zum Ritter zu schlagen, denn er glaubte, daß bei ihm der Orden der Ritterschaft angewendet sei. Unter anderen Dingen, welche der Barbier im Verlauf dieses Handelns sagte, rief er aus: »Meine Herren, das Reitkissen gehört mir so zuverlässig, wie ich Gott meinen Tod schuldig bin, und ich kenne es so gut, als wenn ich es zur Welt gebracht hätte; da steht mein Esel im Stall, der mich nicht Lügen strafen wird, probiert es ihm nur auf, und wenn es ihm nicht wie angegossen sitzt, so will ich ein Hundsfott sein! Ja noch mehr, an demselben Tage, da sie mir dies nahmen, nahmen sie mir auch ein neues Bartbecken weg, das ich noch nicht gebraucht hatte, und wofür ich einen baren blanken Taler hatte bezahlen müssen.«
Nun konnte sich Don Quixote nicht länger zurückhalten, ohne zu antworten, er stellte sich zwischen die beiden und trennte sie, dann legte er das Reitkissen auf die Erde, damit es öffentlich zur Schau stände, bis die Wahrheit an den Tag gekommen und sagte: »Damit ihr, meine Herren, klar und deutlich den Irrtum einseht, in welchem sich dieser einfältige Stallmeister befindet, indem er das ein Bartbecken nennt, welches der Helm Mambrins war, ist und sein wird, den ich ihm im redlichen Kriege abgewonnen und ihn zu meinem rechtmäßigen Eigentum gemacht habe; was das Reitkissen betrifft, so will ich mich nicht dareinmengen, ich kann aber so viel sagen, daß mein Stallmeister Sancho mich um die Erlaubnis bat, das Sattelzeug von dem Pferde des überwundenen Feiglings zu nehmen, um damit das seinige aufzuputzen, welches ich ihm auch bewilligte und er es nahm; daß sich aber der Sattel in ein Kissen verwandelt hat, davon weiß ich freilich keinen anderen Grund anzugeben als den gewöhnlichen, daß dergleichen Verwandlungen bei den Taten der
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