Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
angreifen werden.« Er wandte sich hierauf an Sancho und forderte den Helm, und da dieser nicht Zeit hatte, seine Käse wieder herauszunehmen, so war er gezwungen, ihn hinzugeben, so wie er war. Don Quixote nahm ihn, und ohne sich darum zu bekümmern, was darin enthalten sei, stülpte er ihn mit der größten Eile auf den Kopf; und da die Käse nun gedrückt und gequetscht wurden, so lief dem Don Quixote die Milch über Gesicht und Bart, worüber er sich so entsetzte, daß er zu Sancho sprach: »Was ist doch dieses, Sancho? Scheint es doch gar, daß mein Gehirn schmilzt oder mir die Sinne sich auflösen, oder daß ich vom Kopfe bis zu den Füßen schwitze! Wenn ich schwitze, so geschieht dies aber nicht aus Furcht; ich glaube ohne Zweifel, daß das Abenteuer, welches mir jetzt bevorsteht, erschrecklich sein muß. Gib mir, wenn du dergleichen hast, etwas, womit ich mich abtrocknen könne; denn dieser häufige Schweiß blendet mir die Augen.«
Sancho schwieg und gab ihm ein Tuch, indem er zugleich Gott dankte, daß sein Herr nicht auf das Rechte geraten sei. Don Quixote trocknete sich und nahm den Helm ab, um das Ding zu sehen, was ihm, wie ihm dünkte, den Kopf kühlte; und da er im Helme die weißen Klöße wahrnahm, hielt er sie an die Nase und rief aus, indem er sie beroch: »Bei dem Leben meiner Dame Dulcinea von Toboso, welche Käse sind es, die du hier hineingelegt, verräterischer, unverschämter und gemeindenkender Stallmeister!«
Worauf Sancho mit vieler Kaltblütigkeit und Verstellung antwortete: »Wenn es Käse sind, so gebt sie mir nur her, daß ich sie essen kann; aber der Teufel mag sie essen, denn es ist doch gewiß, daß der sie dort hineingelegt hat. Ich sollte mich dergleichen unterstehen, den Helm von Euer Gnaden unsauber zu machen? Ei, eine solche Dreistigkeit möcht’ ich wohl einmal sehen! Wahrhaftig, gnädiger Herr, soviel ich mit Gottes Hilfe davon begreifen kann, so muß ich auch meine Zauberer haben, die mich verfolgen, als einen Teil und Zubehör zu Euer Gnaden; und diese werden die Unreinlichkeit hineingebracht haben, um Eure Geduld in Zorn zu verwandeln und zu machen, daß Ihr mir, wie gewöhnlich, die Rippen drescht. Aber wahrhaftig, diesmal haben sie sich verrechnet; denn ich habe das Zutrauen zu der Einsicht meines gnädigen Herrn, daß er sich überzeugen muß, wie ich weder Käse, noch Milch, noch sonst dergleichen habe, und wenn ich es hätte, daß ich es lieber in meinen Magen als in seinen Helm tun würde.«
»Alles dies kann sein«, sagte Don Quixote; und alles sah der Edelmann mit an und verwunderte sich über alles, vorzüglich aber, als Don Quixote, nachdem er den Kopf, Gesicht, Bart und Helm abgetrocknet hatte, diesen aufsetzte, sich in den Steigbügeln fest stellte, das Schwert versuchte, die Lanze nahm und sagte: »Nun komme, was da will, denn hier bin ich, gemutet, es mit dem Satanus in eigner Person aufzunehmen.«
Indem war der Karren mit den Fahnen herbeigekommen, bei dem sich niemand weiter befand als der Fuhrmann auf seinen Mauleseln und ein Mann, der vorne saß. Don Quixote stellte sich davor und fragte: »Wohin geht’s, Freunde? Welch ein Karren ist dieses? Was führt Ihr darauf und was sind das für Fahnen?«
Worauf der Fuhrmann antwortete: »Der Karren ist mein; was darauf ist, sind zwei tüchtige Löwen in Käfigen, die der Statthalter von Oran Seiner Majestät als Präsent an den Hof schickt; die Fahnen sind vom Könige, unserem Herrn, zum Zeichen, daß es etwas ist, was ihm zugehört.«
»Und sind die Löwen groß?« fragte Don Quixote.
»Sie sind so groß«, antwortete der Mann, der vorne auf dem Wagen saß, »daß größere oder nur so große niemals aus Afrika nach Spanien gekommen sind. Ich bin der Löwenwärter und habe wohl schon andere gebracht; aber noch nie dergleichen. Es ist ein Weibchen und ein Männchen; das Männchen ist in diesem vorderen Käfige, das Weibchen aber in jenem hinten. Jetzt sind sie hungrig, weil sie heute noch nicht gefressen haben; ich bitte daher Euer Gnaden, uns fortzulassen, denn es ist nötig, daß wir bald wohin kommen, wo wir sie füttern können.«
Worauf Don Quixote mit einem kleinen Lächeln sagte: »Mir Löwchen? Löwchen mir? und zu solcher Stunde? Nun, bei Gott, diese Herren, die sie mir schicken, sollen gewahr werden, ob ich ein Mann bin, der sich vor Löwen fürchtet? Steigt nur ab, mein guter Mann, und da Ihr der Löwenwärter seid, so macht diese Käfige auf und laßt diese Bestien heraus; denn mitten hier
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