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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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einem Winkel des Hofes stand, die ihm zur Lanze dienen sollte. Über zwanzig Menschen, die in der Schenke waren, standen umher und sahen ihm zu; unter diesen befand sich auch die Tochter des Wirtes, von der auch er wieder kein Auge verwandte, und von Zeit zu Zeit einen Seufzer, schwer, wie aus dem Innersten seines Leibes heraufholte, wovon alle meinten, es geschähe deshalb, weil ihm die Rippen sehr weh täten, wenigstens dachten so diejenigen, die ihn am vorigen Abend hatten bepflastern sehen.
    Als sie nun beide beritten waren, rief er am Tore der Schenke den Wirt herbei und sagte mit feierlicher und ernster Stimme: »Viel und groß sind die Gefälligkeiten, Herr Kommandant, die ich in Eurem Kastelle erfahren, und es ist meine Pflicht, Euch durch mein ganzes Leben dafür dankbar zu sein. Kann ich sie Euch vergelten, indem ich an irgendeinem Frechen Rache nehme, der Euch Ungebühr erzeigte, so wißt, daß es mein Gewerbe mit sich führt, den Schwachen beizustehen, die zu rächen, die Unrecht erleiden, und den Übermut zu züchtigen. Sammelt Euer Gedächtnis, und wenn Ihr ein Ding der Art findet, welches Ihr mir auftragen mögt, so verspreche ich bei dem Orden der Ritterschaft, den ich empfangen habe, Euch genugzutun und Euch nach allen Euren Forderungen zu bezahlen.«
    Mit eben der Feierlichkeit antwortete der Wirt: »Herr Ritter, es ist mir gar nicht vonnöten, daß Ihr mich wegen irgendeiner Ungebühr rächt, denn ich nehme meine Rache immer selbst, wenn es die Gelegenheit fügt; was ich bedarf, ist nur, daß Euer Gnaden die Zehrung dieser Nacht bezahlt, das Heu und den Hafer für die beiden Bestien sowie das Abendessen und die Betten.«
    »Dieses ist also eine Schenke?« fragte Don Quixote.
    »Und eine sehr vorzügliche«, antwortete der Wirt.
    »So habe ich mich also bisher getäuscht«, erwiderte Don Quixote, »denn wahrlich, ich dachte, es sei ein Kastell und kein unansehnliches. Weil es aber kein Kastell, sondern eine Schenke ist, so kann hier nichts Weiteres geschehen, als daß Ihr die Bezahlung mir erlassen mögt, denn ich kann unmöglich dem Orden der irrenden Ritter zuwiderhandeln, von denen ich gewiß weiß (denn bisher habe ich noch nirgends das Gegenteil gelesen), daß sie niemals ihre Herberge oder andere Dinge in den Schenken bezahlten, denn freiwillig und ohne Eigennutz wurde ihnen allerwege gute Aufnahme bereitet, zum Lohn der unsäglichen Mühseligkeiten, denen sie sich unterzogen, indem sie Nacht und Tag Abenteuer suchen, in Winter und Sommer, zu Fuß und zu Pferde, Hunger und Durst, Hitze und Kälte erlitten und allen Unfreundlichkeiten des Himmels und jeder Widerwärtigkeit der Erde unterworfen waren.«
    »Alles das kümmert mich nicht«, versetzte der Wirt, »bezahlt, was Ihr schuldig seid, und geht mir mit dem Ritterkrame, denn der taugt in meinem Krame gar nichts, sondern ich will das Meinige haben.«
    »Ihr seid ein aberwitziger, elender Schenkwirt!« antwortete Don Quixote und gab dem Rosinante die Sporen, schwang die Lanze und ritt zur Schenke hinaus, ohne daß ihn einer zurückhielt; er aber, ohne zurückzuschauen, ob ihm sein Stallmeister folgte, entfernte sich eine ziemliche Strecke. Der Wirt, der ihn ohne bezahlt zu haben, wegreiten sah, wandte sich an Sancho Pansa, um sein Geld zu bekommen, der aber die Antwort gab, daß, da sein Herr nicht habe bezahlen wollen, er solches auch nicht zu tun begehre, er sei der Stallmeister eines irrenden Ritters, er müsse also mit seinem Herrn derselben Vorschrift und Gesetzgebung gehorchen, in den Herbergen und Schenken durchaus nicht zu bezahlen. Der Wirt wurde böse und drohte ihm, falls daß er nicht bezahle, er ihn so mahnen wolle, daß er es fühlen würde. Worauf Sancho erwiderte, daß kraft der Ritterschaft, der sein Herr zugetan sei, er nicht einen Heller bezahlen würde, wenn es ihm auch das Leben kosten sollte, denn durch seine Schuld sollte nicht dieser alte und löbliche Gebrauch der irrenden Ritter verloren gehen, und die Stallmeister zukünftiger Zeiten sollten sich niemals über ihn beklagen oder ihm einen so gerechten Vorwurf machen dürfen.
    Das böse Schicksal des unglücklichen Sancho fügte es so, daß sich unter den Leuten, welche in der Schenke waren, vier Tuchscherer von Segovia, drei Nadelhändler vom Markte von Cordova und zwei Landstreicher aus Sevilla befanden, lustiges, aufgewecktes und ebenso boshaftes und schadenfrohes Volk, die wie von einem Geiste zugleich angetrieben, Sancho nahmen und ihn vom Esel hoben, worauf

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