Don Quixote
Betragen einrichten könne. So hörte in einer Nacht Anselmo im Zimmer der Leonella jemanden gehen, und als er hineinwollte, um nachzusehen, wer es sei, fühlte er die Tür zugehalten; dadurch wurde er noch mehr veranlaßt, sie aufmachen zu wollen, und es gelang ihm endlich mit großer Anstrengung. Sowie er hineintrat, bemerkte er, daß ein Mensch aus dem Fenster auf die Gasse hinunterspringe; indem er nun sehr schnell nacheilen wollte, um ihn festzuhalten oder zu erkennen, konnte er weder das eine noch das andere ausrichten, denn Leonella umfaßte ihn und sagte: »Seid ruhig, gnädiger Herr, erzürnt Euch nicht und geht dem nicht nach, der dort hinuntersprang; die Sache betrifft mich, denn er ist mein Mann.«
Anselmo wollte ihr nicht glauben, sondern ergriff blind vor Zorn seinen Dolch, um Leonella niederzustechen, wobei er sagte, sie solle die Wahrheit bekennen oder er würde sie sogleich umbringen. Sie, voll Furcht, ohne zu wissen, was sie spräche, sagte: »Bringt mich nicht um, Señor, denn ich will Euch Sachen von solcher Wichtigkeit bekennen, wie Ihr Euch nicht vorstellen könnt.«
»Sogleich bekenne sie«, rief Anselmo aus, »wenn du nicht des Todes sein willst.«
»Jetzt ist es mir unmöglich«, sagte Leonella, »denn ich bin zu sehr erschrocken, laßt mir bis morgen früh Zeit, so sollt Ihr erfahren, was Euch in Erstaunen setzen wird; aber seid versichert, daß derjenige, der aus dem Fenster sprang, ein junger Mensch hier aus der Stadt ist, der mir die Hand darauf gegeben hat, mich zu heiraten.«
Anselmo gab sich hiermit zufrieden und bewilligte ihr die Frist, um die sie bat, denn er glaubte nicht, gegen Camilla etwas zu hören, weil er von ihrer Vortrefflichkeit zu sehr überzeugt war; er ging also aus dem Zimmer, in das er Leonella verschloß, indem er ihr ankündigte, daß sie es nicht verlassen werde, bis sie ihm alles gesagt, was sie ihm zu vertrauen habe. Er ging sogleich zu Camilla und erzählte ihr alles, was sich mit dem Mädchen zugetragen hatte und wie sie ihm versprochen, ihm wichtige und äußerst erhebliche Sachen zu entdecken. Ob Camilla erschrak oder nicht, ist keine Frage, denn sie wurde so sehr von Furcht und Bestürzung überfallen, weil sie mit aller Wahrscheinlichkeit glaubte, daß Leonella dem Anselmo alles von ihrer Untreue erzählen würde, daß sie keinen Mut übrigbehielt, um abzuwarten, ob ihr Argwohn gegründet oder ungegründet sei, sondern noch in der nämlichen Nacht, als Anselmo eingeschlafen war, nahm sie ihre besten Kleinodien und etwas Geld und ging so, ohne von jemandem bemerkt zu werden, aus dem Hause, worauf sie sich sogleich zu Lotario begab, dem sie alles erzählte und ihn bat, sie zu verbergen oder daß sie beide irgendwo hingehen möchten, wo sie vor Anselmo sicher sein könnten. Die Verwirrung, in die Lotario durch Camilla gesetzt wurde, war so groß, daß er kein Wort hervorbringen konnte und noch weniger wußte, wozu er sich entschließen sollte. Endlich schlug er vor, Camilla in ein Kloster zu bringen, von dem die Priorin seine Schwester war. Camilla willigte ein, und mit der Eile, die die Lage der Sache forderte, brachte er sie dorthin und ließ sie im Kloster, er selbst aber verließ die Stadt, ohne irgend jemandem Nachricht davon zu geben.
Als es Tag wurde, stand Anselmo auf ; ohne zu bemerken, daß Camilla an seiner Seite fehle, ging er sogleich nach dem Zimmer, in welches er Leonella verschlossen hatte, begierig, das zu erfahren, was sie ihm entdecken wollte. Er schloß auf und ging hinein, fand aber Leonella nicht, sondern sah außerhalb des Fensters aneinandergeknüpfte Tücher, ein deutliches Zeichen, daß sie sich daran heruntergelassen habe. Traurig ging er zurück, um Camillen diese Botschaft zu bringen, da er sie aber weder im Bette noch im ganzen Hause fand, stand er wie erstarrt. Er fragte die Dienerschaft, aber keiner konnte ihm Nachricht geben. Da er noch nach Camillen suchte, traf er die eröffneten Schränke und sah, daß ihm der größte Teil seiner Juwelen fehle, und hiermit befiel ihn die völlige Überzeugung seines Unglücks, und daß Leonella nicht die Ursache seines Elendes sei. So wie er war, ohne sich völlig anzukleiden, ging er aus, um seinem Freunde Lotario von seinem Schicksale Nachricht zu geben; da er aber auch diesen nicht fand und ihm die Diener sagten, daß er in dieser Nacht sein Haus verlassen und alles Geld mit sich genommen habe, glaubte er wahnsinnig zu werden; als er nun zuletzt in sein eigenes Haus zurückkehrte,
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