Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
geschrieben, so daß man sehen konnte, er hatte, ehe er den Perioden hatte beendigen können, sein Leben geendigt.
    Am andern Tage gab sein Freund den Verwandten Anselmos Nachricht von seinem Tode, die schon sein Unglück kannten und auch das Kloster wußten, in dem sich Camilla aufhielt, auch schon beinahe im Begriff, ihren Gemahl auf jener erzwungenen Reise zu begleiten, nicht deshalb, weil sie seinen Tod vernommen, sondern wegen dessen, was sie von ihrem abwesenden Freunde erfuhr. Ob sie gleich Witwe war, so wollte sie doch das Kloster nicht verlassen, noch weniger aber Nonne werden, bis sie – schon nach einigen Tagen – die Nachricht bekam, daß Lotario in einer Schlacht geblieben sei, die damals Monsieur de Lautrec dem Großen Feldherrn Gonzalo Fernandez de Cordova im Königreiche Neapel lieferte, wohin sich der zu spät bereuende Freund begeben hatte. Als Camilla dies erfuhr, ließ sie sich einkleiden und endigte nach wenigen Tagen ihr trauriges Leben, von ihren Schmerzen besiegt.
    Dies war das Ende, das alle nahmen und das aus einem so unseligen Anfange entstand.

    »Die Novelle«, sagte der Pfarrer, »gefällt mir; doch kann ich unmöglich glauben, daß sie wahr sei; ist sie aber erfunden, so hat sie der Verfasser schlecht erfunden, denn man kann sich keinen so törichten Mann denken, der eine so gefährliche Probe wie Anselmo anstellen sollte. Wäre diese Begebenheit zwischen einem Liebhaber und seiner Dame vorgefallen, so wäre es zu ertragen, aber zwischen Mann und Weib scheint es mir durchaus unmöglich; was aber die Art betrifft, wie die Geschichte erzählt ist, so hat mir daran nichts mißfallen.«

    5. [36.] KAPITEL
    Erzählt andere sehr wunderbare Begebenheiten, die sich
    in der Schenke zutrugen

    Indem rief der Wirt, der in der Tür der Schenke stand: »Da kömmt ein schöner Trupp von Gästen gezogen, wenn die hier einkehren wollen, so können wir gaudeamus rufen!«
    »Was sind es für Leute?« fragte Cardenio.
    »Vier Männer«, antwortete der Wirt, »reiten zu Pferde und mit kurzen Bügeln, sie führen Lanze und Schild, und alle haben schwarze Masken vor; mit ihnen kömmt ein Frauenzimmer, weiß gekleidet, die auf einem Damensattel sitzt, auch ihr Gesicht ist verhüllt, und dann folgen noch zwei Burschen zu Fuß.«
    »Sind sie schon nahe?« fragte der Pfarrer.
    »So nahe«, antwortete der Wirt, »daß sie schon da sind.«
    Als Dorothea das hörte, bedeckte sie ihr Gesicht, und Cardenio ging in Don Quixotes Gemach; sie hatten dies kaum getan, als alle diejenigen in die Schenke hereintraten, die der Wirt beschrieben hatte; die vier Ritter, die ein sehr feines Ansehen hatten, stiegen ab und hoben dann die Dame vom Sattel herunter; einer von ihnen empfing sie in den Armen und führte sie zu einem Sessel, der vor dem Gemache stand, in das sich Cardenio zurückgezogen hatte. In dieser ganzen Zeit nahm keiner von ihnen allen die Maske ab, auch sprach keiner ein Wort ; nur die Dame, die sich in den Sessel gesetzt hatte, stieß einen tiefen Seufzer aus und ließ die Arme niedersinken, wie jemand, der sich krank und ohnmächtig fühlt. Die Burschen, die zu Fuß folgten, brachten indes die Pferde in den Stall. Der Pfarrer, der dies sah und gern wissen wollte, wer die Leute wären, die in diesem Aufzuge und so stillschweigend reisten, ging den Burschen nach und befragte den einen um das, was er gern erfahren hätte, der ihm folgende Antwort gab: »Mein' Seel', Herr, ich kann Euch nicht sagen, wer die Leute sind, nur das weiß ich wohl, daß sie vornehm sind, besonders der eine, der die Dame, wie Ihr gesehen habt, in die Arme nahm; ich glaube es deshalb, weil ihm die andern große Achtung erweisen und auch alles nach seinen Befehlen geschieht.«
    »Und wer ist denn die Dame?« fragte der Pfarrer.
    »Das kann ich ebensowenig sagen«, antwortete der Bursche, »denn ich habe noch auf der ganzen Reise ihr Gesicht nicht gesehen; nur höre ich sie oft seufzen und so ächzen, als wenn sie mit jedem Seufzer den Geist aufgeben wollte; es ist auch kein Wunder, daß wir so gar nichts von ihnen wissen, denn mein Kamerad und ich, wir sind nur erst seit zwei Tagen in ihrer Gesellschaft, wir sind ihnen unterweges begegnet, und sie haben uns zugeredet, mit ihnen bis nach Andalusien zu gehen, wofür sie uns gut bezahlen wollen.«
    »Und habt Ihr den Namen von keinem unter ihnen gehört?« fragte der Pfarrer.
    »Durchaus nicht«, antwortete der Bursche, »denn sie reisen alle in solcher Stille, daß es zum Erstaunen ist,

Weitere Kostenlose Bücher