Don Quixote
ihm zu Köpfen stehen, und der heruntergelaufene Wein ist gewiß das, was dieser edle Tölpel für Blut gehalten hat.« Er drang hierauf sogleich in das Gemach hinein, und die übrigen folgten ihm, wo sie Don Quixote in dem allerwunderlichsten Aufzuge fanden. Er stand im Hemde da, welches nicht so vollständig war, daß es ihm vorn die Lenden ganz bedeckt hätte, hinten aber war es noch um eine Handbreit kürzer; seine Beine waren lang und dürr, rauh mit Haaren bewachsen und nichts weniger als rein; auf dem Kopf trug er eine Nachtmütze, über und über voll Schmutz, die dem Wirte zugehörte, den linken Arm hatte er in jenes Bettuch verwickelt, auf welches Sancho noch immer, und aus guten Gründen, schlecht zu sprechen war, in der Rechten hielt er den entblößten Degen, womit er von allen Seiten um sich hieb und dergleichen Worte sprach, als wenn er einen wahrhaftigen Kampf mit irgendeinem Riesen hätte; das seltsamste aber war, daß er die Augen fest ver schlossen hielt, denn er schlief noch und träumte, daß er eine Schlacht mit dem Riesen vornähme; seine Einbildung war nämlich so mit dem Abenteuer angefüllt, welches er zu vollbringen hätte, daß ihm vorkam, er sei bereits in dem Mikomikonischen Königreich angelangt, schon im Kampfe mit seinem Feinde begriffen, wobei er unzählige Hiebe auf die Schläuche getan, die nach seiner Meinung der Riese erhielt, daß das ganze Gemach mit Wein überschwemmt war. Als der Wirt dies gewahr wurde, ergrimmte er so, daß er den Don Quixote unterlief und ihm dermaßen mit derben Faustschlägen zusetzte, daß, wenn Cardenio und der Pfarrer ihn nicht zurückgerissen, er wahrscheinlich diesen Riesenkrieg geendigt hätte; aber von allem diesem erwachte der arme Ritter doch noch nicht, bis der Barbier einen großen Kübel mit frischem Wasser aus dem Brunnen holte und ihm diesen mit einem Guß über den ganzen Körper schüttete, worauf Don Quixote sich ermunterte, doch aber noch nicht so ganz bei sich war, daß er bemerkt hätte, in welchem Zustande er sich befand. Dorothea, die seine kurze und dünne Bekleidung wahrnahm, wollte nicht hereinkommen, um den Kampf ihres Beschützers mit ihrem Feinde anzusehen.
Sancho lief herum und suchte allenthalben auf dem Boden den Kopf des Riesen, und da er ihn nicht fand, sagte er: »Ja, ich weiß schon, daß hier im Hause alles verzaubert ist, denn an dem nämlichen Orte hier, wo ich jetzt stehe, gab man mir neulich eine Menge Püffe und Maulschellen, ohne daß ich wissen konnte, wer sie mir reichte, auch niemanden sah, und jetzt ist wieder der Kopf nirgends zu finden, den ich doch mit meinen eigenen Augen herunterschlagen gesehen habe, und daß das Blut aus dem Körper wie aus einem Springbrunnen herauslief.«
»Was für Blut und was für Springbrunnen, du Verfolger Gottes und aller seiner Heiligen!« rief der Wirt aus, »siehst du, Spitzbube, denn nicht, daß Blut und Springbrunnen nichts anderes ist als diese Schläuche, die durchstochen sind, und der rote Wein, der in der Stube schwimmt? Wofür ich dessen Seele in der Hölle sehen möchte, der sie mir so durchlöchert hat.«
»Ich begreif's nicht«, antwortete Sancho, »nur das begreif ich wohl, daß ich ein rechtes Unglückskind bin, denn wenn wir den Kopf nicht finden, so ist mir auch meine ganze Grafschaft so zergangen wie Salz im Wasser.« So war Sancho im Wachen noch verwilderter als sein Herr im Schlafe: so sehr hatten ihn die Versprechungen seines Herrn verstrickt.
Der Wirt wollte toll werden, als er die Kaltblütigkeit des Stallmeisters und die Übeltaten seines Gebieters sah, und schwur, daß es nicht so wie neulich kommen sollte, wo sie ohne Bezahlung abgereist wären, jetzt aber sollten die Privilegien der Ritterschaft keinen von beiden vor der Bezahlung schützen, so daß sie selbst die Flicken zu vergüten hätten, die man auf die zerstochenen Schläuche setzen müsse.
Der Pfarrer hielt Don Quixote bei den Händen, der nun glaubte, daß er das Abenteuer beendigt habe und sich vor der Mikomikonischen Prinzessin befinde; er kniete daher vor dem Pfarrer nieder und sprach: »Nunmehr mag Eure Hoheit, erhabne und höchst ruhmvolle Dame, in Sicherheit leben, denn keine Schmach vermag Denenselben die schlecht denkende Kreatur hinführo noch zuzufügen; auch bin ich von Stund an meines gegebenen Wortes quitt, denn mit Hülfe des großen Gottes und durch Gunst derjenigen, in der ich lebe und bin, hab ich es nunmehr vollendet.«
»Hab ich's nicht gesagt?« rief nun Sancho aus,
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