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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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sie eigentlich sind, so werfe ich das beste gegen die Wand, ja ich würde es ins Feuer schmeißen, wenn ich gerade welches in der Nähe hätte, weil sie eine solche Strafe mit Recht verdienen, denn sie sind falsch und betrügerisch und von allem entfernt, was natürlich zu nennen ist, sie sind als die Stifter neuer Sekten und Lebensweisen anzusehen, die Gelegenheit gegeben, daß der unwissende Haufe alle ihre Narrheiten glaubt und für eben so viele Wahrheiten hält, ja sie gehen so weit, daß sie sich unterstehen, die Köpfe verständiger und unterrichteter Männer zu verrücken, wie man wohl merken kann, daß sie mit Euch, mein edler Herr, getan haben, denn sie haben Euch so weit gebracht, daß man Euch hat in einen Käfig sperren müssen und Euch auf einem Ochsenkarren führen, wie man es mit einem Löwen oder Tiger macht, die von Dorf zu Dorf gefahren werden, um sie für Geld sehen zu lassen. Habt deswegen doch, Herr Don Quixote, Mitleid mit Euch selber und kehrt in die Arme der Vernunft zurück, gebraucht den guten Verstand, den Euch der Himmel gnädig verliehen hat, wendet das glückliche Talent Eures Geistes auf andere Lektüre, die zum Heil Eures Gewissens und zur Vermehrung Eures Ruhmes dient; führt Euch aber die natürliche Neigung dahin, Bücher zu lesen, die von großen Taten und von Ritterschaft handeln, so leset in der Heiligen Schrift das Buch der Richter, so findet Ihr dort wahrhaftig Größe und Taten, die ebenso tapfer als wahr sind. Lusitanien hatte einen Viriatus, Rom einen Caesar, Karthago einen Hannibal, Griechenland einen Alexander, Kastilien einen Grafen Fernan Gonzalez, Valenzia einen Cid, Andalusien einen Gonzalo Fernandez, Estremadura einen Diego Garcia de Paredes, Xeres einen Garci Perez de Vargas, Toledo einen Garcilaso, Sevilla einen Don Manuel de Leon, und das Lesen ihrer tapfern Taten hat noch immer die größten Köpfe unterhalten, belehrt, begeistert und in Bewunderung gesetzt. Eine solche Lektüre, mein Herr Don Quixote, wäre auch Eures scharfen Verstandes würdig, durch sie würdet Ihr in der Historie erfahren, für die Tugend enthusiastisch, zur Güte unterrichtet, in den Sitten verbessert, Ihr würdet tapfer ohne Tollkühnheit, dreist ohne Feigheit werden; alles dies würde Gott zur Ehre, Euch zum Nutzen und la Mancha zum Ruhm gereichen, wo Ihr, wie ich erfahren habe, geboren und erzogen seid.«
    Mit der allergrößten Aufmerksamkeit hörte Don Quixote die Worte des Canonicus an, und als er nun sah, daß jener geendet hatte, beschaute er ihn erst eine geraume Zeit, dann sagte er: »Soviel ich einsehen kann, mein Herr, wollt Ihr mir deutlich machen, daß es keine irrende Ritter in der Welt gegeben und daß alle Ritterbücher falsch, lügenhaft, schädlich und für den Staat unnützlich sind und daß ich übel getan, sie zu lesen, noch übler, sie zu glauben, am übelsten aber, ihnen nachzuahmen, indem ich mir das beschwerlichste Handwerk der irrenden Ritterschaft erwählt, welches sie lehren, da Ihr leugnet, daß es je in der Welt Amadisse gegeben, sowenig aus Gallia als aus Graecia, sowenig wie die übrigen Ritter, von denen diese Bücher angefüllt sind.«
    »Buchstäblich ist das meine Meinung, wie Ihr jetzt gesagt habt«, antwortete der Canonicus.
    Worauf Don Quixote sagte: »Auch fügtet Ihr hinzu, daß mir diese Bücher großen Schaden getan, indem sie mir den Kopf verrückt und mich in einen Käfig gesperrt, und daß es mir dienlicher wäre, eine andere und bessere Lektüre zu erwählen, nämlich wahrhaftige Sachen, die mich zugleich ergötzen und belehren könnten.«
    »So ist es«, sagte der Canonicus.
    »Ich aber«, versetzte Don Quixote, »finde nach meiner Rechnung, daß derjenige, der ohne Verstand und verzaubert ist, Euer Edlen selber ist, der Ihr Euch unterfangt, Lästerungen gegen eine Sache auszustoßen, die in der ganzen Welt als bekannt und wahrhaft angenommen ist, so daß, wer sie leugnet, wie Ihr es tut, diejenige Strafe verdient, die Ihr den Büchern zufügt, wenn Ihr sie leset und sie Euch verdrießlich fallen; denn zu behaupten, daß Amadis nie in der Welt gewesen oder die andern abenteuernden Ritter, von denen die Historien angefüllt sind, heißt nichts anders als behaupten, die Sonne gebe kein Licht, das Eis sei nicht kalt, die Erde trage uns nicht; denn welcher Mensch in der Welt könnte doch wohl einen andern überreden, daß nicht alles von der Infantin Floripe, von Gui von Burgund, von dem Fierabras und der Brücke von Mantibla, welches sich zu den

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