Don Quixote
gelebt haben, daß ich niemals gehört noch gesehen, noch mein Herr mir erzählt hat oder ihm nur ein Ding in die Gedanken gekommen ist, was diesem Abenteuer da ähnlich wäre. Ei du verteufelter Satansmensch – um dir nicht ärger zu fluchen – von Zauberer und Riese Malambruno! Also wußtest du gar keine andere Strafe für die armen Sünder da, als sie so zu zerbarten? Wie, wäre es nicht besser gewesen und hätten sie nicht ihre Rechnung besser dabei gefunden, wenn du ihnen die Hälfte der Nase heruntergeschnitten hättest und sie selber hätten schnüffeln müssen, als daß du ihnen Bärte angemacht hast? Ich will wetten, daß sie nicht einmal Geld haben, sich rasieren zu lassen.«
»So ist es auch, lieber Herr«, antwortete eine von den zwölfen, »wir haben kein Geld, uns reinigen zu lassen, und daher sind einige von uns auf ein gemeines Mittel gefallen, sich nämlich des Peches oder der Pechpflaster zu bedienen und diese auf das Gesicht zu legen, worauf sie sie plötzlich abreißen und so glatt und schier sind wie der Kolben einer steinernen Mörserkeule; denn wenn es auch in Candaya Weiber gibt, die von Haus zu Haus gehen, um Haare auszuziehen und Augenbraunen zu ordnen oder andere Schmierereien für die Weiber zu machen, so haben wir Dueñen unserer Herrschaft doch diese niemals zu uns lassen wollen, weil die meisten einen kleinen Beigeschmack haben, als ständen sie halb auf dem Fuß der Kupplerinnen, nachdem sie früher auf eigne Hand gelebt haben; wenn uns also vom Herrn Don Quixote nicht geholfen wird, so muß man uns wohl mit Bärten in die Grube tragen.«
»Ich würde mir den meinigen ausreißen lassen«, sagte Don Quixote, »und zwar im Mohrenlande, wenn ich Euch nicht von den Eurigen erlöste.«
In diesem Augenblicke kam die Dreischleppina aus ihrer Ohnmacht wieder zu sich und sagte: »Der Klingklang dieser Versprechung, hoher Ritter, ist mitten in meiner Ohnmacht in mein Gehör gedrungen und hat verursacht, daß ich wieder zum Bewußtsein und zu allen meinen Sinnen gelangt bin, und also bitt ich Euch von neuem, erlauchter Irrender und unbezähmbarer Gebieter, Eure anmutige Versprechung durch die Tat ins Werk zu setzen.«
»An mir soll es nicht fehlen«, antwortete Don Quixote; »sagt, meine Dame, was ich zu tun habe, denn meine ganze Seele ist willig, Euch zu dienen.«
»Die Sache ist«, antwortete die Schmerzenreich, »daß das Königreich Candaya von hier fünftausend Meilen entfernt liegt, wenn man zu Lande reist, ein paar Meilen auf oder ab; geht man aber durch die Luft und in gerader Linie, so sind es dreitausendzweihundertundsiebenundzwanzig Meilen. Ich muß zugleich erzählen, wie Malambruno mir gesagt hat, daß, wenn das Schicksal mir den Ritter, unsern Erlöser, zuführte, er ihm eine Reitgelegenheit zuschicken wolle, die viel besser und weniger tückisch sein würde, als es sonst wohl dergleichen Retourpferde sind, es soll nämlich jenes selbige hölzerne Pferd sein, auf welchem der edle Peter die zarte Magelone entführte, welches Pferd durch einen Zapfen, den es auf der Stirn hat, regiert wird, der ihm zum Zaume dient, und das mit solcher Leichtigkeit durch die Lüfte fliegt, daß es nicht anders ist, als wenn es die Teufel selbst fortführten. Dieses Pferd, wie eine alte Sage geht, ist von dem weisen Merlin verfertigt. Er lieh es dem Peter, der sein Freund war, und womit dieser große Reisen machte und, wie schon gesagt, die schöne Magelone entführte, die es auf seinen Hüften durch die Lüfte davontrug, so daß alle wie vernarrt standen, die dies von der Erde wahrnahmen; er lieh es auch keinem andern, als wen er liebte oder wer es ihm tüchtig bezahlte, und seit dem großen Peter hat, soviel wir wissen, bis jetzt noch keiner darauf geritten. Seitdem hat es Malambruno durch seine Künste bekommen und hält es in seiner Gewalt, er bedient sich dessen auf seinen Reisen, die er augenblicks in verschiedene Teile der Welt tut, denn heut ist er hier und morgen in Frankreich und übermorgen in Potosi; und was noch das beste ist, so frißt dies Pferd weder, noch schläft es, noch läuft es sich die Eisen ab und geht einen so leichten Paß durch die Lüfte, ohne Flügel zu haben, daß derjenige, der darauf sitzt, eine Schale voll Wasser in der Hand halten kann, ohne einen Tropfen zu verschütten, so sanft und angenehm ist sein Gang, weswegen auch die schöne Magelone so gern auf demselben zu reiten pflegte.«
Hierauf sagte Sancho: »Was ein sanftes und angenehmes Gehen betrifft, so ist
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