Don Quixote
allein gehen sollt, alle Eure Ei sen zwischen den Beinen und die ganze Kette über den Buckel gehängt!«
Pasamonte, der nicht von geduldiger Gemütsart war, auch schon daraus begriffen hatte, daß Don Quixote nicht gescheit sei, indem er das tolle Unternehmen angefangen, sie frei zu machen, gab, da er sich so schlecht behandelt sah, seinen Kameraden einen Wink, die sich alsbald von allen Seiten entfernten und einen solchen Hagel von Steinen nach Don Quixote schleuderten, daß er nicht Hände genug hatte, um sich mit seinem Schilde zu schirmen, wobei der arme Rozinante sich aus allen Spornen nichts mehr machte, als wenn er aus Erz gegossen wäre. Sancho kroch hinter seinen Esel und verbarg sich dort vor dem Sturmwetter von Steinen, das auf sie beide herabstürzte. Don Quixote konnte sich nicht so ganz verschilden, daß ihn nicht einige Kiesel so gewaltig auf den Leib getroffen hätten, daß sie ihn auf die Erde warfen. Er war kaum niedergefallen, als sich der Student über ihn machte, ihm das Bartbecken vom Kopfe nahm, ihm damit drei oder vier Schläge auf den Rücken gab und es so lange gegen die Erde schmiß, daß es beinah in Stücke brach; sie nahmen ihm überdies einen Waffenrock ab, den er über der Rüstung trug, und hätten ihm ohne Zweifel selbst die Strümpfe ausgezogen, wenn sie daran nicht der Beinharnisch gehindert hätte. Dem Sancho nahmen sie seinen Regenmantel und ließen ihn entkleidet, worauf sie untereinander die in der Schlacht gewonnene Beute verteilten und jeder sich nach einer andern Gegend davonmachte, eifriger besorgt, der furchtbaren Brüderschaft zu entwischen als sich mit der Kette zu beladen und sich vor der Dame Dulcinea von Toboso zu präsentieren.
Der Esel und Rozinante, Sancho und Don Quixote blieben einsam zurück, der Esel kopfhängend und nachdenklich, indem er je zuweilen die Ohren schüttelte, wohl in der Meinung, daß der Steinregen, der seine Ohren getroffen, noch nicht aufgehört habe; Rozinante, neben seinem Herrn hingestreckt, ebenfalls durch ei nen Wurf niedergestürzt; Sancho, ohne Mantel und in Furcht vor der Heiligen Brüderschaft; Don Quixote ungemein verdrießlich, sich so schlecht von denen behandelt zu sehen, denen er so große Wohltat erwiesen hatte.
9. [23.] KAPITEL
Was dem berühmten Don Quixote in dem Schwarzen Gebirge begegnete, eines der wundersamsten Abenteuer, die in dieser wahrhaften Geschichte vorgetragen werden
Wie sich nun Don Quixote so schlimm zugerichtet sah, sagte er zu seinem Stallmeister: »Immer, Sancho, habe ich sagen hören, den Nichtswürdigen Gutes erzeigen heiße Wasser ins Meer tragen; hätte ich deinen Worten geglaubt, so hätte ich freilich diesen Verdruß nicht erfahren, aber da es nun geschehen ist, so sei die Geduld mein Trost, und daß ich ins künftige Rat annehmen werde.«
»Ihr werdet gerade so Rat annehmen«, antwortete Sancho, »wie ich ein Türke bin; da Ihr aber doch sprecht, daß Ihr dieses Unglück nicht erfahren, wenn Ihr mir geglaubt hättet, so glaubt mir nur jetzt, damit Ihr nicht ein anderes, noch größeres Unglück erlebt, denn Ihr müßt wissen, daß sich die Heilige Brüderschaft nichts um die Ritterschaft schert, denn sie gibt für alle irrenden Ritter zusammen noch keine zwei Dreier, und mir ist immer schon, als wenn uns ihre Spieße um die Ohren brummen.«
»Du bist eine geborne Memme, Sancho«, sagte Don Quixote, »damit du aber nicht sagen könnest, ich sei halsstarrig und befolge niemals deinen Rat, will ich dieses Mal tun, was du mir rätst, und dem Unheil, das du fürchtest, aus dem Wege gehen; doch nur unter der einen Bedingung, daß du niemals so im Leben wie im Sterben jemanden sagen dürfest, ich zöge mich aus Furcht vor der Gefahr, sondern nur deinen Bitten zu Gefallen zurück: denn sagst du es anders, so lügst du, und jetzt wie alsdann, auch alsdann so wie jetzt werde ich dich Lügen strafen, und du wirst lügen, sooft du es denken oder sagen magst, und erwidere nichts weiter, denn wenn du es nur denkst, daß ich irgendeiner Gefahr aus dem Wege trete, vorzüglich dieser, die in der Tat so gleichsam einen kleinen Anschein von gegründeter Furcht mit sich führt, so bin ich entschlossen, hier zu bleiben und ganz allein alles zu erwarten, nicht allein diese Heilige Brüderschaft, die dich besorgt macht, sondern zugleich alle Brüder der zwölf israelitischen Stämme, samt den sieben Makkabäern, ingleichen Kastor und Pollux, wie nicht minder alle Brüder und Brüderschaften, die es nur in der Welt
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