Doppelt gebloggt hält besser (German Edition)
schenkt gerne, da sind sich die Grete und sie sehr ähnlich. Weihnachten ohne Geschenke ist wie Sommer ohne Sonne. Sagt die Grete. Lieschen schenkt wirklich gerne, aber Weihnachten? Die Meinung teilt sie nicht mit der Grete. Geschenke, Gegengeschenke … alles Blödsinn. Zwischendurchgeschenke, das ist viel eher ihr Ding. Und das war ein typisches Malebenzwischendurcheinekleinefreudemachgeschenk. Und was für eines. Lieschen hat der Grete nämlich ein Shirt genäht. Knallbunt. Mit passender Kette. Auch knallbunt. Und auch selbstgemacht. Sowas kann das Lieschen nämlich. Aus der Lamäng. Die braucht keine Anleitung dazu. Fast wären bei Grete Tränchen gekullert, so hat die sich gefreut. Selber landet sie beim Shoppen nämlich fast immer bei einfarbigen Teilen mit Schwarz kombiniert. Dabei mag sie bunt. Lieschen weiß das nur zu gut. Die kennt die Grete eben. Und gerade deshalb ist so ein Geschenk mehr wert, als alles Gold der Welt.
Gruß vonner Grete
Lieschen, Grete und die Dame vom Nachbartisch
Weil das Fräulein Grete gestern zum ersten Mal ein bisschen später zum Kaffee kam, hatte die Liese Zeit die Umgebung des Cafés, in dem sie sich seit Jahren mit ihrer Freundin trifft, einmal ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. Von ihrem Stammplatz, im Grunde mitten auf dem Marktplatz, aus, betrachtete sie sich die umliegenden Läden. Alles bekannte Namen. Ableger der Giganten, die sich durch fast alle deutschen Groß- und Kleinstädte fressen. Lieschen setzte extra die Brille auf, um herauszufinden, ob es nicht wenigstens einen Laden gab, der nicht zu einer dieser Ketten gehörte, die quasi alle das Gleiche verkauften. Aber nein. Sie erspähte nicht ein kleineres, im Angebot abweichendes Lädchen. War das schon immer so? Überall Riesenleuchtreklamen, jede Menge Rundständer vor den Läden und Einheitszeugs. "Wer soll das alles kaufen?" fragte sie sich. Offensichtlich laut. Denn die Dame vom Nachbartisch sagte "Naja. Geht ja schnell kaputt."
Lieschen lachte und freute sich über die sehr ungewöhnlich gekleidete Dame am Nachbartisch. Strahlende, lebendige Augen hatte die. Sieht man nicht oft, dachte die Liese und sagte: "Sie kaufen das doch auch nicht, oder?" "Nein! Um Gottes Willen, nein! Ich will doch nicht aussehen wie alle." Und noch bevor Lieschen während des Hochziehens ihrer Augenbrauen eine weitere Frage formulieren konnte, fügte sie hinzu: "Ich lasse mir die Kleidung von einer Freundin anfertigen oder suche in Städten, die in Nebenstraßen noch besondere Lädchen haben. Ich brauche nicht viel. Das Wenige soll aber sitzen, schön sein und nicht nach der ersten Wäsche im Müll landen müssen. Sie müssen wissen", ging es weiter, "Sie müssen wissen, mich kotzt diese Verschwendung und Umweltzerstörung an. Ganz zu schweigen von dem Elend, das dieser völlig überflüssige Überfluss über die Arbeiter in den Herstellerländern und die Angestellten in den europäischen Filialen dieser gigantischen, ausbeuterischen Unternehmen bringt."
Ein Redefluss, dessen Ende nicht in Sicht war, der Dame aber gut zu Gesicht stand. "Von der Verschandelung der Städte, die man ja kaum noch unterscheiden kann, will ich gar nicht erst anfangen. Das muss sich ändern und bei den Verbrechen mache ich einfach nicht mit!" Lieschen amüsierte sich. Sie mag es, wenn sich Menschen aus Überzeugung ruhig und bestimmt in Rage reden. Und außerdem hätte sie der Dame ja in allem zugestimmt, wenn sie gefragt worden oder wenigstens zu Wort gekommen wäre.
"Am Schlimmsten ist", fuhr die fort, "dass die meisten Menschen in dieser Einheitskleidung bescheuert aussehen. Gucken die sich denn niemals im Spiegel an? Wissen die denn nicht, dass es keinen Einheitsmodezwang gibt?" Jetzt geht’s aber los, dachte das Lieschen. Und als sie gerade beginnen wollte, die Käufer des Überangebots, das Mode genannt wird, zu verteidigen, kam die Grete mit ihrem Fahrrad um die Ecke gerast und begann noch während sie das Rad am Sonnenschirm festschloss, von Milchpulver, ner Drogerie, Frau Heber und den Chinesen zu berichten. Das stoppte die Rede der Dame vom Nachbartisch. Die bestellte sich noch ein Sektchen, nickte kurz der Grete zu und tat dann so, als gäbe es etwas Interessantes schräg hinter der Grete und der Liese zu betrachten.
Vermutlich hatte sie aber sowohl Ohren als auch Augen mitten auf dem Tisch unserer beiden liegen, wo eigentlich kaum noch Platz war zwischen den vielen Getränken, Kuchen und Salaten, die sie wie jeden Mittwoch
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