Dorfpunks (German Edition)
bemerkte. Die ich immer wieder anguckte und begehrte.
Wir wollten sie kennen lernen und stellten unter irgendeinem Vorwand den Kontakt her. Sie hatte ein bezauberndes Lachen, sie lachte die ganze Zeit über uns. Sie war eine echte Prinzessin, jedes Alter hat seine Prinzessin, sie war die jetzige.
Ich freundete mich mit ihr an, und schnell waren wir so was wie beste Freunde. Das hatte ich vorher noch nicht erlebt, ich hatte mich bisher eigentlich nur in gleichgeschlechtlichen Kreisen aufgehalten, schon allein, weil unsere Interessen eher übereinstimmten: Waffen, Gewalt, Mofas, Scheiße sein.
Die Woche über war Celine in Hamburg. Manchmal kam sie auch mehrere Wochenenden nicht, und ich träumte von ihr. Wir schrieben uns Briefe, von denen ich in Erinnerung habe, dass sie sehr sehnsüchtig waren. Wenn sie da war, hingen wir die ganze Zeit zusammen und redeten. Sie mochte mich wirklich, aber sie war reifer als ich, etwas größer, strahlend, verlockend, sie war bereit für die Liebe. Ich dachte, ich wäre es auch, aber ich war es nicht, meine Stimme war noch nicht gebrochen, und ich hatte kaum Haare am Sack. Alle Jungs schwirrten um Celine, um mich schwirrte niemand. Aber ich war am engsten an ihr dran, und das war viel wert. Obwohl man mich im Dorf scheel anguckte, weil ich mit einem Mädchen befreundet war (einmal verprügelten sie mich dafür), wussten sie gleichzeitig, dass ich der Typ mit der Verbindung war, der Keeper of the Seventh Key, Petrus an der Himmelspforte. Sie hatten keinen Kontakt zu Celine, waren nicht so gut im Mädchenkennenlernen oder vielleicht auch nur zu faul. Jedenfalls kamen sie zu mir und fragten mich, ob Celine vielleicht auch mit auf die und die Party kommen würde. Sie kamen zu mir , die Großen, die ganz dicken Fische aus der Dorfszene: Bosch, Doser, Notter und die anderen. Ich hatte Macht, denn Celine war der kostbarste Schatz im Dorf, und sie vertraute mir.
Bei alldem vergaß ich manchmal, dass ich selber ja auch Ansprüche hatte, eigentlich war ich doch in sie verliebt. Sie war mir nah, aber sprach mit mir über die anderen Jungs. Sie brauchte mich als Freund und als Kontakter zu den Dorftypen, ich war der Botenjunge oder vielleicht sogar Amor. Amor, um die Liebe betrogen. Ich stellte jeden erwünschten Kontakt her, und Celine holte sich die besten Typen. Dadurch war ich in guter Gesellschaft, aber trotzdem alleine, denn sie ging mit den anderen, küsste die anderen, hatte wahrscheinlich Sex mit ihnen.
Irgendwann begriff sie mein Drama. Wir redeten drüber, und sie versprach mir, dass sie mich bald küssen werde und wahrscheinlich auch mit mir zusammen sein wolle. Das war vor einer großen Party mit so zwölf Leuten bei einem Typen im Keller, den wir Eier nannten, im unteren Dorf.
Ich konnte es kaum glauben, dass ich, der sie entdeckt hatte und sie schon so lange kannte, jetzt auch endlich an der Reihe sein sollte. An der Reihe, ihre süße Liebe zu bekommen, was auch immer das im Einzelnen heißen sollte. Aber als der Abend bereits etwas vorangeschritten war, kam sie zu mir und gestand mir mit Tränen in den Augen, dass sie jetzt mit Doser liiert sei. Ich hatte es geahnt. Natürlich machte ich auf ritterlich und tapfer, doch innerlich fühlte ich mich vollkommen ausgehöhlt. Das war so unfair. Warum sollte denn ausgerechnet ich als Einziger im Dorf von ihr ungeliebt bleiben? Danach tanzte ich sechzig Singleseiten am Stück durch. Suzi Quatro, Sweet, Smokie, Abba, Kiss, Udo Lindenberg, David Dundas (jahrelang fragte ich mich, was wohl «Mappel Jeans» und was wohl «Opel Jeans» sein sollten, die er in seinem einzigen Hit «Jeans On» besang), Hello, Rubettes, Uriah Heep, Heart, 10 CC, Oliver Onions, Donna Summer, immer im gleichen Schritt, einmal vor, einmal Seite, einmal zurück, als Einziger auf der Tanzfläche, bis mich jemand auf meine langweilige Technik ansprach und ich beleidigt nach Hause ging.
Von jetzt an war ich von Celine getrennt. Nach fast zwei Jahren. Es ging schnell, nach ein paar letzten Briefen brach unsere Beziehung zusammen. Sie blieb bei den größeren Typen.
Mein Cousin Barni hatte die treffenden Worte dazu bei mir an die Zimmerwand geschrieben, Worte, an die ich immer wieder gerne denke:
Frauen sind geil, wenn man die richtige hat.
Der große, gefährliche Motor Langeweile
Sonny und Bernd traf ich jeden Tag in der Schule. Wir waren eine von diesen kleinen Mistgangs, die den Erwachsenen das Leben zur Hölle machen. Wir waren die Arschlöcher, die ich
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