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Dornen der Leidenschaft

Dornen der Leidenschaft

Titel: Dornen der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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wieder.
    »Ich verstecke mich vor meiner Anstandsdame«, gestand sie schüchtern.
    »Ach so.« Er lächelte. »Und das ist gar nicht so einfach, oder?«
    »Sí« ,sagte sie und bot ihm, da sie befürchtete, daß der junge Mann vielleicht gleich weiterreiten und aus ihrem Leben verschwinden würde, eine Orange an.
    Es war ein heißer Tag, der junge Mann war durstig.
    »Sehr gern«, antwortete er.
    Aurora pflückte eine Frucht von einem der überhängenden Zweige und hielt sie ihm zögernd hin. Der junge Mann schnitt sie mit einem Messer in vier Teile und biß hinein. Sie schaute ihm schweigend zu und überlegte fieberhaft, was sie sagen könnte.
    »Ich – ich wünschte, ich könnte so gut reiten wie du«, stammelte sie schließlich.
    Der junge Mann warf die Orangenschalen weg und wischte sich die safttriefenden Hände an einem Taschentuch ab. Das Kind gefiel ihm gut, obwohl er nicht wußte, warum. Sie konnte höchstens fünf Jahre alt sein, aber sie war so schön!
    »Es ist schon spät, und ich muß gehen. Aber ich komme morgen wieder her, und wenn du es schaffst, deiner Anstandsdame wieder zu entkommen, dann gebe ich dir eine Reitstunde.«
    Aurora wurde rot und zitterte vor Aufregung.
    »Wirklich wahr? Versprichst du mir das?«
    »Ja. Hasta luego, muñeca mía. «
    Dann verschwand der junge Mann so plötzlich, wie er gekommen war. Aurora umarmte sich fest und war sich bewußt, daß etwas Außergewöhnliches passiert war. Sie bemerkte kaum, daß sie wieder ihre normale Kleidung trug. Vielleicht hatte sie sich das mit dem Brokatkleid auch nur eingebildet. Es war nicht so wichtig. Wichtig allein war der gutaussehende junge Mann. Irgendwie mußte sie es schaffen, morgen wieder hier auf der Mauer zu sein!
    Als sie ins Haus zurückkam, war sie immer noch so aufgeregt, daß sie die Standpauke, die ihr ihre Anstandsdame hielt, gar nicht beachtete.
    Am nächsten Tag tat Aurora während der siesta so, als ob sie schliefe. Aber als ihre Anstandsdame eindöste, schlüpfte sie leise aus dem Bett, zog sich, so gut sie konnte, an und lief in den Garten. Wieder kletterte sie auf den Orangenbaum und schwang sich auf die Mauer. Sie hielt ängstlich nach ihm Ausschau. Was, wenn sie zu spät gekommen war? Wenn sie den jungen Mann verpaßt hatte? Oder wenn er überhaupt nicht kam?
    Nein. Wieder hüllte dieser ganz besondere Nebel sie ein. Und als sie ihre Augen öffnete, war er da, genauso plötzlich wie gestern. Auroras Herz klopfte vor Freude. Er hatte Wort gehalten! Er war gekommen!
    Als er sie grüßte, glaubte sie vor Glück zu zerspringen. Er fragte, ob sie bereit sei, und hob die Arme, um sie von der Mauer in seinen Sattel zu heben, der so merkwürdig wirkte wie seine Kleidung. Sie hielt sich am Sattelknopf fest und freute sich darüber, daß der junge Mann sie im Arm hielt, damit sie nicht vom Pferd stürzen konnte. Er gab seinem Hengst leicht die Sporen, und sie jagten dahin.
    »Aurora. Aurora. Aurora! Bist du taub? Ich habe dich schon zehnmal gerufen. Warum hast du nicht geantwortet?«
    Das Kind schaute sich völlig verwirrt um und sah, wie ihr älterer Bruder Basilio den Orangenbaum hochkletterte und sich neben sie setzte. Was machte sie hier auf der Mauer, wo sie doch ein paar Augenblicke zuvor noch auf dem Pferderücken über das Land galoppiert war? Das war doch nicht möglich!
    »Ist alles in Ordnung?« fragte der zehnjährige Basilio neugierig und etwas besorgt. Das Gesicht seiner Schwester kam ihm noch blasser vor als sonst. »Niña, ist irgendwas los?«
    Sie drückte mit ihren kleinen Händen die ihres Bruders, es war ihr ein entsetzlicher Gedanke gekommen.
    »Basilio«, flüsterte Aurora, »wie lang sitze ich schon hier oben?«
    »Nun, seit ich gesehen hab’, wie du heimlich das Haus verlassen hast, und hinter dir her gegangen bin«, antwortete er verwirrt. »Warum, was ist denn los?«
    »Nichts – nichts«, stammelte sie verwirrt. Sie wagte es nicht, ihrem Bruder von ihrem »Traum« zu erzählen.
    Es gab diesen schönen jungen Mann überhaupt nicht! Es hatte ihn niemals gegeben! Sie hatte sich das Ganze nur eingebildet! Wirklich? Es war ihr alles so echt vorgekommen … Süßer Jesus! Vielleicht war sie ebenso verrückt wie der alte Simon!
    Dieser Gedanke machte ihr große Angst. Sie fürchtete, in ein dunkles Dachzimmer eingesperrt zu werden – ein Schicksal, das eine ihrer Vorfahrinnen hatte erleiden müssen. Die Familie hatte sich ihrer geschämt, und niemand hatte gewußt, wer eigentlich da oben

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