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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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hatte das Gefühl, als ob statt warmen Bluts ein eisiger Wasserstrom durch ihre Adern schoss.
    Â»Auf die Knie«, sagte Meade zu Lydia. Während sie gehorchte, schloss sie die Augen, und ein Strom von Tränen rann ihr über das Gesicht. Sie sah beinahe aus, als ob sie beten oder meditieren würde, doch die Röte ihrer Haut und ihre zusammengepressten Lippen drückten ihr Entsetzen aus. Ihre Kutte flatterte im Wind, und Brenna fragte sich, wie Lydia es schaffte, selbst in Todesangst zu schweigen. Wie in aller Welt stellt sie das an?
    Meade starrte Lydia an. »Du bist hierhergekommen«, sagte er zu Brenna, »weil du wissen wolltest, was mit ihrem Kind geschehen ist.«
    Â»Ja.«
    Â»Warum?«
    Brenna brachte nur mit Mühe einen Ton heraus. »Weil … mir Iris wichtig ist.«
    Meade schien kurz zu überlegen, während er den Lauf seiner Pistole aus ihrem Genick zwischen ihre Schulterblätter wandern ließ, stellte aber schließlich fest: »Manche Feuer brennen aus einem bestimmten Grund.«
    Â»Was?«
    Mit seiner freien Hand riss er das Klebeband von Brennas Handgelenken ab. »Mach sie los«, wies er sie an, und Brenna zog das Klebeband auch von Lydias Handgelenken ab, während sich ihre Gedanken überschlugen. Sollte sie vielleicht versuchen, ihm den Ellbogen in den Unterleib zu rammen? Aber dazu blieb ihr keine Zeit, denn er packte sie bereits wieder am Hals, riss sie ein Stück zurück und presste ihr die Pistole unters Ohr.
    Â»Sag es ihr«, wies er Lydia rüde an.
    Lydia starrte sie aus tränennassen, dunklen Augen an und schüttelte den Kopf.
    Â»Sag ihr, was mit deiner Tochter passiert ist.«
    Lydia holte Luft, und als sie plötzlich etwas sagte, hatte ihre Stimme nach dem jahrelangen Schweigen einen rauen Klang: »Sie hat uns überrascht.«
    Â»Iris.«
    Â»Ja.« Als Lydia nicht weitersprach, sondern Brenna einfach ansah, entsicherte Meade zur Warnung die Pistole.
    Â»Weiter«, knurrte er.
    Â»Wir dachten, sie wäre bei den Koppelsons – sie hätte dort bei ihrer Freundin übernachten sollen –, aber dann kam sie plötzlich nach Hause und überraschte Roger und mich im Bett. Sie fing an zu schreien, und ich bin ihr hinterhergelaufen und habe versucht, es ihr zu erklären. Habe ihr gesagt, dass Roger ihr neuer Daddy werden würde. Habe ihr gesagt, dass Roger und ich uns lieben.«
    Brenna bekam einen trocknen Mund, und ihre Brust zog sich zusammen.
    Â»Aber sie schrie immer weiter. Schrie und schrie. Brüllte, der Weihnachtsmann hätte mir weh getan. Ich … ich habe ihre Arme festgehalten. Ich wollte sie nur beruhigen.«
    Â»Aber sie war immer noch nicht still«, erklärte Meade.
    Â»Ich habe versucht … sie zum Schweigen zu bringen.«
    Â»Weiter.«
    Â»Ich habe sie festgehalten, und sie hat geschrien, und ich … ich habe ›hör auf‹ gesagt und sie geschubst. Aber ich habe sie zu fest geschubst, so dass sie die Treppe runtergefallen ist.« Sie blickte zu Brenna auf, und wieder strömten Tränen über ihr Gesicht. »Ich wollte alles gestehen, aber dann hatte ich zu große Angst. Roger meinte, diese Sache würde ihn und seine Familie ruinieren. Er versprach mir, mich immer zu beschützen. Ich hatte eine solche Angst.«
    Brenna starrte Lydia an. Ihr Mitgefühl und ihre Angst wichen einem Gefühl der Leere. Sie hat ihr eigenes Kind getötet und versteckt. »Und dann hat der Weihnachtsmann Iris in seinem blauen Wagen mitgenommen«, hörte sie sich sagen.
    Â»Ja.«
    Â»Roger Wright hat Iris’ Leichnam aus dem Haus geschleppt und in seinen Firmenwagen, in dem er Sie immer besuchen gekommen ist, gepackt. Dann hat er die Leiche Ihres Kindes zu der Baustelle gefahren, unter dem Hügel begraben und an genau der Stelle den Brunnen bauen lassen.« Das also hatte Maggie Schuler aus dem Fenster ihres Zimmers gesehen. Sie hatte Roger Wright gesehen, wie er mit der Leiche ihrer Freundin weggefahren war. »Und dann hat er eine Karte für Sie gezeichnet.«
    Lydia sah erst Meade und dann wieder Brenna flehend an.
    Â»Sie hat es verdient, zu sterben«, sagte Meade.
    Und Brenna dachte: Ja, vielleicht.
    Â»Stoß sie runter. Jetzt«, verlangte Meade.
    Â»Sie werden mich auch umbringen«, stellte Brenna fest. »Werden mich auch über den Rand des Abhangs werfen. Es wird wie ein Unfall aussehen. Ich habe

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