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Dornröschenschlaf

Dornröschenschlaf

Titel: Dornröschenschlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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damit alle Welt sie sah. »O mein Gott, nein, bitte. Bitte nicht Lydia.«
    Noch immer völlig auf das Bild in ihren Händen konzentriert, bewegte sich Brenna wie in Trance durch die große Eingangshalle, bis sie einen kleinen, daran angrenzenden Raum voller Bücherregale fand. Zwei Menschen in orangefarbenen Kutten saßen dort, ein älterer schwarzer Mann, der las, und eine kräftige blonde Frau.
    Â»Ich muss zu Lydia Neff.« Brennas Stimme prallte von den Wänden ab, und die beiden sahen sie mit großen Augen an, sagten aber nichts. Dieses gottverdammte Schweigegelübde , dachte sie und fügte eindringlich hinzu: »Könnten Sie mich wohl bitte zu ihr bringen? Es ist wirklich wichtig. Es geht um ihr Kind.«
    Endlich nickte der Mann, stand auf, und Brenna folgte ihm zurück in die Eingangshalle, vorbei an dem Brunnen, hinters Haus und einen weiteren gewundenen Pfad hinauf an einer Reihe kleiner Hütten vorbei an den Rand von einem Wald, durch den sich eine Reihe von Wanderwegen schlängelten. Vor der letzten Hütte, die direkt am Waldrand lag, blieb er stehen, klopfte leise an und wandte sich wieder zum Gehen.
    Keine Reaktion.
    Brenna klopfte lauter als der Mann, und als noch immer keine Antwort kam, rief sie gellend Lydias Namen, bis die Tür endlich geöffnet wurde und sie das Gesicht von der Life-Coach-Webseite sah. Nur sah es inzwischen irgendwie noch stumpfer aus. Grauer, trauriger und deutlich älter, als die Frau tatsächlich war. Brenna zog die Zeichnung aus der Tasche, faltete sie mit zitternden Händen auseinander und hielt sie Lydia hin.
    Lydia wurde kreidebleich. Und eine weitere Bestätigung war nicht erforderlich.
    Â»Das ist eine Karte«, stellte Brenna fest.
    Lydia versuchte, die Tür wieder zu schließen, aber Brenna lehnte sich dagegen, und dann war sie in der Hütte – einem düsteren, spärlich möblierten Raum – und machte die Tür hinter sich zu. »Das Strichmännchen ist Iris. Ihre Tochter ist in der Wohnanlage Waterside begraben, dort, wo damals der Brunnen stand. Sie haben dort nicht meditiert, sondern das Grab von Ihrem Kind besucht.«
    Lydias Augen füllten sich mit Tränen, doch sie schüttelte den Kopf.
    Â»Geben Sie Ihr Schweigegelübde auf. Es hilft Ihnen auch nichts, wenn Sie nicht mehr reden. Dadurch ändern sich die Dinge nicht.«
    Lydia schüttelte noch immer vehement den Kopf, doch erst als sie vor ihr zurückwich, merkte Brenna, dass die Hütte wirklich winzig und dass außer ihnen beiden noch eine Person im Zimmer war.
    Keine drei Meter von ihr entfernt saß Adam Meade mit seiner .45er auf Lydias ordentlich gemachtem Bett.
    Inzwischen hatte er das Bild. Nachdem er Lydia die Waffe an den Kopf gehalten und sie so gezwungen hatte, Brennas Hände mit Klebeband auf dem Rücken zusammenzubinden, hatte er es sorgfältig zusammengefaltet und in seine Brusttasche gesteckt. Danach hatte er auch Lydia gefesselt und die beiden Frauen aus der Hütte gezerrt. Der Lauf seiner Pistole drückte Brenna ins Genick, und da Lydia direkt vor ihr lief, würde er mit einem Schuss mühelos sie beide umbringen.
    Auf dem Weg nach draußen starrte Brenna Lydias breiten Rücken in der orangefarbenen Kutte an. Das Beben ihrer Schultern zeigte, dass sie lautlos schluchzte. Das hatte die Mutter eines toten Kindes während ihres zweijährigen Schweigens sicher oft getan.
    Sie liefen durch den Wald. Trotz des voranschreitenden Herbstes waren die Bäume größtenteils noch dicht belaubt und die Blätter kaum verfärbt.
    Â»Das wird Roger nicht gefallen«, stellte Brenna fest.
    Â»Halt die Klappe«, knurrte Meade.
    Der Lauf seiner Pistole in ihrem Genick war noch kälter als die Luft. »Weil Roger sie nämlich liebt.«
    Lydia holte zischend Luft, und ihr gesamter Körper spannte sich für Brenna deutlich sichtbar an.
    Â»Das wird er Ihnen nicht verzeihen, Adam«, fuhr Brenna fort.
    Am Ende des Wegs dehnte sich eine Wiese aus, über die man zu dem Steilhang kam, der auf der Webseite zu sehen war, weil er eine atemberaubende Aussicht auf den Hudson River bot.
    Der in hundertfünfzig Meter Tiefe floss.
    Sie näherten sich dem Hang. Struppige Pflanzen klammerten sich dort an scharfen Fels – es ging senkrecht nach unten, nirgendwo bot sich ein Halt, nirgendwo würde ein Sturz gedämpft.
    Brennas Knie wurden weich. Sie starrte auf den Fluss und

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