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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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zurücklag, auf den Feldwegen in den Fens das Motorradfahren beigebracht hatte. Es war eigentlich noch nicht kalt genug für Kaminfeuer, aber von seinem Aussichtspunkt auf dem Hügel aus konnte er sehen, daß aus den Häusern im Dorf Rauch aufstieg, und der scharfe Geruch brennenden grünen Holzes lag in der Luft.
    Da sah er es, ausgebreitet auf den Abhängen der Hügel, wie die Lösung eines Schachproblems. Er sah die Angriffslinien, die Vorbereitung, das Täuschungsmanöver. Nichts war so gewesen, wie es geschienen hatte.
    Vicary eilte zurück zu seinem Cottage und rief im Kriegsministerium an. Er verlangte nach Boothby. Dann wurde ihm bewußt, daß es schon spät war und Freitag - die Wochentage hatten für ihn ihre Bedeutung verloren. Doch wie durch ein Wunder war Boothby da und nahm sogar selbst den Hörer ab.
    Vicary nannte seinen Namen. Boothby sagte, er sei wirklich erfreut, seine Stimme zu hören. Vicary versicherte ihm, daß es ihm gutgehe.
    »Ich würde gern mit Ihnen reden«, sagte Vicary, »Es geht um Kesselpauke.«
    Am andern Ende der Leitung herrschte Schweigen. Aber Vicary wußte, daß Boothby nicht aufgelegt hatte, denn er hörte ihn unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschen.
    »Sie sind eine persona non grata und dürfen sich hier nicht mehr blicken lassen, Alfred. Also muß ich wohl zu Ihnen kommen.«
    »Fein, Sir Basil. Und tun Sie nicht so, als wüßten Sie nicht, wo ich wohne. Es entgeht mir nämlich nicht, daß Ihre Aufpasser hinter mir herspionieren.«
    »Morgen mittag«, sagte Boothby und legte auf.
    Boothby kam pünktlich um zwölf Uhr in einem Dienst-Humber. Er war wie für eine La ndpartie gekleidet, in Tweed mit einem offenen Hemd und einer bequemen Strickjacke. In der Nacht hatte es geregnet. Vicary grub für Boothby im Keller ein Paar extra große Gummistiefel aus, und sie stapften wie alte Kameraden über die Wiese, auf der einige geschorene Schafe weideten. Boothby erzählte den neuesten Klatsch aus dem Department, und Vicary heuchelte angestrengt Interesse.
    Nach einer Weile blieb Vicary stehen und sagte, den Blick in die Ferne gerichtet: »Nichts davon war echt, nicht wahr? Jordan, Catherine Blake, alles war von Anfang an inszeniert.«
    Boothby lächelte hintergründig. »Nicht ganz, Alfred. Aber so ähnlich.«
    Sir Basil setzte sich wieder in Bewegung und ging voraus, so daß sich sein langer Körper wie eine vertikale Linie vor dem Horizont abzeichnete. Dann blieb er stehen und bedeutete Vicary, ihm zu folgen. Vicary eilte mit seinem mechanischen Hinken hinter ihm her und klopfte seine Taschen nach der Lesebrille ab.
    »Es war die Operation Mulberry als solche, die das Problem darstellte«, begann Boothby ohne Einleitung. »Zehntausend Menschen waren an dem Projekt beteiligt. Natürlich hatte die große Mehrheit keine Ahnung, woran sie arbeitete. Trotzdem war die Gefahr, daß etwas durchsickerte, sehr hoch. Die Bauteile waren so groß, daß sie nicht im Verborgenen gebaut werden konnten. Die Baustellen waren über das ganze Land verstreut, aber ein Teil wurde in den Londoner Docks gebaut.
    Als wir von dem Projekt erfuhren, wußten wir sofort, daß wir Probleme bekommen würden. Wir wußten, daß die Deutschen Luftaufnahmen von den Baustellen machen konnten. Wir wußten, daß ein einziger tüchtiger Spion, der in der Nähe der Baustellen herumschnüffelte, herausfinden konnte, was wir vorhatten. Wir schickten einen unserer Männer nach Selsey, um zu testen, wie gut die Sicherheitsvorkehrungen waren. Er trank in der Kantine Tee und plauderte mit den Arbeitern, bevor er auch nur aufgefordert wurde, sich auszuweisen.«
    Boothby lächelte schwach. Vicary beobachtete ihn, während er sprach. Alles Aufgesetzte, alles Fahrige war von ihm abgefallen. Sir Basil war ruhig, konzentriert und angenehm.
    Vicary dachte, daß er ihn unter anderen Umständen vielleicht gemocht hätte. Er gelangte zu der unangenehmen Einsicht, daß er Boothbys Intelligenz von Anfang an unterschätzt hatte. Und er war verblüfft, wie er die Wörter ›wir‹ und ›uns‹ verwendete.
    Boothby war Mitglied im Club. Vicary hatte nur eine Weile seine Nase gegen die Scheibe drücken dürfen.
    »Das größte Problem war, daß Mulberry unsere Absichten verriet«, fuhr Boothby fort. »Wären die Deutschen dahintergekommen, daß wir künstliche Häfen bauten, hätten sie daraus sehr leicht den Schluß ziehen können, daß wir nicht bei Calais, sondern in der Normandie zuschlagen wollten. Da das Projekt so groß und so

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