Double Cross. Falsches Spiel
rosige Zukunft, Kapitän Vogel.«
»Vielen Dank für das Angebot, Herr Brigadeführer. Aber ich glaube, Sie sollten dem Führer die Nachricht überbringen.«
»Sind Sie sicher, Kapitän Vo gel?«
»Jawohl, Herr Brigadeführer, ganz sicher.«
62
Oyster Bay, Long Island
Es war der erste warme Frühlingstag. Die Sonne schien, und ein warmer Wind wehte vom Sund herein. Noch am Tag zuvor war es kalt und regnerisch gewesen, und Dorothy Lauterbach hatte befürchtet, das Wetter könnte die Beerdigungsfeier und den Empfang verderben. Sie hatte sich vergewissert, daß an allen offenen Kaminen im Haus genügend Holz gestapelt war, und das Personal angewiesen, für die Ankunft der Gäste ausreichend heißen Kaffee bereitzuhalten. Einige Stunden nach Tagesanbruch hatte die Sonne jedoch die letzten Wolken vertrieben, und die Insel erstrahlte in frühlingshaftem Glanz.
Dorothy verlegte den Empfang rasch vom Haus nach draußen auf den Rasen mit Blick über den Sund.
Shepherd Ramsey brachte Jordans Sachen aus London:
Kleider, Bücher, Briefe und persönliche Papiere, die die Sicherheitsleute nicht beschlagnahmt hatten. Auf dem Flug von London in die Vereinigten Staaten hatte Ramsey die Briefe durchgeblättert, um sicherzugehen, daß in keinem die Frau erwähnt wurde, mit der sich Peter vor seinem Tod getroffen hatte.
Am Grab drängten sich die Trauergäste. Es gab zwar keinen Leichnam, den man hätte beisetzen können, doch neben Margarets Grabstein wurde ein kleiner für Jordan aufgestellt.
Alle Mitarbeiter von Brattons Bank waren erschienen, und auch die Belegschaft der Northeast Bridge Company war fast vollzählig vertreten. Auch die Freunde von der Nordküste waren gekommen - die Blakemores und die Brandenbergs, die Carlisles und die Duttons, die Robinsons und die Tetlingers.
Billy stand neben Jane, und Jane lehnte sich an Walker Hardegen. Bratton nahm von einem Vertreter der US-Navy die amerikanische Flagge entgegen. Der Wind riß Blüten von den Bäumen, und sie regneten wie Konfetti auf die Trauergemeinde herab.
Ein Mann stand etwas abseits von den anderen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, den Kopf respektvoll gebeugt.
Er war groß und dünn, und sein grauer Zweireiher aus Wolle war etwas zu warm für den schönen Frühlingstag.
Walker Hardegen war der einzige Anwesende, der ihn kannte.
Er wußte nicht, wie er richtig hieß. Der Mann bediente sich eines Pseudonyms, das so lächerlich war, daß Hardegen es kaum aussprechen konnte, ohne zu schmunzeln.
Der Mann war Hardegens Führungsoffizier und nannte sich Broome.
Shepherd Ramsey hatte den Brief von Jordans Londoner Vorgesetztem dabei. Dorothy und Bratton zogen sich während des Empfangs in die Bibliothek zurück und lasen ihn. Dorothy war älter geworden, älter und grauer. Bei einem Sturz auf der vereisten Treppe des Hauses in Manhattan hatte sie sich das Hüftgelenk gebrochen. Seitdem hinkte sie und hatte etwas von ihrer alten Ausstrahlung verloren. Sie las den Brief zuerst. Ihre Hände zitterten, und ihre Augen wurden feucht. Aber sie hatte noch nie zu Gefühlsausbrüchen geneigt und weinte nicht. Sie reichte den Brief an Bratton weiter. Er weinte, als er ihn las.
Lieber Billy, Ich bin sehr traurig, während ich diesen Brief schreibe. Ich hatte nur kurze Zeit das Vergnügen, mit Deinem Vater zusammenzuarbeiten, aber er war einer der bemerkenswertesten Männer, denen ich jemals begegnet bin. Er war an einem der wichtigsten Projekte des Krieges beteiligt.
Aber aus Sicherheitsgründen wirst Du vielleicht nie genau erfahren, was Dein Vater getan hat.
Ich kann Dir nur soviel sagen, daß die Arbeit Deines Vaters zahllose Menschenleben retten und den Völkern Europas die Möglichkeit geben wird, sich ein für allemal von Hitler und den Nazis zu befreien. Dein Vater hat sein Leben geopfert, damit andere leben können. Er war ein Held. Aber nichts, was Dein Vater vollbracht hat, hat ihn so mit Freude und Stolz erfüllt wie Du, Billy. Wenn Dein Vater von Dir sprach, veränderte sich sein Gesicht. Seine Augen leuchteten, und er lächelte, einerlei, wie müde er war. Ich hatte nie das Glück, einen Sohn zu haben.
Wenn ich Deinen Vater über Dich sprechen hörte, wurde mir das Ausmaß dieses Unglücks bewußt.
Herzlichst, Alfred Vicary
Bratton gab Dorothy den Brief zurück. Sie faltete ihn, steckte ihn zurück in den Umschlag und legte ihn auf Brattons Schreibtisch. Dann trat sie ans Fenster und sah hinaus.
Alle aßen und tranken und schienen es
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