Down
ging.
»Ich glaube, es hat nicht genug bekommen«, murmelte sie, nachdem sich für einen Zeitraum, den sie auf etwa zehn Minuten schätzte, Schweigen auf der Lichtung ausgebreitet hatte. Die Tatsache, dass sie ihre eigene Stimme hören konnte, überraschte sie, obwohl sie ihr kaum lauter als ein statisches Knistern vorkam.
»Was?«
»Ich glaube, es hat nicht genug bekommen«, wiederholte sie. »Es brauchte mehr Leichen, mehr Blut … was auch immer. Ich glaube, es brauchte zwei Opfer – mich und Rolling Stone – aber es hat nur sie bekommen.«
»Was ist mit Greg?«
»Zählte vermutlich nicht, weil er schon anfing, sich zu verwandeln?«
»Könnte sein. Ich hoffe es.«
Sie wälzte sich von der Leiche ihrer Schwester hinunter. Es tat unheimlich weh und es würde so schnell nicht besser werden. Irgendwie wusste sie das.
»Du solltest dich nicht bewegen.«
»Wir sollten nicht mehr leben.«
»Touché.«
»Ich würd mich gern ’ne Weile hinsetzen.«
»Das ist eine fürchterliche Idee.«
Ächzend rollte Jen sich auf den Bauch und schleppte sich über die Lichtung. Es tat höllisch weh. Sie zischte, hielt aber durch, während Potters gedämpfte Stimme sie die ganze Zeit über mahnend verfolgte. Scheiß drauf. Ihre Schwester und ihr Liebhaber waren tot, zusammen mit dem Rest der Band. Sie würde auf absehbare Zeit nicht mehr laufen können. Hilfe würde eintreffen – oder auch nicht. Zumindest wollte sie das, was nun passierte, aus normalem Blickwinkel mitbekommen.
Der nächste Baum fühlte sich wie kilometerweit entfernt an, aber sie erreichte ihn nach einigen zermürbenden Momenten, die sie an den Rand einer Ohnmacht trieben. Mit der Wange auf dem kühlen Waldboden atmete sie tief durch. Die Erde roch muffig und vermodert. Jen verzog angeekelt das Gesicht. Stöhnend rollte sie sich erneut auf den Rücken und streckte die Hände aus, um den Baum zu fassen zu kriegen. Unter Schmerzen zog sie sich Zentimeter für Zentimeter in die Höhe, wobei sich die Rinde des Stamms in ihren Rücken bohrte. So enthüllte sich ihr die Welt in hinkenden Etappen.
Sie langte noch einmal hinauf und stieß auf eine ins Holz geschnitzte Krümmung. Stirnrunzelnd ertastete sie mit gespreizten Fingern die Konturen.
Es handelte sich um ein Symbol.
Dunkelheit raste heran und erfüllte ihren Geist.
»Sie steigt empor.«
»Die Story ist immer das Wichtigste«
Christian Endres im Gespräch mit Nate Southard
Hallo Nate. Hast du schon immer auf Literatur gestanden?
Aber ja. Einen Großteil meiner Kindheit habe ich mit der Nase in irgendein Buch gesteckt verbracht. Meistens Mystery- und Geistergeschichten und Bücher über urbane Mythen. Als ich älter wurde, hatten es mir besonders Stephen Kings frühe Kurzgeschichten angetan. Das brachte mich zu Robert McCammon und Clive Barker. Seither ist meine Lektüre äußerst breit gefächert und ich lese so oft wie möglich über alle möglichen Dinge.
Hast du noch mehr Lieblingsautoren?
Sogar sehr viele. Peter Straub, Norman Partridge und Laird Barron sind vermutlich meine drei Favoriten. Ich lese alles, was sie schreiben. Nach den drei kommen Gillian Flynn, Tom Piccirilli und Sarah Langan. Sie alle verfügen über einen erstaunlichen Stil und du kannst beim Lesen ihrer Prosa beinahe spüren, wie viel ihnen jedes ihrer Worte bedeutet.
Haben deine Lieblingsautoren Einfluss auf deine eigenen Werke?
Natürlich. Ich versuche oft, die Geschichten zu schreiben, die ich selbst gern lesen möchte. Deshalb finde ich Bücher, die mir gefallen, sehr inspirierend. Die Autoren, die ich eben genannt habe, sorgen dafür, dass ich permanent an mir arbeite, damit meine Schreibe immer besser wird. Die von mir gelesenen Sachen sind der Standard, mit dem ich meine eigenen Werke vergleiche. Wann immer ich also etwas lese, das mir Freude bereitet, möchte ich selbst etwas schreiben, das mich genauso begeistert.
Was hat eigentlich den Ausschlag dafür gegeben, dass du Autor werden wolltest?
Lange Zeit wollte ich Comics und Drehbücher schreiben. Prosa zu verfassen hatte mich nicht besonders interessiert. Das kam erst, nachdem ich mehr und mehr Kurzgeschichten las. Dadurch erwachte in mir der Wunsch, selbst Erzählungen zu schreiben.
Wie hast du härtere Horror-Stoffe für dich entdeckt? Nur durch Bücher oder auch durch Filme?
Ehrlich gesagt, es waren hauptsächlich Bücher. Ich war noch nie ein großer Fan von Hardcore-Horror-Filmen. Was ich wirklich mochte, war der spanische Film Kidnapped , doch die
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